Korruption in Regensburg: Weitere Baugebiete im Fokus

10.11.2017, 05:54 Uhr
Korruption in Regensburg: Weitere Baugebiete im Fokus

© Uwe Moosburger

Trotz der neuesten Entwicklung in dem Korruptionsskandal, der Verhaftung eines weiteren Bauunternehmers, beteuert der suspendierte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs auch in seinem vor Kurzem veröffentlichten Facebook-Video, immer nur im Interesse der Stadt gehandelt zu haben. Es wird nicht leicht werden, ihm das Gegenteil nachzuweisen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Wolbergs bekanntlich vor, den Regensburger Bauunternehmer Volker Tretzel bei Ausschreibungen bevorzugt zu haben. Auch wenn solche Begünstigungen möglicherweise strafrechtlich relevant sind, ob sie auch zum Schaden der Stadt waren - über solche Fragen berät das Landgericht Regensburg zurzeit.

In diesem Fall lohnt auch ein Blick auf die zahlreichen Bauprojekte Volker Tretzels in der Domstadt. Der vorzugsweise im Hintergrund agierende Unternehmer, der viele Fäden in der Hand hält und an den richtigen Stellen zu ziehen weiß, hat unübersehbare Spuren im Stadtbild hinterlassen. Mehrere tausend Wohnungen hat die Firma des 75-Jährigen, die BTT Bauteam Tretzel GmbH, im Raum Regensburg gebaut, und auch renommierte Architekten zollen diesen Wohnquartieren Anerkennung.

Tretzels Anlagen wie der "Lilienpark" im Westend Regensburgs sind keine Billigbauten, sondern überzeugen mit einem schlüssigen städtebaulichen und landschaftsgärtnerischen Konzept.

Immobilienmogul in U-Haft

Die Flächen sind zwar dicht bebaut, doch die Wasserkanäle, die an praktisch jedem BTT-Projekt plätschern, die Brücken und von Laubengängen umrankten Spazierwege, sorgen für einen gewissen ästhetischen Mehrwert. Darüber hinaus gilt die Schlüsselfigur in dem Regensburger Korruptionsskandal als verlässlicher Partner, der seine Rechnungen stets pünktlich bezahlt und Wert auf Qualität legt. Nichtsdestoweniger saß der einflussreiche Immobilienmogul ebenfalls einige Wochen in Untersuchungshaft, weil er den Regensburger Oberbürgermeister bestochen haben soll.

Unter anderem wirft die Staatsanwaltschaft Tretzel vor, von September 2011 bis März 2016 rund 475.000 Euro an die Regensburger SPD gespendet und sich damit Einfluss bei der Vergabe von lukrativen Bauplätzen wie dem besagten Nibelungenareal verschafft zu haben.
Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft Regensburg gegen drei Bauunternehmer, nach Tretzel wurde nun ein zweiter Beschuldigter festgenommen und sitzt wegen Verdunkelungsgefahr derzeit in U-Haft.

Zum Wohle der Stadt agiert?

In einer Pressmitteilung bestätigten Wolbergs’ Anwälte nun indirekt, dass es sich bei der verhafteten Person um einen Geschäftsführer des Regensburger Immobilien Zentrums (IZ) handelt. Gleichzeitig betonen sie, dass ihr Mandant stets zum Wohle der Stadt und seiner Bürger agiert habe.

Auf dieser Argumentation könnten der unter Korruptions-Verdacht stehende Oberbürgermeister und seine Verteidiger ihre Strategie zur Verhinderung einer Anklage aufbauen. Selbst wenn Regensburgs suspendierter Rathauschef Bauunternehmer begünstigt haben sollte, könnte er gleichzeitig im Interesse der Allgemeinheit gehandelt haben.

Aus Sicht der Stadtverwaltung war zum Beispiel die Neuausschreibung für das Nibelungenareal erfolgt, weil dort nach Wolbergs‘ Wahl zum OB erstmals das neue soziale Wohnungsbaumodell der Stadt für 20 Prozent der gebauten Wohnungen umgesetzt werden sollte. Für diese auch mit öffentlichen Geldern geförderten Wohnungen soll eine Mietobergrenze von 8,30 Euro pro Quadratmeter gelten.

Unter Umständen könnte der vor drei Jahren mit über 70 Prozent der Stimmen gewählte Kommunalpolitiker auch dann nicht belangt werden, wenn ihn Tretzel und andere Geldgeber großzügig mit Parteispenden bedacht und damit seinen Wahlkampf finanziert haben. Nach der Verhaftung eines weiteren Bauunternehmers legten die Anwälte des beschuldigten Oberbürgermeisters denn auch nach und zeigten sich "fassungslos, wie die Staatsanwaltschaft Regensburg im gesamten Ermittlungskomplex agiert". Jede Entscheidung ihres Mandanten im Zusammenhang mit Personen, die den SPD-Kommunalwahlkampf 2014 unterstützt hätten, werde unterschiedslos mit dem Generalverdacht der Korruption überzogen.

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