Lärmschutz: Kein Tempo 80 für Nürnberg und Forchheim

17.8.2019, 08:09 Uhr
Gewaltige Lärmschutzwände erheben sich entlang der A 73 in Forchheim (hier ein Bild aus der Ausbauzeit). Den Anwohnern ist es trotzdem noch nicht leise genug. Sie fordern eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf dem Abschnitt.

© Ulrich Schuster Gewaltige Lärmschutzwände erheben sich entlang der A 73 in Forchheim (hier ein Bild aus der Ausbauzeit). Den Anwohnern ist es trotzdem noch nicht leise genug. Sie fordern eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf dem Abschnitt.

Herr Pirner, derzeit wird die A 73 vom Kreuz Nürnberg-Süd bis zur Ausfahrt Hafen-Ost sechsstreifig ausgebaut. Nicht nur viele Anwohner hätten auf dem Abschnitt gerne Tempo 80, um den Lärm zu reduzieren, sondern auch die Stadt Nürnberg. Die Autobahndirektion ebenfalls?

Reinhard Pirner: Da gibt es derzeit von uns keine Überlegungen, dauerhaft Tempo 80 anzuordnen auch nicht bei Fischbach oder Forchheim, wo es Anträge auf Tempolimits gibt. Der Bund investiert an der A 73 insgesamt 79 Millionen Euro. Ziel des Bundes ist immer, nach dem Ausbau verkehrssichere und leistungsfähige Straßen zu haben, die dann natürlich nicht mehr beschränkt werden, weil sie ja gut ausgebaut sind.
 

Reinhard Pirner, Präsident der Autobahndirektion Nordbayern, glaubt, dass  sich die Anwohner während der Ausbauzeit von Autobahnen an die in diesem Zeitraum leisere Fernstraße gewöhnen - und sich dann beschweren, wenn es danach trotz Lärmschutz wieder lauter wird.

Reinhard Pirner, Präsident der Autobahndirektion Nordbayern, glaubt, dass sich die Anwohner während der Ausbauzeit von Autobahnen an die in diesem Zeitraum leisere Fernstraße gewöhnen - und sich dann beschweren, wenn es danach trotz Lärmschutz wieder lauter wird. © Autobahndirektion

Anwohner befürchten an der A 73 steigenden Lärm durch zunehmenden Verkehr.

Pirner: An keiner Stelle wird in den angrenzenden Siedlungen der Lärmgrenzwert überschritten. Man hat dort die Lärmschutzwälle der Stadt, zusätzlich lärmmindernden offenporigen Asphalt. Außerdem hat man die Lärmschutzlücken im Bereich der Brücken geschlossen. Und im Bereich der Gartenstadt baut die Stadt Nürnberg mit dem Freistaat Bayern noch einen zusätzlichen freiwilligen Lärmschutz. Wenn wir auf der gesamten Strecke ein Tempolimit ansetzen würden, würde das auch einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten, weil die Straßenverkehrsordnung keine Grundlage bietet.

Als Autofahrer, der sich auf dieser Strecke ausgebremst fühlt, könnte ich gegen ein Tempolimit klagen?

Pirner: Klar. Jeder, der denkt, dass irgendwo widerrechtlich ein Schild steht, kann dagegen vorgehen.
 
Rein rechnerisch bringt eine Beschränkung auf Tempo 80 nur eine Lärmreduzierung um 1,8 Dezibel, weil die Hauptlärmquelle, die Lkw, dadurch auch nicht langsamer fahren. Die menschliche Wahrnehmungsschwelle liegt bei drei Dezibel. Kann es dann überhaupt irgendwo Sinn machen, die Geschwindigkeit aus Lärmschutzgründen auf Tempo 80 zu reduzieren?

Pirner: Das kann schon Sinn machen, wenn ansonsten die Grenzwerte an einer Vielzahl von Gebäuden überschritten werden. Diesen Fall gibt es zum Beispiel an der A 73 in Fürth und Erlangen. Aber nur nachts, wenn die Lärmschutzgrenzwerte strenger gefasst sind.
 
Auf dieser Strecke darf man aber auch tagsüber nur 80 fahren.

Pirner: Tagsüber hat das andere Gründe. Da ist auf dieser Strecke sehr viel Verkehr und die Anschlussstellen gehen fast unmittelbar ineinander über. Um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, darf man auch tagsüber nur 80 fahren.

Ist der Höhepunkt des Verkehrsaufkommens erreicht?

Inwieweit ist zu befürchten, dass sämtliche Fortschritte beim Lärmschutz durch eine weitere Zunahme des Verkehrs wieder zunichte gemacht werden?

Pirner: Diese Gefahr besteht grundsätzlich nicht. Wenn man die Prognosen ansieht, werden Zuwächse im Gesamtverkehr im einstelligen Prozentbereich erwartet. Und die Motoren- und Reifengeräusche werden ja aufgrund von Weiterentwicklungen auch immer leiser. Höchstens auf einigen wenigen Strecken könnte es durch Verkehrsverlagerungen zu Steigerungen kommen.
 

Den Höhepunkt beim Verkehrsaufkommen hat man also bald erreicht?

Pirner: Davon gehe ich aus. Viel wird da nicht mehr passieren. Wenn der Autobahnausbau rund um Nürnberg in ein paar Jahren abgeschlossen ist, sollten wir für sehr lange Zeit gut aufgestellt sein.

Wie erklären Sie es sich, dass viele Anwohner den Eindruck haben, dass ein zusätzlicher Lärmschutz die Situation nicht wie erwartet verbessert oder den Lärm sogar erhöht hat, wie zum Beispiel momentan an der A 73 in Forchheim?

Pirner: Dem zusätzlichen Lärmschutz gehen oft jahrelange Baustellen voraus. Während der Bauzeit ist das Tempo auch durch Staus natürlich deutlich reduziert. Dadurch ist es mehrere Jahre lang leiser als vor der Bauphase. Die Leute gewöhnen sich schnell an diesen neuen Pegel – und nehmen dann natürlich eine Lärmsteigerung wahr, wenn die Autobahn wieder freigegeben wird. Tatsächlich ist es aber leiser als vor dem Ausbau. Außerdem kann es am Ende von Lärmschutzwänden dazu kommen, dass die Anwohner plötzlich den Autobahnlärm subjektiv anders wahrnehmen. Das irritiert natürlich manche.

"Unsere Prognosen rechtfertigen eine Einhausung in Erlangen"

Ein Punkt, an dem der Verkehr und damit der Lärm wohl enorm zunehmen werden, ist die A 73 in Erlangen. Wie konkret sind da die Überlegungen für einen sechsstreifigen Ausbau und eine Einhausung, also einen Deckel auf der Autobahn?

Pirner: Laut unserer Verkehrsprognose werden zwischen dem Kreuz Fürth/Erlangen und Erlangen-Bruck im Jahr 2035 am Tag 102.100 Fahrzeuge unterwegs sein. Im Jahr 2015 waren es 77.300. Um eine Einhausung finanzieren zu können, muss der Bund einsteigen. Dann muss es aber sechsstreifig werden. Die Prognosen rechtfertigen das nach unserer Meinung.
 

Was machen Sie momentan, um das Projekt auf den Weg zu bringen?

Pirner: Es hat schon Vorgespräche dazu gegeben. Wir bereiten gerade eine Unterlage mit den Kosten und den technischen Varianten vor, damit wir zusätzlichen Bedarf außerhalb des derzeitigen Bundesverkehrswegeplans begründen können.
 
Wie teuer wäre ein Ausbau der 1,4 Kilometer langen Strecke zwischen dem Kreuz und Bruck?

Pirner: Bei einem sechsstreifigen Ausbau auf dem bisherigen Straßenniveau gehen wir derzeit von 260 Millionen Euro aus. Wenn man die Autobahn tiefer legt, geht es eher Richtung 330 Millionen Euro. Die Planungen wären an dieser Stelle auf jeden Fall sehr kompliziert. Das lässt sich schwer vorhersagen, wie lange das dauern wird. Platz für sechs Streifen ist auf dem Abschnitt aber auf jeden Fall vorhanden.

 

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