Lebenslang: Frau wollte Muttermord ihrem Mann anhängen

23.3.2021, 10:09 Uhr
Als Fahrerin dieses schwarzen Hyundai verursachte Sandra N. einen tödlichen Verkehrsunfall - zuvor hatte sie ihre Mutter getötet. 

© Fotos: News5 Als Fahrerin dieses schwarzen Hyundai verursachte Sandra N. einen tödlichen Verkehrsunfall - zuvor hatte sie ihre Mutter getötet. 

Die Bluttat in Borchen, einer Gemeinde in Nordrhein-Westfalen, hatte auch die Ermittler in Nürnberg beschäftigt - denn die Frau wollte diesen Mord ihrem damaligen Ehemann in die Schuhe schieben, er wurde in Nürnberg festgenommen und saß drei Monate unschuldig in U-Haft. Von Sandra N. (47) ist er mittlerweile geschieden - und wie viel Schuld seine Ex-Frau auf sich geladen hat, musste der Mann in der Hauptverhandlung im Landgericht Paderborn hören.

Nach einer aufwendig geführten Beweisaufnahme - ursprünglich sollte das Urteil bereits im Januar gesprochen werden - sind die Richter überzeugt: Sandra N. hat ihre Mutter getötet. Aus Habgier, um sich von ihrem Schuldenberg zu befreien und um an ihr Erbe zu gelangen.

Für Mord sieht das Strafgesetzbuch nur eine einzige Strafe vor: lebenslang. Die einzige Alternative wäre ein Freispruch - hopp oder topp also. Die Verteidiger der Sandra N. hatten Freispruch beantragt, die Staatsanwaltschaft plädierte für eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes. Und am Ende einer monatelangen Beweisaufnahme sind die Richter des Landgerichts Paderborn von der Schuld der Frau überzeugt.

Für Sportwetten, meist ging es um Tennisspiele, hatte die Frau 173.000 Euro verzockt. Für sie, die als Angestellte in der Kreisverwaltung Borchen im Landkreis Paderborn etwa 2000 Euro netto verdiente, eine enorme Summe. Die Wetten finanzierte sie mit zig Krediten. Belastet war auch das Haus – und auch mit ihrer Mutter (76) hatte sie einen Kredit vereinbart, 610 Euro zahlte sie ihr monatlich zurück.

Das Verbrechen der 47-Jährigen hatte auch die Nürnberger Polizei und die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth beschäftigt. Denn Sandra N. hatte ihrem Ex-Mann Ralf L., einem Veterinär und aus der Vox-Serie „HundKatzeMaus“ bekannten TV-Tierarzt, eine üble Falle gestellt.

Am 22.September 2019 fuhr sie mit in den Urlaub, das Paar wollte an den Schliersee. Doch während der Fahrt verursachte Sandra N. einen tragischen Verkehrsunfall auf der A3 auf Höhe Tennenlohe mit mehreren Verletzten und einem Toten.

Als Sandra N. den Unfall verursachte, war Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gerade mit seinem Dienstwagen auf der A3 unterwegs - er wurde zum Ersthelfer. 

Als Sandra N. den Unfall verursachte, war Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gerade mit seinem Dienstwagen auf der A3 unterwegs - er wurde zum Ersthelfer.  © NEWS5 / Wellenhöfer

Sie fuhr mit ihrem schwarzen Hyundai auf einen Ford Focus auf, das Auto schleuderte von der Fahrbahn und krachte gegen einen Baum. Für den Fahrer (75) kam jede Hilfe zu spät, die Beifahrerin (72) wurde schwer verletzt. Sandra N. prallte mit ihrem Hyundai auch noch gegen einen Audi, auch die Fahrerin dieses Pkw wurde verletzt.

Ein Schock, auch für Beifahrer Ralf L. (53). Er nahm sich ein Zimmer in einer Pension in Altenfurt, am gleichen Tag wollte er seine Frau im Krankenhaus besuchen, doch aufgrund ihrer schweren Verletzungen war dies nicht möglich. Was er nicht ahnen konnte: Er würde sie erst ein Jahr später, im Oktober 2020, in einem Gerichtssaal in Paderborn wiedersehen.

Drei Monate unschuldig in U-Haft

In jener Nacht, gegen ein Uhr, drangen plötzlich Beamte des Nürnberger Spezialeinsatzkommandos in sein Zimmer ein und nahmen ihn fest. Ralf L. wurde vor einen Ermittlungsrichter geführt und mit einem Mordvorwurf konfrontiert. „Er wusste überhaupt nicht, was Sache war“, so der Nürnberger Anwalt Michael Spengler, er war in jener Nacht für den Strafverteidiger-Notruf tätig.

Ralf L. stand unter dem dringenden Verdacht, zu Hause in Borchen seine Schwiegermutter ermordet zu haben. Er landete in der U-Haft der Nürnberger JVA und wurde bald ins Gefängnis Bielefeld überstellt. Erst kurz vor Neujahr kam er wieder auf freien Fuß, nachdem der Verdacht durch Beweise gegen ihn entkräftet war.

Heute steht fest: Seine von ihm mittlerweile geschiedene Frau Sandra N. hatte ihre eigene Mutter mit Medikamenten betäubt und ihr mit der Nachttischlampe den Schädel eingeschlagen. Nach der Bluttat hinterließ sie einen Brief in der Wohnung der Mutter – darin lenkte sie den Verdacht auf ihren Mann. Er habe die Mutter umgebracht, weil er „genervt“ von ihr war, behauptete sie. Den Brief ließ sie auf dem Esstisch zurück.

In der öffentlich geführten Hauptverhandlung hatte Sandra N. weiterhin versucht, über ihre Verteidiger den Mord ihrem Ex-Mann anzuhängen. Für ihn, so schildert der Nürnberger Rechtsanwalt Michael Spengler, ebenso wie die erlittene U-Haft, bis heute eine schwere Belastung.