„Liebe ist...“ überwiegend kunterbunt

14.5.2012, 17:00 Uhr
„Liebe ist...“ überwiegend kunterbunt

© Thomas Scherer

Liebe ist die „Bezeichnung für die stärkste Zuneigung, die ein Mensch für einen anderen Menschen zu empfinden in der Lage ist“, wie Kofferfabrik-Theaterchefin Brigitte Döring zu Beginn des doch etwas anderen Stückes frei aus dem Online-Lexikon Wikipedia zitierte. Abrupt folgte der erste Szenenwechsel: Diana Souiads kräftige Stimme ertönte, plötzlich fand man sich im 19. Jahrhundert wieder, bei Heinrich Heines Stück „Ein Jüngling liebt ein Mädchen“. Dann kam das erste Gedicht, „Schlichte Zeilen“ von Robert Gernhardt, gelesen von Regisseurin und Schauspielerin Döring.

Die Szenerie dabei war gewöhnungsbedürftig. Als wären sie bloß ein weiteres Requisit verharrten die Schauspieler völlig bewegungslos und warteten auf ihren Einsatz. Meist las nur einer seine Verse vor, manchmal begleiteten Peter Fidel auf dem Cello oder Döring mit dem Piano die Darsteller. Bei „Agnès“ aus der Komödie „Die Schule der Frauen“ des französischen Dichters Molière saß Lisa Futschik mit ihren rosa Bäckchen und einem verträumten Lächeln auf der Schaukel und schwärmte mitreißend von ihrer großen Liebe.

Keine Antwort

„Die kluge Närrin“ (Lopes da Vega) formulierte eins ums andere Mal die Frage des Abends – „Was ist das, Liebe?“ – und versuchte den Anbiederungen ihres Verehrers Herr zu werden. Dabei wirkte Julia Löser im süßen, weißen Sommerkleid wie die Unschuld in Person. Eine Antwort wussten jedoch weder Kurt Tucholsky, Theodor Fontane noch Christian Morgenstern.

Aufhorchen ließ erstmals Andrea Gerhard mit der Volksballade „Es waren zwei Königskinder“, die dank ihrer Sopranstimme, Ausstrahlung und Energie die Präsenteste auf der Bühne war. Die „semiprofessionelle“ Künstlerin, wie Döring es bezeichnete, stach in der Truppe aus Laien-Schauspielern deutlich heraus, brachte mit ihrem Spielwitz Zuschauer wie Kollegen zum Schmunzeln und erntete verdient spontanen Applaus. Beeindruckend war das „Eifersuchtsduett“ von Bertold Brecht, bei dem sich die Sängerinnen Gerhard und Souiad sogar zwischen den Strophen beschimpften und anzickten. Auch das Lied aus dem Mittelalter „Ins Heu“, das die Sopranistin mit Bernd Ruhnau sichtlich voller Freude präsentierte, sorgte für Witz im sonst etwas unübersichtlichen Lyrik-Programm.

Neben Shakespeares Hermia (in Lysander verliebt) und Helena (in Demetrius verliebt) erklang die Melodie des Ärzte-Lieds „Nur ein Kuss“, das Vera Unger bemüht nachsang. Von Huren über die Animierdame ging es zu Marianne Delgorges „Wenn Frauen sprechen könnten“. Dabei führte das Thema Liebe in so intime Sphären, dass die kleine Runde aus zwölf Zuschauern gut ins Gesamtbild passte. Allerdings verlor man auf Dörings Weg, die Liebe zu erklären und in allen Facetten darzustellen, ohne Programmblatt oft den Überblick, kam bei rasanten Szenenwechseln und aneinander gereihten Abfolgen vorgetragener Gedichte nicht mit und konnte die gefühlvollen Passagen genauso wenig wie die witzigen Szenen wirklich genießen.

„Franziskas Abendlied“ von Frank Wedekind klappte nur auf dem zweiten Versuch, Döring musste erst die passende Tonlage finden, die Lichttechnik schien nicht ganz abgestimmt zu sein und Kalle Zuber begann zu früh mit seinem Einsatz beim Gedicht „Grete“ von Erich Mühsam. So war die Reise durch Jahrhunderte voller Liebe, Verlust und Sexualität weder besonders entspannend noch lehrreich, dafür aber kreativ und stellenweise richtig zum Schmunzeln.

Am Freitag (18. Mai) folgt die zweite Aufführung von „Liebe ist...“ in der Kofferfabrik.

 

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