Strikte FFP2-Pflicht

Maskenpflicht in Niedersachsen wackelt: Was hat Bayern jetzt vor?

21.5.2021, 13:00 Uhr
Maske ab, auch in Bayern? Der Freistaat ist bislang einen strikteren Kurs gefahren als alle anderen in Deutschland und letztlich auch weltweit. In Bayern gilt eine besonders strenge FFP2-Pflicht.

© Peter Kneffel, dpa Maske ab, auch in Bayern? Der Freistaat ist bislang einen strikteren Kurs gefahren als alle anderen in Deutschland und letztlich auch weltweit. In Bayern gilt eine besonders strenge FFP2-Pflicht.

Nirgendwo sonst gibt es eine solch strikte FFP2-Maskenpflicht wie in Bayern. In vielen Bundesländern genügen medizinische Masken in allen Lebensbereichen, in anderen beschränkt sich die FFP2-Pflicht auf Alten-, Pflege- oder Behinderteneinrichtungen sowie auf ambulante Pflegedienste.

Bayern nicht erfolgreicher in der Pandemie als andere

Auch wenn man die Entwicklung von Infektionszahlen nie mit nur einer einzigen Maßnahme in Verbindung bringen kann, lässt sich bilanzieren: Erfolgreicher als die anderen Bundesländer war Bayern trotz der strengen FFP2-Pflicht keineswegs.

Trotzdem ist es merklich ruhig geworden um das Thema - obwohl den Menschen mit den nun steigenden Temperaturen zunehmend viel zugemutet wird mit den FFP-Masken und ihrem großen Atemwiderstand. Nicht einmal die Mediziner wagen sich derzeit mehr aus der Deckung, scheuen es, sich erneut eine blutige Nase zu holen und wissen, dass ohnehin jedes Bemühen an der Staatsregierung abprallt.

Außerdem hätten sich die Menschen mittlerweile an die FFP2-Masken gewöhnt, heißt es aus den Kliniken. Man wolle sie nicht wieder verunsichern, sagen die Fachleute - auch wenn sie die FFP2-Masken eigentlich in den meisten Bereichen für unnötig halten.


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Die Mediziner selbst gehen pragmatisch vor. Am Uniklinikum Erlangen etwa werden FFP2-Masken nur im direkten Kontakt mit Corona-Patienten getragen und zusätzlich in allen Fällen, in denen das Gegenüber, etwa aus medizinischen Gründen, keine Maske tragen kann. In allen anderen Situationen und auch bei internen Besprechungen genügen medizinische, chirurgische Masken.

Experten lehnen strikte FFP2-Pflicht ab

Trotzdem will sich niemand mehr zu der Angelegenheit äußern. "Alles ist gesagt", heißt es auf Anfrage aus mehreren bayerischen Universitätskliniken, und stets wird auf das gemeinsame Papier verwiesen, dass die Krankenhaushygieniker der Universitätsklinika im Freistaat bereits am 14. Januar (zwei Tage nach dem FFP2-Beschluss des Kabinetts) veröffentlicht hatten.

Die medizinischen Experten kamen darin zu dem Schluss, dass es keinen fachlich erkennbaren Nutzen für den Einsatz von FFP2-Masken im Bereich ÖPNV und Einzelhandel gibt. Sie kritisierten, dass es, anders als bei medizinischen Masken, sehr leicht ist, FFP2-Masken falsch zu tragen. "Die Schutzwirkung liegt dann unter der Schutzwirkung eines korrekt getragenen medizinischen Mund-Nasen-Schutzes", betonten sie.

Um den hohen Atemwiderstand zu umgehen, würden viele Menschen beim Tragen von FFP2-Masken "bewusst Leckagen (z.B. durch fehlendes Anmodellieren des Nasenstegs) erzeugen" oder Maskentypen wählen, die sehr locker sitzen. Alles in allem seien FFP2-Masken jedenfalls keine selbsterklärenden Alltagsartikel.

Gewaltiger Ressourcenverbrauch durch FFP2

"Der medizinische Mund-Nasen-Schutz ist im Vergleich zu FFP2-Masken kostengünstig und kann auch länger getragen werden", betont auch die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Durch den massenhaften Einsatz von FFP2-Masken entstehen ein gewaltiger Ressourcenverbrauch und hohe Kosten.

Das Bayerische Gesundheitsministerium ist allerdings weiterhin der Meinung, dass dies nötig ist - obwohl es nicht sagen kann, ob und was es wirklich gebracht hat. "Der derzeit zu beobachtende Abfall der Inzidenzzahlen ist auf das Zusammenspiel aller Maßnahmen zurückzuführen, wie zum Beispiel der Fortschritt bei den Impfungen, die Kontaktbeschränkungen, die Testungen, die Maskenpflicht und weitere Hygieneregeln. Der Beitrag einer einzelnen Maßnahme ist kurzfristig nicht erfassbar", teilt das Ministerium mit.

"Gegenüber medizinischen Gesichtsmasken haben FFP2-Masken entscheidende Vorteile: Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) darlegt, sind medizinische Gesichtsmasken für den Fremdschutz konzipiert. Demgegenüber sind FFP2-Masken auch für den Eigenschutz ausgelegt und schützen dabei auch vor Aerosolen", heißt es aus dem Ministerium. Gerade im ÖPNV und beim Einkaufen sei angesichts der zahlreichen Begegnungen mit anderen Menschen ein möglichst hoher Schutz geboten.


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Medizinische und keine FFP2-Masken dürfen in Bayern zum Beispiel Lehrkräfte, Kontroll- und Service-Personal im ÖPNV oder Lehrer im theoretischen Fahrschulunterricht tragen. Auch bei der Erbringung körpernaher Dienstleistungen genügen OP-Masken (über einer Inzidenz von 100 sind allerdings FFP2-Masken nötig).

Was passiert in Bayern?

Während Niedersachsen nun schon an diesem Freitag das Ende der Maskenpflicht im Einzelhandeln in Gebieten mit einer stabilen Inzidenz unter 35 beschließen könnte, sind derartige Lockerungen in Bayern noch nicht angedacht.

Auch auf Zeitpunkte im Verlauf der Pandemie oder bestimmte Inzidenzwerte, bei denen man die strikte FFP2-Pflicht oder gar die Maskenpflicht allgemein lockern würde, will sich das Ministerium nicht festlegen und äußert sich nur denkbar unkonkret: "Die Staatsregierung beobachtet die weitere Entwicklung der Infektionszahlen sehr genau und passt die einzelnen Maßnahmen sachgerecht und zügig dem Infektionsgeschehen an, sobald eine Änderung infektionsschutzrechtlich geboten ist."

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