Ergebnisse einer Studie

Mehr Bahn, weniger Auto: VGN stellt erste Lehren aus dem 9-Euro-Ticket vor

Arno Stoffels

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21.7.2022, 17:16 Uhr
Rund 560.000 verkaufte 9-Euro-Tickets registrierte der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg bis zum Stichtag 11. Juli 2022. 

© Daniel Karmann/dpa, NN Rund 560.000 verkaufte 9-Euro-Tickets registrierte der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg bis zum Stichtag 11. Juli 2022. 

Bis zum 11. Juli wurde das 9-Euro-Ticket innerhalb des Verkehrsverbunds Großraum Nürnberg (VGN) 559.835 Mal gekauft. "Neun von zehn Kunden sind inzwischen damit unterwegs", so der VGN-Geschäftsführer Andreas Mäder. Gleichzeitig stellte er die Ergebnisse einer vom VGN in Auftrag gegebenen Marktforschungsstudie vor.

Demnach besticht das 9-Euro-Ticket vor allem durch seine Einfachheit. Die Mehrheit der befragten Kunden gaben ebenso an, die Flexibilität zu schätzen und auch längere Strecken im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ohne große Planungen im Vorfeld zurücklegen zu können. Zudem wird der ÖPNV tatsächlich spürbar mehr genutzt, wie auch Mäder feststellt: "Das Nutzungsverhalten hat sich verändert."

Deutlich mehr Fahrgäste

Neben einem deutlich höheren Freizeitverkehr vor allem an den Wochenenden und auf Bahnlinien sei auch außerhalb der Hauptverkehrszeit morgens und nachmittags eine Zunahme der Fahrgastzahlen zu bemerken. Auch die Studie kommt zu diesem Ergebnis.

Demnach ist der Anteil der Vielfahrer, die also mindestens zweimal pro Woche den ÖPNV nutzen, im Bereich des VGN bei den S-Bahnen von zwölf auf 27 Prozent, bei den Bussen von 14 auf 30 Prozent und bei den U- und Straßenbahnen von 21 auf 41 Prozent gestiegen.

In gleichem Maßen sank der Anteil der Auto-Vielfahrer von 59 auf 46 Prozent, wobei dieses Ergebnis nicht auf der Auswertung von Daten beruht, sondern alleine auf Befragungen.

Einige lassen auch das Auto stehen

Allerdings bescheinigen auch erste Ergebnisse einer großangelegten Studie der Technischen Universität München, dass durch das 9-Euro-Ticket 35 Prozent der Studienteilnehmer aus dem Raum München häufiger mit Bus und Bahn unterwegs sind, 22 Prozent den ÖPNV nutzen, obwohl sie es zuvor nicht getan haben und drei Prozent ihr eigenes Fahrzeug öfter stehen lassen.

Die meisten vom VGN befragten Nutzer haben auch den Wunsch nach einem dauerhaften Nachfolger. Für ein Ticket, dass die unbegrenzte ÖPNV-Nutzung innerhalb des eigenen Landkreises ermöglicht, würden die Befragten einen Preis von maximal 18,60 Euro im Monat akzeptieren.

Für einen entsprechenden Fahrschein, der das gesamte VGN-Gebiet abdeckt, wären es 31,30 Euro, was rund einem Euro täglich und damit einem 365-Euro-Ticket entsprechen würde, so Mäder.

Noch keine Berechnungen

Bislang sei beim VGN noch nicht durchgerechnet worden, wie sich ein entsprechendes Angebot oder auch die Umsetzung eines monatlich und bundesweit für den gesamten ÖPNV gültigen 69-Euro-Tickets, wie es jetzt vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) vorgeschlagen wurde, hinsichtlich der Kosten auf den VGN auswirken würde.

Auch "weil sich die Vorschläge gerade überschlagen" und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) erklärt hat, dass ein Nachfolger für ein 9-Euro-Ticket, für das der Bund 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellte, Ländersache sei.

Mit Blick auf die Fahrgeldeinnahmen innerhalb des VGN vor Einführung des Billig-Tickets erklärte Mäder, dass eine gewisse Erholung eingesetzt habe. So lag das Verkaufsergebnis von Januar bis Mai 2022 bei 114,36 Millionen Euro und damit 21 Prozent über dem entsprechenden Ergebnis im Vorjahreszeitraum.

Elektrifizierung vor dem Aus

Licht und Schatten sah Mäder bei der 97. Versammlung des VGN-Zweckverbands beim künftigen Ausbau vor allem der Schienenwege. So ist die Verlängerung der S-Bahn-Linie 4 von Dombühl bis Crailshaim beschlossen, der Zeitplan für die Inbetriebnahme Ende 2024 steht. Auch die Planungen für die Reaktivierung der Hesselbergbahn von Gunzenhausen nach Wassertrüdingen kämen voran, wenngleich hier bis zum ebenfalls für Ende 2024 anvisierten Start noch die Infrastruktur instand gesetzt werden muss.

Mit Unverständnis reagierte Mäder auf die jüngste Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale von Nürnberg über Marktredwitz bis Schirnding. Sie ist seit Jahrzehnten geplant, doch nun soll das Vorhaben einen Kosten-Nutzen-Faktor von nur noch 0,6 haben und damit weit unter dem geforderten Faktor eins liegen, was das Aus für die Pläne und damit verbunden auch für die Erweiterung der Nürnberger S-Bahn nach Neuhaus a. d. Pegnitz und Simmelsdorf-Hüttenbach bedeuten würde.

"Dieses Ergebnis ist aus meiner Sicht nicht akzeptabel, schon aus Gründen des Klimaschutzes", so Mäder.

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