Millionen-Affäre um Bayerns ASB: Jetzt schaltet sich Justiz ein

27.4.2019, 05:42 Uhr
Rettungssanitäter und ein Notarzt sind unterwegs zu einem Unfall. Solche Einsätze sind bundesweit ein milliardenschwerer Markt. Allein in Bayern geben die Krankenkassen dafür insgesamt 700 Millionen Euro aus.

Rettungssanitäter und ein Notarzt sind unterwegs zu einem Unfall. Solche Einsätze sind bundesweit ein milliardenschwerer Markt. Allein in Bayern geben die Krankenkassen dafür insgesamt 700 Millionen Euro aus.

Die Bemühung der Spitze des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Bayern mit Sitz in Erlangen, eine Ausweitung der Rettungsdienst-Affäre zu verhindern, waren vergeblich. Die Krankenkassen haben die bekannt gewordenen Vorwürfe zu den Abrechnungen geprüft und sehen "einen Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen", wie es auf Anfrage der Nürnberger Nachrichten heißt.

Man habe die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth bereits unterrichtet und "die vorliegenden Unterlagen" an diese weitergegeben. Bei der Justiz liegt bereits eine Anzeige gegen führende ASB-Funktionäre wegen Betrugs und Untreue. Erstattet hat die ein früheres ASB-Mitglied aus München (wir berichteten).

Die Krankenkassen nutzen mit ihrem Schritt, die Justiz einzuschalten, eine Vorschrift aus dem Sozialgesetzbuch, in der es um Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen geht. Darin heißt es, die gesetzlichen Krankenkassen sollen die Staatsanwaltschaft "unverzüglich" unterrichten, wenn ihre Prüfung ergibt, dass ein solcher Anfangsverdacht auf Straftaten "mit nicht nur geringfügiger Bedeutung" bestehen könnte. Davon gehen die Kassen nun aus.

Es geht um Millionen von Euro

Wie mehrfach berichtet, belegen Unterlagen, die unserer Redaktion vorliegen, dass die Erlanger ASB-Landesgeschäftsstelle Abrechnungen im Rettungsdienst über Jahre kontinuierlich und gezielt manipuliert hat. Aus dem internen ASB-Material geht hervor, wie eine kleine Gruppe von Führungsleuten in den vergangenen zehn Jahren etwa fünf Millionen Euro von den Kostenträgern kassiert hat, denen offenbar gar keine Ausgaben gegenüberstanden. Wie aus den umfangreichen Tabellen, Listen und Aufstellungen hervorgeht, haben sie einzelne Positionen der Abrechnungen der ASB-Rettungsdienstverbände vor Ort trickreich um reine Phantasiebeträge erhöht und sich diese dann von den Kassen erstatten lassen. Was mit der auf diese Weise erzielten Millionensumme geschehen ist, weiß bisher niemand.

Die Angaben des ASB selbst dazu sind höchst verwirrend und unvollständig. So teilte ASB-Landesgeschäftsführer Jarno Lang – er hat dieses Amt erst vor vier Wochen von seinem Vorgänger Thomas Klüpfel übernommen – kürzlich mit, mögliche Überschüsse seien "in andere rettungsdienstliche Leistungen wie zum Beispiel den Bevölkerungsschutz" geflossen. Der Bevölkerungsschutz gehört aber gar nicht zu diesen Leistungen. Und konkrete Zahlen nannte Lang überhaupt nicht.

Der Landesvorstand der bayerischen Samariter ist fest in SPD-Hand. Der Fürther Horst Arnold, Chef der SPD-Landtagsfraktion, ist stellvertretender Vorsitzender. An der Spitze steht der frühere SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann.

Wirtschaftsprüfer tätig

Pfaffmann geht nach wie vor davon aus, dass alle im Raum stehenden Vorwürfe gegen des ASB entkräftet werden können, wie er gegenüber den NN betonte. Man habe nach Bekanntwerden der Kritik von sich aus Wirtschaftsprüfer eines renommierten Unternehmens eingeschaltet. Sie hätten ihre Tätigkeit in der ASB-Geschäftsstelle bereits aufgenommen.

Pfaffmann argumentiert, der Landesverband könne durchaus sogenannte Overhead-Kosten, die dort für den Rettungsdienst anfallen, auf die örtlichen Verbände umlegen. Das ist vollkommen richtig. Diese Kosten, die zum Beipiel 2015 allein bei gut 750 000 Euro lagen, tauchen allerdings, so die Unterlagen, jeweils schon gesondert auf. Die jährlichen Phantasiebeträge bei allen ASB-Ortsverbänden in Höhe von Hunderttausenden Euro kommen zusätzlich hinzu.

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