Müll ist schlimm, Rock im Park ist es nicht

11.6.2019, 17:51 Uhr
Noch immer liegt auf und neben dem Rock im Park-Gelände viel Müll.

© Claudia Urbasek, NZ Noch immer liegt auf und neben dem Rock im Park-Gelände viel Müll.

Denn die eigentlich Schlagzeile ist vielmehr: Leute, wir produzieren Müll. Sehr viel Müll. Überall und zu jeder Zeit. Bei Rock im Park sieht man ganz einfach, wie viel Müll 70.000 Menschen, die auf engstem Raum zusammengepfercht sind, innerhalb von vier Tagen produzieren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wer einmal vier Tage lang seinen gesamten Haushaltsmüll auf einen großen Haufen im Garten wirft, wird das sehr schnell bestätigen können.

Wir pflegen einen Lebensstil, bei dem sehr viel Müll anfällt. Nicht nur bei Rock im Park, sondern überall, ob in Rednitzhembach, Igensdorf oder Lauterhofen. Das muss sich natürlich schnellstmöglich ändern. Aber diese gesamtgesellschaftliche Tatsache den Festival-Gängern vorzuwerfen, ist einfach nur scheinheilig. Und ob sie ihren Müll nun in den Kofferraum packen und daheim in Rednitzhembach entsorgen oder doch auf dem Festivalgelände, ist in der Endabrechnung egal.

Dazu kommt: Wer vor der Bühne bei einem mobilen Eisverkäufer sein Calippo Cola kauft, lässt die Verpackung natürlich einfach fallen, nachdem sie ausgeschleckt ist – er hat gar keine andere Wahl. Schließlich ist der nächste Mülleimer weit weg. Nicht, weil die Veranstalter so unsägliche Saubären sind, sondern auch einfach aus Gründen der Sicherheit. Man stelle sich vor, bei einer Massenpanik stehen große Mülleimer im Weg. Solche Schlagzeilen will nun wirklich keiner lesen.


Warum die Müllberge bei Rock im Park unerträglich sind


Und wer dann noch mit "Fridays For Future" ankommt, zeigt seine komplette Unkenntnis der Verhältnisse. Bei "Fridays For Future" demonstrieren Schüler – und die sind bei Rock im Park klar in der Minderheit. Dazu kommt, dass bei Rock im Park vor allem Bands spielen, die nicht für Love, Peace and Mülltrennung stehen, sondern eher die harte Gangart wählen. Auch das macht die Schnittmenge zu "Fridays For Future" sehr überschaubar. Schließlich ist Rock im Park ein Rock-Festival und keine Klimademo.

Natürlich, es gibt sie, die unverbesserlichen Chaoten und Dreckschweine. Wie eben in jeder 70.000-Einwohner-Stadt. Wer seinen Sperrmüll im wahren Leben beim Glascontainer abstellt, wird sich auch bei Rock im Park nicht anders verhalten. Wer möchte, dass niemand mehr sein billiges Einmalzelt auf einem Festivalgelände lässt, sollte besser dafür kämpfen, dass die Produktion und den Verkauf solcher Wegwerfware stark eingeschränkt wird, statt diejenigen zu kritisieren, die dieses Angebot wahrnehmen. Auch auf Plastikstrohhalme wird schließlich erst verzichtet, wenn es sie nicht mehr gibt.


Alle Bilder zu Rock im Park 2019 finden Sie hier


Nur eines kann man den Veranstaltern vorwerfen: Das Müllpfand hätte nie abgeschafft werden dürfen. Auch wenn es billiger und effektiver ist, dass eine Fachfirma das Gelände reinigt, sollte hier zumindest jeder ein Zeichen des guten Willens setzen. Natürlich muss dann noch nachgearbeitet werden, aber ganz aus der Verantwortung darf man die Besucher doch nicht lassen – trotz des hohen Eintrittspreises.

Also: Alles halb so wild, in ein paar Tagen ist wieder Tabula rasa. Die Fachfirma hat die Reste entsorgt, wie daheim eben die Müllabfuhr. Bis im nächsten Jahr wieder dieselbe Sau durchs mediale Dorf getrieben wird. Müll ist schlimm, Rock im Park ist es nicht.


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