Neuer Zuwachs: Wasserstoffstrategie in Nürnberg vorgestellt

29.5.2020, 17:52 Uhr
Hubert Aiwanger (FW, M), Wirtschaftsminister von Bayern, betrachtet vor einer Pressekonferenz im Messezentrum in Nürnberg zur Vorstellung der bayerischen Wasserstoffstrategie.

© Timm Schamberger, dpa Hubert Aiwanger (FW, M), Wirtschaftsminister von Bayern, betrachtet vor einer Pressekonferenz im Messezentrum in Nürnberg zur Vorstellung der bayerischen Wasserstoffstrategie.

"Wasserstoff ist der Energieträger der Zukunft und wird die Arbeitsplätze der Zukunft generieren", sagt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei der Vorstellung. Am Dienstag hat das Kabinett im Landtag das Strategiepapier verabschiedet. Am Mittwoch sollte der Bund nachziehen – hat dann aber abgesagt. "Das hier ist auch ein Appell von Bayern nach Berlin: Kommt endlich in die Pötte, die Zukunft beginnt heute und nicht in fernen Jahren", sagt der Minister.

Im September haben sich 35 Partner aus der Forschung, Unternehmen und Kommunen in Nürnberg zu einem Wasserstoffbündnis zusammengeschlossen Die Geschäftsstelle des H2.B sitzt am Energiecampus auf dem ehemaligen AEG-Gelände an der Fürther Straße. "Wir wollen die Bereitschaft zur Transformation nutzen, Wirtschaft und Wissenschaft haben hier große Expertise", sagt Veronika Grimm, die dem Zentrum vorsteht und erst vor kurzem zu den Wirtschaftsweisen in Deutschland berufen wurde. Mit den Partner hat sie das Positionspapier erarbeitet, das als Grundlage bayerischen Strategie dient.

"Made in Bavaria"

Die Ziele sind groß. Bayern soll nicht weniger als Weltmarktführer für Wasserstofftechnologien werden. "Wasserstoff ist die eierlegende Wollmilchsau nach der wir gesucht haben", sagt Aiwanger. "Damit tun wir unser Umwelt gut und unserer Wirtschaft." Zehntausende Arbeitsplätze sollen so in Bayern entstehen und vor allem auch erhalten bleiben.
Die Automobilindustrie und ihre Zulieferer schwächeln. Die Umrüstung soll helfen. "Mit der neuen Technik sind Alternativen möglich, um nicht schließen zu müssen oder die Fertigung gen Osten zu verlegen", erklärt der Wirtschaftsminister. Das Siegel "Made in Bavaria" werde helfen "unsere Qualität in aller Welt zu vermarkten".

Andere Länder sollen günstig produzieren

Bayerische Forscher sollen dafür die nötigen Technologien entwickeln und bayerische Firmen sie in alle Welt bringen. Der Wasserstoff soll den umgekehrten Weg gehen und aus der ganzen Welt nach Bayern kommen. "Wir brauchen mehr Wasserstoff als wir in Deutschland herstellen können", sagt Aiwanger. Noch immer über die Herstellung zu streiten, wie das auf Bundesebene geschehe, sei daher unsinnig. "Das wäre, wie wenn in Deutschland nur Autos fahren dürften, die wir mit Öl aus Deutschland betanken können."

Stattdessen sollen Länder wie Island, Schottland, Spanien, aber auch Russland oder Marokko, Chile und Australien günstig Energie aus Wind- und Sonnenkraft produzieren und vor Ort durch Elektrolyse im Wasserstoff speichern. Per Pipeline und Tankschiff kommt der Energieträger dann nach Deutschland. "Die Technologie dafür haben wir, die Wende gelingt aber nur, wenn weltweit alle Akteure mitziehen", fordert Aiwanger.

Aiwanger will Debatte beenden

Nord- und Südbayern sollen vormachen wie das geht. Die Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und die Technische Universität München (TUM) überwinden ihre Rivalitäten und arbeiten für den Wasserstoff zusammen. "An beiden Unis werden Professuren strategisch so besetzt, dass sie sich gemeinsam im weltweiten Wettbewerb erfolgreich positionieren können", sagt Peter Wasserscheid. Der Inhaber des Lehrstuhls für Chemische Reaktionstechnik in Erlangen ist Direktor am Helmholtz-Institut für Erneuerbare Energie und ebenfalls im H2.B-Vorstand. "Passend zum industriellen Umfeld sollen in Erlangen die Schritte aus der Forschung hin zum Prototypen beschleunigt werden, München setzt vor allem auf Anwendungszentren und Zertifizierungsstellen

Die Grundlagen sind geschaffen, doch der große Maßstab fehlt noch. 65 Millionen Euro sind zuletzt bereits in die Wasserstoff-Forschung in Bayern geflossen. Weitere 50 Millionen Euro stehen im Haushalt, um das Tankstellen-Netz auszubauen. Jeder Landkreis soll in den kommenden zwei Jahren eine haben – zunächst vor allem für Busse und LKW. "Die Herausforderung ist es, alle Komponenten zeitlich abgestimmt voranzubringen", sagt Professorin Grimm. Ohne Zulieferer kein Auto, ohne Auto keine Tankstellen – aber das gilt auch umgekehrt. Bei ihr hätten sich seit der Gründung bereits zahlreiche weitere Städte und Firmen gemeldet, die dem Wasserstoffbündnis beitreten wollen.

Die Debatte um Wasserstoff- versus Elektro-Auto will Aiwanger endlich beenden. "Wir brauchen beides, um vom hohen CO2-Austoß wegzukommen", sagt er. "Unsere Strategie ist es, unseren Wissensvorsprung in Bayern zu nutzen und weiter auszubauen." Beim Wasserstoff-Gipfel auf dem Nürnberger Messegelände am Mittwoch, 18. November, sollen die Projektpartner diesen Vorsprung sichtbar machen.

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