Auch Top-Manager hören gern einer Geschichte zu

3.8.2018, 20:32 Uhr
Auch Top-Manager hören gern einer Geschichte zu

© Edgar Pfrogner

Martina Naubert wohnt seit acht Jahren in Italien, zog der Liebe wegen nach Bologna. Ihre Heimat sei aber immer noch Neumarkt, sagt sie. Naubert ist jedes Jahr meist zweimal in der Heimat, heuer schafft sie es nicht zum Volksfest, sagt sie. Und sie schaut sich regelmäßig die deutschen Nachrichten an, um auf dem laufenden zu sein.

Von der Welt hat sie schon einiges gesehen, in Kanada kam sie 1960 zur Welt, zog mit ihren Eltern in die Oberpfalz, ging als junge Frau wieder nach Nordamerika, kehrte zurück nach Bayern, bis sie schließlich in Italien landete. Als Kind machte sie mit ihren Eltern Campingurlaub am Gardasee. Dort trifft sie sich jetzt einmal im Jahr mit einer Schriftsteller-Kollegin zum Schreib-Retreat: Die Frauen arbeiten intensiv, lesen ihre Texte gegenseitig Korrektur und tauschen sich aus.

Mit Märchen hat es angefangen: Großeltern und ihr Vater haben ihr oft Märchen vorgelesen, als sie ein Kind war. Später hat sich Martina Naubert dann für Psychologie interessiert, hat sich eingelesen, unter anderem C.G. Jungs Analyse der Motive in Märchen durchgearbeitet. "Viele Aha-Effekte" hat ihr das beschert, sie absolvierte eine Ausbildung in Transaktionsanalyse. Naubert erkannte: Oft dreht sich ein Märchen, das jemanden besonders anspricht, um ein Lebensthema. Sie hatte irgendwann die Idee, das ganze auch andersrum zu gestalten: Verhaltensmuster und Möglichkeiten, etwas anders zu machen, kleidet sie in Märchenform.

Ein schwerer Mantel

So gibt es eine Geschichte um eine Schneidersfamilie: Die Frau ist enttäuscht, weil ihr Mann ihr in vielen Dingen zu wenig hilft. Doch sie sagt ihm nicht, was sie sich wünscht, sie seufzt nur. Eines Tages näht sie ihm einen Mantel, in den sie – gestickt mit Metallfaden – all ihren Forderungen einarbeitet. Den zieht er an, doch er ist so schwer, dass er sich nicht mehr rühren kann. Auf der Suche nach Rat läuft die Frau einen weiten beschwerlichen Weg zur Königin. Die kann ihr helfen, es gelingt dem Paar sogar, einen neuen schimmernden Faden zu spinnen, der ihre künftigen Arbeiten besonders wertvoll macht.

Martina Naubert ist als Trainerin und Personalberaterin tätig, hat Schulungen für Top-Manager, und auch die hören, sagt Naubert, gern mal eine Geschichte an. Bei manchen ihrer Märchen sei relativ schnell klar, welches Muster darin beschrieben ist, andere seien nicht so leicht zu erschließen.

13 ihrer Märchen sind in einer Sammlung erschienen, "Märchenwelt der Transaktionsanalyse", als book on demand: Das heißt, es wird auf Bestellung gedruckt. Auch als e-Book sind Nauberts Werke zu haben. Nach den Märchen hat sie sich einem neuen Thema zugewandt: Der Geschichte um den Kater Massimiliano. Der ist eine Inkarnation eines Hausgeists. Die alten Römer verehrten ihre Hausgeister, die Penaten, die Geister der Vorfahren. Sie waren für den Schutz von Vorräten und Herdfeuer zuständig.

Einer dieser Penaten findet in der Geschichte einen Weg in die Realität: Als distinguierter Kater, der Lisa, einer Deutschen, in Rom erst hinterherschleicht und dann bei kulturellen Missverständnissen hilfreich zur Seite steht. Für den Kater gibt es ein reales Vorbild: Den geliebten Familienkater, der vor drei Jahren gestorben ist. Wenn er hätte reden können, ist Naubert überzeugt, hätte er so geredet wie Massimiliano im Buch.

Humorvoll, so beschreibt Naubert ihre eigenen Texte. Sie selbst liest gern Ernstes, Dostojewski, Simon de Beauvoir, Roger Willemsen verehrt sie. Immer schon habe sie gern tiefer geschürft, hat "einen Drang in die Tiefe", nennt sie es. Auch die Frage, wie man etwas besser machen kann, treibt sie stets um. Das habe ihren Weg nicht immer erleichtert, sagt sie.

Zeit für etwas anderes

Fünf Jahre lang hat sie als CEO gearbeitet, mit Verantwortung für 400 Mitarbeiter. Seitdem hat sie einen anderen Blick auf die Frauenquote: "Vorher war ich strikt dagegen, jetzt weiß ich: Wer schlecht über eine Frau in Führungsposition reden will, macht das mit und ohne Quote." Für Arbeitsklima und Ergebnisse, weiß sie, wäre ein ausgeglichenes, gleichwertiges Miteinander von Frauen und Männern nur zuträglich. Nach den fünf Jahren hat sie aufgehört, "es war eine gute Zeit, hat viel Kraft gekostet, und ich habe viel gelernt", ist ihr Resümee. Und es war Zeit, wieder etwas anderes zu machen.

Auch literarisch will sie nach dem dritten Band der Massimiliano-Trilogie etwas anderes, ganz Neues anfangen. Denn, sagt sie beim Gespräch im Neumarkter Parkcafe, in ihren Augen sei der Sinn des Lebens: Veränderung, und mit der Veränderung weiterzumachen.

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