Aus der Oberpfalz nach China: Magnetschwebebahn bald im Einsatz

16.6.2020, 06:00 Uhr
Mitarbeiter der Firmengruppe Max Bögl schieben das erste serienreife Zwei-Sektionen-Fahrzeug in den Schlund einer Antonow. In Chengdu, China, landet der Riese Listenflieger mit seiner Facht, die dort den Personennahverkehr optimieren soll.

© Foto: Reinhard Mederer Mitarbeiter der Firmengruppe Max Bögl schieben das erste serienreife Zwei-Sektionen-Fahrzeug in den Schlund einer Antonow. In Chengdu, China, landet der Riese Listenflieger mit seiner Facht, die dort den Personennahverkehr optimieren soll.

Die deutsche Magnetschwebebahn-Technologie galt lange Zeit als erledigt. Das letzte geplante und vom ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber gewünschte Großprojekt sollte Passagiere zwischen dem Flughafen München und der Innenstadt transportieren. Doch der Transrapid wurde Ende März 2008 beerdigt, nachdem klar wurde, dass die Baukosten über drei Milliarden Euro verschlingen würden – eine Machbarkeitsstudie war zuvor von 1,85 Milliarden Euro ausgegangen.

Max Bögl tüftelte leise weiter

Doch Totgesagte leben länger. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde beim Bauunternehmen Max Bögl in Sengenthal bei Neumarkt über Jahre hinweg an einem Comeback der Technik getüftelt, inklusive einer eigenen, 800 Meter langen Teststrecke für die futuristische Bahn mit dem Namen "Transport System Bögl" (TSB).

Jetzt kommt sie erstmals zum Einsatz. Allerdings nicht in Deutschland, sondern in Chengdu. In der Hauptstadt der chinesischen Provinz Sichuan soll das neuartige Personennahverkehrssystem im Sommer den Betrieb auf einer 3,5 Kilometer langen Demonstrationsstrecke aufnehmen.

Dafür wurde das erste serienreife Fahrzeug jetzt von Sengenthal aus mit Lkw zum Flughafen München transportiert. Von dort aus ging es mit einer Antonow 124-100, einem der größten Transportflugzeuge weltweit, in das über 7500 Kilometer entfernte Chengdu, wo Bögl für das Projekt mit der Baufirma Xinzhu kooperiert. Dort soll das TSB laut Bögl sein Potenzial für den öffentlichen Nahverkehr in verkehrsverseuchten Metropolen unter Beweis stellen, wo Straßen chronisch überlastet sind, U- und S-Bahnen an ihre Grenzen stoßen.

30.000 Passagiere pro Stunde

Es geht also nicht um Fern- oder Hochgeschwindigkeitsverkehr. Mit maximal 150 Kilometern pro Stunde sollen Reisende fünf bis 50 Kilometer weit gebracht werden. 127 Passagiere finden in einer Zugeinheit Platz, bis zu sechs Einheiten lassen sich koppeln. Anders als beim Transrapid umklammert der TSB-Zug nicht den Trassenkörper, sondern umgekehrt. Dadurch soll die Fahrt leiser und der Betrieb weniger anfällig für Störungen sein.

Der Fahrweg ist mit Trägern von 1,2 Metern Höhe und 23,5 Metern Länge nach Unternehmensangaben sehr niedrig, platzsparend und leicht. Die eingesetzte Technologie soll Taktfrequenzen von bis zu 80 Sekunden und den Transport von 30.000 Personen pro Stunde und Richtung ermöglichen.

Einsatz auf dem Münchner Flughafen?

Ob das Bögl-System auch in Deutschland eine Chance hat, hängt von den Ergebnissen einer Machbarkeitsstudie ab, die Mitte Februar von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) angekündigt wurde und auch vom Bund finanziert wird. Geprüft wird dabei ein Einsatz des TSB auf dem Münchner Flughafen. Allerdings nicht in Form einer Verbindung in die Innenstadt, sondern als Insellösung.


Firmengruppe Max Bögl hat volle Auftragsbücher


Ein ovaler Rundkurs könnte einzelne Teile des Flughafens miteinander verbinden, der vor der Coronakrise auf Wachstumskurs war – und das schneller, als die aktuell eingesetzten Linien- oder Shuttlebusse beziehungsweise die S-Bahn. Im Südwesten des 15,6 Quadratkilometer großen Areals soll mit dem "Lab Campus" ein High-Tech-Gewerbegebiet entstehen. Auch ein neues Hotel und ein zusätzliches Parkhaus waren zumindest vor Ausbruch der Pandemie geplant.


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