Berchings Altenheimleiter: "Das Coronavirus ist hinterfotzig"

13.3.2021, 10:02 Uhr
Berchings Altenheimleiter:

© Foto: Binder

Besonders verwundbare Bewohner, zusätzlich zum ohnehin stattlichen Pensum geforderte Pflegekräfte und teilweise wenig Feingefühl der Bürger aus dem Ort: Damit hatten einige Einrichtungen im Landkreis zu kämpfen.

Besonders betroffen war das Caritas-Seniorenheim St. Franziskus in Berching. Dort haben sich im vergangenen Herbst und Winter 36 Mitarbeiter und 58 Bewohner infiziert, 20 Senioren sind an oder mit dem Virus gestorben.

Der Virus hat schon deutlich vorher den Heimalltag stark beeinflusst: "Ich bin nicht abergläubisch, aber ich erinnere mich an den Freitag, 13. März 2020: An dem Tag haben wir das Heim zusperren müssen", sagt Heimleiter Gerhard Binder.

Eine bisher noch nie dagewesene Maßnahme: "Das war echt ein Schock." Denn St. Franziskus sei normalerweise ein offenes Haus, es gebe viele Halbtagsausflüge, sehr viele Besucher sind täglich bei ihren Verwandten. Das alles fiel dann flach.

Man habe alles bestmöglich umgesetzt, sagt Binder, "aber eine 100-prozentige Garantie gibt es nie", setzt er hinzu. Inzwischen sind immerhin wieder zwei Besuche pro Bewohner und Woche möglich, jeder werde vorher getestet.

Nachmittags fit, am Abend tot

"Auch die, die schon geimpft sind und bereits geimpfte Bewohner besuchen. Das gibt immer wieder Diskussionen", sagt Binder, aber die Regeln seien klar: Jeder, der rein will, braucht einen aktuellen Test und eine Maske.

Auch Angehörige, die die Existenz des Virus anzweifeln, sprechen Binder an. Doch der hat gesehen, wie die Krankheit wirkt: "Das Coronavirus ist hinterfotzig, das kann sehr schnell gehen", sagt Binder. Ein Bewohner sei nachmittags noch mit dem Rollator herumgegangen und starb wenige Stunden später. Ähnliches habe er aber auch schon mit dem Grippevirus 2019 erlebt.

Inzwischen seien 97 Prozent der Bewohner geimpft und 26 Prozent der Mitarbeiter. Für letztere gebe es bald wieder einen Sammeltermin, denn "es sind noch einige, die sich impfen lassen wollen", so Binder.

Gesellschaftliche Wertschätzung vermisst

Am Anfang der Pandemie hatte es Applaus für die Pflegenden gegeben, nun wird die Forderung nach mehr Lohn laut. "Das Geld ist nicht das größte Problem", meint Binder, bei Wohlfahrtsverbänden oder im öffentlichen Dienst sei der Verdienst nicht so schlecht, das sehe bei privaten Trägern mitunter anders aus.

Binder vermisst vor allem eine breite gesellschaftliche Wertschätzung des Pflegeberufs. "Auch heute noch gibt es oft blöde Sprüche für jemanden, der den Pflegeberuf lernen will – das war auch schon so, als ich das in den 1980er Jahren anfing." Da müsse sich grundlegend etwas ändern.

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