Bildung in tiefster kambodschanischer Provinz

28.12.2012, 07:00 Uhr
Bildung in tiefster kambodschanischer Provinz

© Biersack

Ein Ventilator schaufelt die heiße Luft von drinnen durch die unverglasten Fensteröffnungen zur heißen Luft nach draußen. Lediglich Holzläden schützen das wertvollste Gut, das die Einrichtung hat, vor dem Staub der nahen Straße: Rund 10000 Bücher und andere Medien, meist in Englisch, manche in Khmer.

Bildung in tiefster kambodschanischer Provinz

© Biersack

Drei Räume wurden der Bücherbrücke von der Provinzregierung, wie die Pfadfinder aus Takeo örtlicher Partner, kostenlos zur Verfügung gestellt. Neben der Bücherei dient ein schlichtes Zimmer als Spielfläche und für den notwendigen Verwaltungspapierkram, und im dritten lagern hinter zwei Reihen hölzerner Schulbänke die Instrumente der Pfadfinder-Kapelle aus Takeo. Hier üben die Musiker auch. Meist wird der Raum allerdings für Englischkurse genutzt, die Grundvoraussetzung für Wissensvermittlung.

Bei Rückgabe hakt es noch

In der Zukunft sollen nach Möglichkeit häufiger und vor allem regelmäßiger Kurse auch für Erwachsene angeboten werden. Denn nur über einen verlässlichen Schulungsbetrieb und Kursgebühren, so bescheiden sie sind, wird die Einrichtung sich eines baldigen Tages selbst tragen, hofft der kommissarische Leiter, Khut Sokhan.

Noch tut sie das nicht. Die Besuche interessierter Kinder sind eher sporadisch. Die Buben und Mädchen aus den nahen Schulen kommen, wenn sie Zeit und Lust haben, um sich in ihrer Freizeit weiter zu bilden oder einfach nur, um zu spielen. Auch Erwachsene sind gern gesehen. Es stehen Bücher in den Regalen, die so ziemlich alle Bereiche des Grundwissens abdecken, von Geschichte über Geografie bis Bio- und Zoologie.

Unterhaltungsliteratur für alle Altersstufen ist vorhanden und Lehrbücher für Schüler und Lehrer. Die meisten Medien sind in Englisch. Also ist die Grundlage der Arbeit zunächst die Vermittlung dieser Fremdsprache. Die Auswahl an Büchern in Sprache und Schrift der Khmer ist noch spärlich. Diesen Bestand will Khut Sokhan ausbauen.

Die Einrichtung leidet noch an allerlei Kinderkrankheiten. Khut Sokhan beklagt eine nicht sonderlich ausgeprägte Rückgabe-Kultur ausgeliehener Bücher. Rund 3300 Besucher wurden seit November 2011 in der Bücherei gezählt. Etwa 200 Bücher haben den Weg noch nicht wieder zurück gefunden.

An die Säumigen sei nur schwer ran zu kommen, oft helfe nur sanfter Druck über die Leitung der Schulen, die die Kinder besuchen. „Aber ich sehe es positiv“, sagt Khut Sokhan mit leisem Humor. „Es zeigt doch auch, wenn man so will, dass unsere Kundschaft eine Beziehung zu den Büchern entwickelt und sie gar nicht mehr hergeben will.“ Dem studierten Archäologen ist, wie den meisten Menschen, die in Entwicklungshilfeprojekten arbeiten, Schönfärberei fremd.

Eigentlich führt der 32-Jährige die schon länger existierende und in gewissem Rahmen erfolgreiche Niederlassung in Siem Reap nördlich des Tonle Sap, das größte Binnengewässer Südostasiens. Da aber sein Kollege in Takeo kurzfristig ein Stipendium in China bekam und das gern annahm, betreut er nun auch diese Filiale: im Rhythmus zwei Wochen Takeo und eine Woche Siem Reap.

Bei seiner Arbeit wird der Kambodschaner Sokhan unterstützt von der Britin Kate O. Marsh, die ihr Kursangebot als Stundenplan an die Eingangstür gepinnt hat.

Die Bezirksregierung stellt drei Frauen ab, die eigentlich sieben Stunden werktäglich in der „Bookbridge“ den Kindern und anderen Besuchern helfen sollen, das zu finden, was sie suchen. Allerdings teilen diese drei Mitarbeiter sich ihre Kräfte sehr schonend ein, wie Khut Sokhan findet.

Er weiß, er muss noch an der Reputation arbeiten. Deshalb will er das Äußere der „Bookbridge“ etwas gefälliger gestalten. Bunt und einladend soll der Gebäudeteil werden, fantasievoll bemalt von Kinderhänden. Fensterscheiben wünscht er sich, um den Staub und die Feuchtigkeit des nächsten Monsuns draußen zu halten und einen Zaun zur Straße, der freundlich wirkt und nicht abschreckend mit verrosteten Eisenspitzen.

Die Mittel dafür will er beim Hauptquartier in Freiburg loseisen, wo die Sach- und Geldspenden eingehen, die die Pfadfinder in Deutschland, England und der Schweiz sammeln.

Nächstes Projekt im Auge

In einem Jahr, so hofft der 32-Jährige, werde die Einrichtung den laufenden Unterhalt in Takeo selbst tragen. Möglich, dass er dann beim Aufbau einer „Bookbridge“ in Kampong Cham nahe der Hauptstadt Phnom Penh eingesetzt wird, wo die örtlichen Pfadfinder wie in Takeo als lokaler Partner zur Verfügung stünden.

Sein Nahziel ist es allerdings, Takeo so stark zu machen, dass er sich wieder ganz auf Siem Reap konzentrieren kann. Wer die quirlige Stadt bei den berühmten Tempeln von Angkor kennt, versteht auch, dass es einen jungen Mann eher dorthin zieht, als ins verschlafene Provinznest. Takeo ist selbst für kambodschanische Verhältnisse ein müdes Kaff. „Und genau deshalb“, sagt Carsten Rübsaamen, „sind wir hier.“Nähere Informationen über das Projekt Bookbridge im allgemeinen und die Niederlassung in Takeo unter www.bookbridge.org/takeo/

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