Der letzte Flug aus Auckland: Corona beendet Weltreise

22.4.2020, 06:00 Uhr
Der letzte Flug aus Auckland: Corona beendet Weltreise

© Foto: Dani Mohr

Vor wenigen Tagen gehörte die Neumarkter Familie noch zu den zehntausenden Deutschen, die irgendwo auf der Welt gestrandet waren. Am anderen Ende der Erde festsaßen, weil wegen der Corona-Krise alle Flugverbindungen gekappt wurden. Die Nervenstränge der globalisierten Welt, die eine Fernreise fast so selbstverständlich erscheinen lassen wie eine Wanderung im Bayerischen Wald.

"Das letzte Jahr war sehr anstrengend für uns alle, da wollten wir uns belohnen", sagt Eva Mohr. 2019 hatte es tatsächlich in sich: Mutter Eva schloss ihr Studium an der FAU ab, Vater Dani arbeitete Vollzeit als IT-Experte und dann sind da ja noch Heidi und Kimi. Singapur, Neuseeland, Cook-Inseln und schließlich die USA, wo Evas Eltern zu ihnen stoßen wollten – eine Traumtour.

Doch im Februar hatte das neuartige Corona-Virus China schon verlassen, verbreitete sich in Asien. Im Rest der Welt nahm man es allerdings noch nicht so ernst. Reisewarnungen? Fehlanzeige.

Familie Mohr war deshalb völlig überrascht, als in Singapur alle Menschen Gesichtsmasken trugen und Scanner standen, die die Körpertemperatur der Menschen maßen. "Sind die paranoid oder wir naiv", fragte sich Eva Mohr damals. "Im Nachhinein steht fest: Wir waren naiv."

Der letzte Flug aus Auckland: Corona beendet Weltreise

© Foto: Dani Mohr

Doch im Februar freute sie sich sogar über den Ausreisestopp der Volksrepublik China. "Dann sind weniger Touristen in Neuseeland unterwegs." Die Familie fuhr also komplett unbedarft im Wohnmobil von der Südinsel auf die Nordinsel. Und auf einmal gab es im Supermarkt kein Klopapier mehr. "Au weh, jetzt geht es los", dachte sie.

Dann ging alles ganz schnell: "Die Regierung war rigoros, es wurde erstmal alles dicht gemacht und dann geschaut was passiert." Dabei seien die Einschränkungen nicht unbedingt weitreichender als in Deutschland. Aber die Umsetzung sei strenger, Verstöße viel teurer. An den Supermärkten gibt es Eingangskontrollen, die Wagen werden desinfiziert. "Und als viele Bewohner von Auckland zu ihren Ferienwohnungen wollten, kündigte die Regierung Militärsperren auf den Straßen an." Der Erfolg: Es gab nie einen steilen Anstieg der Infektionen, die Kurve blieb bisher immer flach.

Traumstrand für sich alleine

Doch für die Mohrs war der Urlaub vorbei. Neuseeland verhängte Reisebeschränkungen im Inland und kappte die Flugverbindungen nach außen. Die Familie mietete sich in einem Motel auf der Koromandel-Halbinsel ein, in dem Urlaubsort Whitianga, den Traumstrand hatten sie für sich alleine. Gastgeber Warren und Robbyn kümmerten sich um die jungen Deutschen und wurden bald zum dritten Großelternpaar vom Heidi und Kimi. "Sie haben ihnen Fahrradfahren beigebracht und zum Abschied schenkten sie ihnen Trikots der All Blacks, der neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft.

"Es war ein absoluter Glücksfall", sagt Eva. In den sozialen Medien kursieren andere Geschichten: Von Austauschschülern, die weggesperrt werden, von Rucksack-Touristen, die ohne Geld und Unterkunft dastehen. "Ab einem gewissen Zeitpunkt war es einfach kein Urlaub mehr, sagt Eva Mohr. "Wir haben immer geschaut, wie ändert sich die Situation, wo sind andere gestrandet und welche Schwierigkeiten sie hatten."

Da es keine Linienflüge mehr gab, blieb nur das Rückholprogramm der Bundesregierung. "Unglaublich was in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt wurde", sagt Mohr. Auch wenn vieles mit heißer Nadel gestrickt war. Die Anmeldung auf der Homepage etwa wurde nicht bestätigt. Die Folge: manche registrierten sich über 100 Mal.

Ausgemusterter Flieger

Doch schließlich ging alles ganz schnell: "Am Palmsonntag um 22 Uhr kam die Mitteilung, dass wir am Mittwoch um sechs Uhr früh am Flughafen in Auckland sein sollen." Einzelne Backpacker erhielten erst kurz vor dem Abflug einen Anruf.

Eigentlich hat die Lufthansa die Großraumflieger A380 schon ausgemustert. Doch für diese Aktion wurden sie womöglich zum letzten Mal auf die Reise geschickt. 27 Stunden dauerte der Flug mit Stopp in Bangkok. Niemand durfte aussteigen, jeder musste die ganze Zeit an seinem Platz bleiben, selbst als der Putztrupp durchwischte. "Zum Glück sind unsere Kinder reisekompatibel."

Um halb vier Uhr landet die Maschine in Frankfurt. Deutschland war selbst im Corona-Modus anders als Neuseeland. Niemand trug eine Mundschutzmaske. Im Empfangsbereich warteten mehrere hundert Angehörigen auf die Heimkehrer.

"Man geht mit Dankbarkeit aus so einer Situation raus", sagt Eva Mohr. "Ist dankbar, dass man in einem Land leben darf, dass sich für seine Bürger so selbstverständlich und unkompliziert einsetzt."

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