Die Gegner der Juraleitung P53 errichten ein Protestcamp

7.9.2020, 05:44 Uhr
Die Gegner der Juraleitung P53 errichten ein Protestcamp

Er hält sich gerne im Hintergrund, ist belesen und bildet sich seine eigene Meinung: Auch Ludwig Hochreiter aus Pollanten kam am Samstagabend wie rund 300 Frauen, Männer und Kinder zur Protestaktion gegen die anvisierte Ersatzleitung der Stromtrasse P 53 nach Wallnsdorf. "I bin auch gegen diese Monstertrasse", sagt er. "Denn es wird in unserer Region reichlich Strom erzeugt mit Windkraft und Photovoltaikanlagen." Was fehle, seien regionale Speichermöglichkeiten.

Die Gegner der Juraleitung P53 errichten ein Protestcamp

© NN-Infografik

Von PV-Anlagen in Nordafrika und Wasserstoffgewinnung hält Hochreiter wenig: "Des kommt noch lange net." Kurzfristige Lösungen würden sich anbieten, wenn zum Beispiel das Pumpspeicherwerk in Happburg in Betrieb genommen würde.

Hochreiter hat da aber an eine vielversprechende Lösung gedacht: der RMD-Kanal als Stromspeicher. Man könne große Mengen an Wasser mit überflüssigem Strom aus Windrädern oder PV-Anlagen bis zur Scheitelhöhe des Kanals hochpumpen und dann bei Bedarf das angestaute Wasser zurückfließen lassen und mit einer Art "Gezeitenkraftwerk" wieder in Strom umwandeln. "Die Politik hat da aber kein Interesse", sagt er.

15 Bürgerinitiativen errichten Camp

Die Bürgerinitiativen Winterzhofen und Wallnsdorf/Schweigersdorf und das Orga-Team um der Winterzhofener BI-Sprecherin Micha Wild hatten zu dieser Aktion die 15 Bürgerinitiativen aus dem Landkreis und weitere aus der fränkischen Region eingeladen.

Rein optisch kündigen sich "härtere" Maßnahmen der Trassengegner an: Es wurde eine kleine Zeltstadt aufgebaut, die an den Hambacher Forst oder an Wackersdorf erinnerte.

 

 

Diese diente allerdings nur dafür, sagte Micha Wild, dass man sich an mehreren Lagerfeuern am späten Abend wärmen und anschließend bis zum Morgengrauen ganz friedlich übernachten könne. Für Verpflegung war auch gesorgt.

"Wir Bürgerinitiativen lehnen diesen Trassenbau komplett ab"

Das Statement der rührigen BI- Sprecherin wurde durch viel Beifall mehrmals unterbrochen: "Wir sind gegen den geplanten Ersatzneubau der 380 kV Juraleitung P 53. Wir Bürgerinitiativen lehnen diesen Trassenbau komplett ab." Es dürfe auch kein Verschieben der geplanten Trasse nach Sankt-Florians-Prinzip geben.

Außerdem sei man gegen die geplante Leitungs-Verstärkung auf eine elffache Leistung der bestehenden 220 kV-Leitung, die noch mindestens zehn Jahre halten könne. Ebenfalls abgelehnt werde von den BIs die in Erwägung gezogene Erdverkabelung, egal ob in Teilstücken oder auch komplett.

"Wir brauchen klimaneutrale Techniken"

Es dürfe keine Finanzierung unnötiger Monstertrassen über Stromkosten jedes einzelnen Bürgers geben, keine Bevorteilung von Großkonzernen und Lobbyisten und auch keine Gesetze, die Bürgerrechte beschneiden. "Was wir brauchen? Eine Politik, die die Einhaltung der Klimaziele ernst nimmt und eine moderne erneuerbare und klimaneutrale Techniken."

Wild forderte den Ausbau dezentraler Netze und Stromspeichern sowie eine dezentrale intelligente Stromverteilung. Außerdem: "Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, den Strom, der in der Gemeinde aus erneuerbarer Energie erzeugt wird, auch vor Ort zu verbrauchen."

Berchings Stadtrat einstimmig gegen P53

Bürgermeister Ludwig Eisenreich berichtete, dass sich der Stadtrat einstimmig gegen die Ersatzleitung der P 53 ausgesprochen habe. Berching sei mit zehn Windkraftanlagen und vielen kleineren und auch großen PV-Anlagen ausgestattet. "In Bezug auf Strom sind wir autark. Wenn auch nur rein rechnerisch." Was fehle, seien Stromspeicher.

MdL Tobias Gotthardt (FW) sieht die Verantwortung bei Bundesregierung und Bundestag, die den Ersatzneubau beschlossen hätten. Berching und Mühlhausen hätten in Bezug auf erneuerbare Energie bereits ihre Hausaufgaben gemacht.

Die stellvertretende Landrätin Susanne Hierl sagte kurz und bündig, dass nicht nur Gemeinden, Landkreise und Bürgerinitiativen, sondern sich jeder einzelne selbst mit der Thematik regenerative Energieformen und natürlich auch mit der Notwendigkeit des Netzausbaus befassen müsse.

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