Flächenfraß brennt auf den Nägeln

12.11.2019, 10:52 Uhr
Flächenfraß brennt auf den Nägeln

© Foto: Helmut Sturm

Abt Beda Sonnenberg gab einen kurzen Einblick in "Gespräche, die Mönche führen, wenn sie mit dem Auto unterwegs sind". Unter anderem sprechen sie darüber, ob es so weitergehen kann mit dem Verbrauch wertvollen Bodens beim Passieren von Industriebrachen, wenn sie mehr und mehr ungenutzte Gebäude sehen und an großen Hallen vorbeifahren. "Wer wird darin in zehn Jahren arbeiten?"

Zwischen Obergrenzen und Richtgrößen – Wege zum Flächensparen" hieß das Thema des 23. Plankstettener Gesprächs. Professor Manfred Miosga, Präsident der bayerischen Akademie ländlicher Raum und Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsgeographie an der Uni Bayreuth, fragte zum Beginn: "Gibt es eine Begründung für eine Gesellschaft, die schrumpft, immer neue Flächen zu verbrauchen? Bewerten wir den Wert von Flächen für die Zukunft richtig oder ist uns längst die existenzielle Bedeutung und Sensibilität dafür abhanden gekommen? Ist wirtschaftlichem Wachstum in Boomzeiten wirklich alles andere unterzuordnen?"

Der jüngste Regierungswechsel in Bayern habe sich positiv ausgewirkt, auch wenn der Richtwert des Verbrauchs von fünf Hektar pro Tag noch in weiter Ferne liege. "Die Bürger sind über die sichtbaren Veränderungen ihres Lebensraumes in Sorge. Zu dem ungehemmten Neuverbrauch von Flächen kommen die sicht- und spürbaren Auswirkungen eines sich verändernden Klimas."

"Nicht der richtige Weg"

Immer mehr Menschen werde bewusst, sagte Miosga, dass Freiflächen und landwirtschaftliche Flächen zur Trinkwasser- und Lebensmittelerzeugung unabdingbar seien.

Im Dialog mit Wissenschaftlern, Verbandsvertretern und Politikern hat er eine integrierte Handlungsstrategie zum Flächensparen entwickelt. Die rechtlichen Instrumente der Innenentwicklung von Kommunen müssten geschärft werden, deren Finanzausstattung müsse anderen Werten zugrunde gelegt werden und um eine Zuweisung von Richtwerten und verbindlichen Obergrenzen werde man zukünftig nicht herumkommen, so Miosga. "Es kann langfristig nicht der richtige Weg sein, wenn ein Ort mehr als zehn Prozent an Einwohnern verliert und trotzdem ein Wachstum von 80 Prozent an Gewerbeflächen aufweist."

Als einen größten Verschwender von Flächen machte Miosga den Haus- und Wohnungsbau aus. Es gebe zu wenig Effizienz im ländlichen Raum und komplett fehlende Angebote für Menschen nach der Schule und vor der Etablierung.

Der Altbürgermeister von Krumbach in Vorarlberg, Arnold Hirschbühl, ging besonders auf das Instrument der Innenentwicklung beim Flächensparen ein. Innenentwicklung sei für ihn nicht nur ein Schlagwort. Qualitätvolle Architektur, sozialer Wohnungsbau, ein verdichtetes Bauen im Ortskern und eine hohe Akzeptanz der Maßnahmen durch eine ehrliche Bürgerbeteiligung führten seine Gemeinde zum Erfolg.

Renaissance des Holzbaus

Wichtige Einrichtungen wie ein Gemeindehaus, ein Gemeindesaal, eine Postfiliale, Pfarrhaus, Bibliothek, Schule, Kindergarten, einem Lebensmittelgeschäft, Café, Bank, Frisör, Vereinsräumlichkeiten und Generationswohnungen erfüllten einen Ortskern mit neuem Leben und machten aus ihm ein Kommunikationszentrum, in dem die Menschen gerne lebten.

Dazu gehöre auch eine breit aufgestellte Gastronomie und weniger bewirtschaftete Vereinsheime.

Wichtig sei, so Arnold Hirschbühl, dass die Gemeinden und Städte mit gutem Beispiel vorangehen. So kam es auch zur Renaissance des Holzbaus. Der nachwachsende Rohstoff Holz wurde wiederentdeckt zur Konstruktion, Außen- und Innenverkleidung und als Heizmaterial. Die Energieversorgung mit Sonnenenergie ergänze die Veränderungen im Denken der Bürger ebenso wie eine generelle regionale Wertschätzung.

Was in beiden Vorträgen nicht so deutlich herüberkam, war das "wirkliche Geheimnisse des Miteinander-Lebens". In der Konzentration der Vorträge und an den Beispielen wurde aber deutlich, dass es an der Zeit ist, diese Erkenntnisse umzusetzen. Im Anschluss an die beiden Vorträge gab es eine offene Gesprächsrunde zwischen den Referenten und dem Fachpublikum.

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