Für die Natur ist Zerstörung ein Neubeginn

1.9.2011, 10:10 Uhr
Für die Natur ist Zerstörung ein Neubeginn

© Müller

„Für die Natur ist Zerstörung auch Neubeginn“, stellte Georg Knipfer vom Landesbund für Vogelschutz bei einem ersten intensiven Gespräch gestern im Kleblverwaltungsgebäude in Lähr fest. Eingeladen hatte Werner Thumann, der Geschäftsführer des LPV.

Für die Natur ist Zerstörung ein Neubeginn

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Dieser Satz zeigte aber auch, dass die einmal verhärteten Fronten zwischen den Nutzern der Sandvorkommen und Landschaftpflegern nicht mehr so existieren. Auch mit den Stadtwerken und dem Wasserwirtschaftsamt haben die Unternehmer mittlerweile ihren Frieden gemacht.

Viele kleine Flächen

Bisher schon kümmert sich der LPV um viele kleine Flächen, die entweder vom Abbau ausgenommen wurden oder bereits ausgebeutet sind. Doch Ziel des Projekts, an das nun auch Klebl und später auch noch andere Firmen aus der Abbaubranche eingebunden werden sollen, ist ein Sandbiotop-Verbund in den Lebensräumen der Sanddünen südöstlich von Neumarkt.

Agnes Hofmann vom LPV ist überzeugt, dass gerade die ausgedehnten Sandgruben mit Rand- und Übergangsbereichen in dem angestrebten Biotopverbund eine wichtige Funktion einnähmen.

Er wurde „umgedreht“

Werner Thumann erinnerte kurz an die Zeit, als LPV und Egner erstmals zusammen kamen. Die Firmenleitung hatte sich damals über Thumann geärgert, weil der draußen in den Gemeinden geraten hatte, bei Pflasterarbeiten Naturstein zu verwenden. Er wurde sozusagen „umgedreht“ und outete sich gestern geradezu als Fan von Beton-Kunststeinen. Die von Egner entwickelte ökologische Variante wird inzwischen weltweit in Lizenz produziert.

Im Vorfeld des Gesprächs hatte Georg Knipfer im Auftrag des LPV sich in einigen der aufgegebenen Sandgruben westlich der B8 sowie südlich und südöstlich von Lähr umgesehen und war dabei auf eine ganze Reihe von Pflanzen und Tieren gestoßen, die nur in solchen eher kargen Lebensräumen existieren können.

Gerade die noch offenen sandigen Böschungen und nach dem trockenheitsresistenten Silbergras benannten Fluren stellten Biotope dar mit bayernweiter Bedeutung Ein typisches Tier dieser Landschaft ist die Blauflügelige Ödlandschrecke.

Bei Untersuchungen der Sanddünen im nicht weit entfernten Sulztal wurden laut Knipfer 983 Tier- und Pflanzenarten entdeckt, davon 270, die auf der Roten Liste Bayern stehen. Die Palette reicht von 66 Arten Tagfalter, über 444 Nachtfalter bis zu seltenen Hautflüglern und Lurchen.

Georg Knipfer geriet nachgerade ins Schwärmen: „Wir haben die Lüneburger Heide vor der Haustür und ein paar Meter weiter die Magerrasenflächen des Jura. Die Vielfalt, die sie beherbergen, ist unglaublich.“

Werner Klebl sagte in dem Gespräch seine Unterstützung zu. Spannend sei es gewesen, was er da erfahren habe und er habe auch einige Vorstellungen über Bord werfen müssen. Dass die früher praktizierte Rekultivierung aufgelassener Gruben, die bis ins Detail vorschrieb, was dort aufgefüllt werden dürfe, und wie viele von dieser und jener Baumsorte wo gepflanzt werden müsse, der falsche Weg war, sei ihm klar. Dass es aber auch nicht im Sinn des Naturschutzes sei, der Natur freien Lauf zu lassen, das war ihm neu.

Georg Knipfer erklärte, dass für ihn auch die bereits verfüllten Bereiche interessant seien. Sie müssten von Pflanzen wie dem Riesenbärenklau befreit werden, die dort nicht hingehörten, dann werde sich auch dort eine eigene Flora und Fauna entwickeln

Freiwilliger Verzicht

Da die Sand abbauenden Betriebe in der jüngeren Vergangenheit freiwillig darauf verzichtet hatten, bis an die Grenze des Erlaubten zu gehen, können ausgebeutete Gruben ohne weitere Abdeckung sich zunächst weitgehend selbst überlassen bleiben. Freilich würden sie sich über kurz oder lang in einen Kiefernwald verwandeln. Das soll zumindest in Teilbereichen über der Biotop-Projekt verhindert werden.

Bei einer kurzen Exkursion in eine stillgelegte Grube unweit des Geländes des Schäferhundevereins Neumarkt erklärten Knipfer und Agnes Hofmann, was ihnen so an Maßnahmen vorschwebten.

Vögel und Wind haben dort bereits dafür gesorgt, dass sich Kiefern angesiedelt haben. Im vorderen Bereich ist der Bestand noch licht, im hinteren, wo offenbar humushaltiges Erdreich abgelagert wurde, dichter. Dort haben auch schon andere Pflanzen Fuß gefasst, die es etwas feuchter mögen.

Verschiedene Zonen

Ziel der Landschaftspflege könnte die Schaffung verschiedener Zonen sein: Der weiteren Ausdehnung des dichteren Bewuchses Einhalt gebieten, den dünnen Föhrenbestand so erhalten, wie er ist und die Böschungen weitgehend frei halten von Bäumen, um den lockeren Sandboden für die Tiere zu bewahren, die auf ihn angewiesen sind. Für das Auge vertrüge die viereckige Grube auch etwas Modellierung.

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