Zu Fuß von Hamburg nach Pilsach

Hündin Lotte öffnet Globetrotter "Mütze" Herzen und Türen

24.7.2021, 08:08 Uhr
"Mütze on Tour“: Karsten Rinck aus Steinkirchen bei Hamburg läuft fünf Jahre durch Europa. Nun legt er einen fünftägigen Zwischenstopp bei seinen Schützenfreunden in Pilsach ein.

© Nicolas Damm, NN "Mütze on Tour“: Karsten Rinck aus Steinkirchen bei Hamburg läuft fünf Jahre durch Europa. Nun legt er einen fünftägigen Zwischenstopp bei seinen Schützenfreunden in Pilsach ein.

"Mein Ziel ist Europa", sagt der 40-jährige Niedersachse, nachdem er sich in der NN-Geschäftsstelle etwas frisch gemacht. Er hat sich vorgenommen, fünf Jahre auf Schusters Rappen den Kontinent zu erkunden. Die ersten zwölf Wochen hat er nun hinter sich. Der Anfang ist gemacht.

Jeder Tag ist ein neues Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Und erste elementare Erkenntnisse hat "Mütze" auch schon gewonnen: "Einfach Wahnsinn, mit wie wenig ein Mensch auskommen kann."

Eigene Kfz-Werkstatt aufgegeben

Nach der Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker - als er immer eine Schirmmütze trug und so zu seinem Spitznamen kam - macht Karsten Rinck den Meister und übernimmt die Werkstatt seines Vaters. "Doch im Laufe der Zeit habe ich bemerkt, dass das alles im Grunde nicht meine Welt ist." Irgendwann macht "Mütze" dann ernst: Er schmiedet seine eigenen Pläne, die nichts mit den Erwartungen seiner Familie zu tun haben. Und haut ab.

Die liebe Lotte leistet "Mütze" nicht nur Gesellschaft, sondern erleichtert ihm auch den ersten Kontakt zu den Menschen.

Die liebe Lotte leistet "Mütze" nicht nur Gesellschaft, sondern erleichtert ihm auch den ersten Kontakt zu den Menschen. © Nicolas Damm, NN

Ganz ohne Vorbereitung geht es aber doch nicht. Die "Generalprobe" für den großen Europa-Trip bestehen seine Füße aber mit Bravour. Im Jahr 2020 läuft Rinck 740 Kilometer in 29 Etappen: von der Elbe bis nach Pilsach.

Schützenfreunde in Pilsach

Ihn zieht es in die Oberpfalz, denn sein Verein, die Schützengilde Steinkirchen, pflegt seit langer Zeit schon eine Freundschaft mit dem Schützenverein Ottoburg Pilsach. Die Verbindung rührt noch aus dem Zweiten Weltkrieg, als Kinder aus dem Raum Hamburg wegen der Luftangriffe nach Neumarkt "verschickt" wurde.

Auf diese Weise hat Ottoburg-Ehrenmitglied Jens Hansen in Pilsach eine zweite Heimat gefunden. Er wohnt zwar heute wieder im Norden, in einem Nachbarort von Steinkirchen, pflegt aber noch engen Kontakt zu seinen Schützenbrüdern im Süden.

Während er im vergangenen Sommer noch den direkten Weg nach Pilsach genommen hat, mäandert "Mütze" diesmal durch die Republik. Denn der Weg ist das Ziel. Erst zieht er gen Osten, hinter dem Erzgebirge wartet ein Abstecher nach Tschechien, dann überquert er bei Bodenmais erneut die Grenze.

Und immer an seiner Seite seine Hündin Lotte, die treue Weggefährtin. Die aber nicht immer laufen muss, sondern auch oben in Rincks Handwagen Platz nehmen darf, von wo sie die schöne Aussicht genießt.

Nicht nur, dass Lotte die Einsamkeit des Langstreckenläufers lindert. Der Vierbeiner öffnet mit ihrer lieben Art auch die Herzen der Zweibeiner entlang des Weges, und nicht selten auch die Türen. "Mütze" hat zwar auch ein Zelt dabei, eben erst hat er auf dem Fußballplatz des ASV Sengenthal übernachtet. Aber er schläft, wenn er das Angebot bekommt, auch gerne unter einem festen Dach. "Mal in einer Scheune, mal in einem Keller", erzählt er. "In Niederbayern sogar mal auf'm Tanzsaal eines Wirtshauses."

In den Sonnenuntergang

Fünf Tage Pause macht der Globetrotter jetzt erst einmal. "Mütze" ist mit seinem Online-Tagebuch im Rückstand, den möchte er in Pilsach wieder aufholen. Natürlich braucht er für seine Europareise zumindest ein bisschen Geld, er finanziert sie mit Werbung regionaler Firmen auf seinen Seiten "Mütze on tour" - auf Facebook und Instagram. Da postet er seine Erlebnisse. Das letzte, am alten Ludwigskanal zwischen Beilngries und Neumarkt, war weniger angenehm: "Mein erster Bruch am Wagen."

Nürnberg, Bamberg, Benelux-Staaten lauten die nächsten Ziele der minimalistischen Rundreise. Dann weiter nach Westen, vielleicht nach England, falls die Einreise mit Hund nicht allzu kompliziert wird. Bleibt zu wünschen, dass "Mütze" weiterhin von krassen Unwettern verschont bleibt. Und dass er bei sich ankommt; denn das ist ja das eigentliche Ziel seines langen Marsches.

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