In der Bar ging es richtig rund

30.9.2019, 08:50 Uhr
In der Bar ging es richtig rund

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Mit Richter Rainer Würths Urteil am Amtsgericht dürfte die Sache für den jungen Mann nicht ausgestanden sein. Ihn erwarten dienstrechtliche Konsequenzen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft war heftig. Am 30. Juni um 3 Uhr morgens habe der Angeklagte einen Bekannten mit einem ansatzlosen Faustschlag ins Gesicht niedergestreckt. Drei Mal habe er daraufhin den Kopf des Opfers mit Wucht auf den Boden geschlagen, bis dem die Sinne schwanden. Die Folgen waren eine Gehirnerschütterung, ein gebrochenes Nasenbein, schmerzhafte Prellung am Kopf und ein Zahn, der nur noch am Nerv hing.

Rechtsanwalt Ingo Schmitt-Reinholtz, der die Pflichtverteidigung übernommen hatte, präsentierte eine in entscheidenden Punkten abweichende Darstellung der verhängnisvollen Nacht.

Sein Mandant habe zusammen mit Freunden in einer Neumarkter Diskothek gefeiert, dann steuerte die Gruppe eine Bar an, wo sie auf einen Cousin des jungen Mannes stießen, der später die Prügel bezog, weil er sich in die Streiterei einmischte.

Erst geschubst, dann gerauft

Aus einer Schubserei habe sich dann die erwähnte Rauferei entwickelt. Sein Mandant habe sich nur verteidigen wollen. An die angeblichen Schläge auf den Kopf des am Boden liegenden 20-Jährigen oder dass er dessen Kopf auf den Boden geknallt habe, könne er sich nicht erinnern. Aus der Entfernung habe er wenig später, durch einen Schrei aufmerksam geworden, mit angesehen, wie der andere bewusstlos umgekippt sei.

Doch der 20-Jährige hatte als Zeuge der Anklage einen Ausschnitt aus den Video-Aufzeichnungen dabei, die von der Überwachungskamera der Bar stammten. Die waren geeignet, etwaige Erinnerungslücken zu schließen. Deutlich war darauf zu sehen, wie der Angeklagte brutal auf seinen Gegner los ging, als der schon am Boden lag.

Das Geschehen war so auch einem Polizeibeamten geschildert worden, der mit Kollegen vor Ort eintraf, als das Opfer der Schlägerei schon im Sanka verarztet wurde. Da schien es Richter Rainer Würth doch der richtige Zeitpunkt, den Verteidiger und die Staatsanwältin zu einem Sechsaugen-Gespräch zu bitten. Denn die Verteidigungsstrategie war durch das Video in einem wichtigen Detail ins Wanken geraten.

Das Ergebnis war die Einstellung des Verfahrens, soweit es den Faustschlag betraf. Denn da war eine voraus gegangene Provokation wahrscheinlich und eine gewisse Notwehr-Situation nicht auszuschließen. Blieb also noch die Szene mit den Schlägen auf den am Boden Liegenden. Die fünf Zeugen, die der Angeklagte zu seiner Entlastung mitgebracht hatte, mussten nicht mehr aussagen.

Die Staatsanwältin wertete das späte Geständnis zu Gunsten des Angeklagten und nahm ihm auch ab, dass er sich provoziert gefühlt habe. Sie forderte zehn Monate Haft, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden könnten.

Sein Mandant habe sich in der Rolle des Angegriffenen gesehen, argumentierte Ingo Schmitt-Reinholtz. Die Drohungen, ihn abzustechen, hätten ihn in Wallung gebracht. Doch er gebe zu, dass sein Verhalten nach dem Faustschlag nicht mehr von dem Begriff Notwehr gedeckt werde. "Er hat Grenzen überschritten, der Alkohol hat ihn enthemmt."

Entschuldigung zum Schluss

Wegen der zu erwartenden Konsequenzen von Seiten das Arbeitgebers dürfte, so der Anwalt, eine sechsmonatige Haftstrafe auf Bewährung genügen. Der 23-Jährige gab im Schlusswort zu erkennen, dass er verstanden hat. Er habe nichts gegen den Jüngeren gehabt. Dass er überzogen reagiert habe, tue ihm leid.

Richter Rainer Würth ging davon aus, dass die Streiterei nicht nur vom Angeklagten ausgegangen war. Er verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von acht Monaten auf drei Jahre Bewährung und einer Geldauflage von 2500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung.

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