Judo-Naturtalent aus dem Moor

15.3.2012, 10:20 Uhr

James Bond hat ihn drauf, und auch eine zünftige Western-Schlägerei kommt selten ohne ihn aus: Der „Ippon-Seoi-nage“ hat es Konstantin Niedermeier angetan. Mit dem spektakulären Schulterwurf hat der 14-jährige Grüngurt aus Deusmauer schon so manchem seiner Kämpfe ein frühes Ende bereitet.

Blitzschnell löst er seine linke Hand aus dem Griff des Gegners, fasst unter dessen rechten Achsel durch, klemmt den Oberarm ein, taucht selbst ab und dreht seinen Körper in den Mann. Dann nur noch den Hintern raus, den Kontrahenten auf den Rücken laden und den Kopf runter: Und schon segelt dieser formvollendet über die Schulter und landet krachend auf dem Rücken.

So schön kann Judo sein – es ist aber weit mehr als nur die schönen Luftnummern (siehe den Artikel unten). Auch im Wettkampf: Neben Technik und Reaktionsvermögen ist hier auch im großem Maße Taktik gefragt. Denn da kann der Spezialwurf noch so gut einstudiert sein: Die Spitzenleute kennen sich aus dem Effeff und warten nur darauf, dich auszukontern.

So war es auch bei der Süddeutschen U17-Einzelmeisterschaft in Kirchheim (Baden-Württemberg). „Zweimal hat Konstantin den Seoi-nage rechts angesetzt, doch der Gegner hat ihn abgewehrt“, erzählt Stiefvater Michael Brunkhorst. Also versuchte es Konstantin beim dritten Mal linksherum – und war eine Runde weiter.

Der amtierende Oberpfalzmeister - bei der Bayerischen lief es mit Rang fünf nicht so gut – kam ganz zufällig zum Judo. Damals wohnte er mit seiner Familie – Mutter, Stiefvater und fünf Geschwister – noch in Dachau und spielte eigentlich Handball. Ein Freund nahm ihn dann einmal zum Judo mit. Und wie es halt so kommt: „Bei ihm wurde das Talent entdeckt, der Kumpel hat wieder aufgehört“, sagt Mutter Martina.

Auf Sportschule in Nürnberg

Doch schon nach wenigen Jahren müssen die Judoka des TSV Dachau das Naturtalent wieder ziehen lassen. Der Stiefvater nimmt eine Stelle in Nürnberg an, die Familie sucht und findet eine Bleibe in der Nähe, aber auf dem Land: erst in Lauterhofen, vor drei Jahren dann im Tal der Schwarzen Laber, im Deusmaurer Moor.

Eine neue sportliche Heimat findet Konstantin in der Judo-Abteilung des ASV Neumarkt. Dort nimmt ihn Trainer Dominik Chemnitz, ein großer Freund der Wurftechniken, unter seine Fittiche und formt ihn für den Wettkampf.

Chemnitz ist es auch, der die Eltern auf das Sportgymnasium an der Bertold-Brecht-Schule (BBS) in Nürnberg aufmerksam macht. Nach einer Sichtung gab Judo-Landestrainer Jan Schmid grünes Licht: Konstantin wird aufgenommen und sitzt nun mit 14 weiteren sportverrückten Talenten einer Klasse. „Die meisten sind Fußballer“, sagt er. Aber auch Hockey- und Tennisspieler sowie ein Berchinger aus der Badminton-Talentschmiede des TSV Freystadt drücken mit ihm die Schulbank.

Als dann Judo-Coach Chemnitz beim ASV seinen Abschied nimmt und dort der Wettkampfbereich zusammenbricht, wechselt Konstantin zum renommierten Judo & Karate Club (JKC) Kümmersbruck. „Es war eine Entscheidung aus freien Stücken, er wurde nicht abgeworben“, betont Michael Brunkhorst. „Es gab beim ASV einfach keinen mehr in seiner Gewichtsklasse oder ein wenig darüber, der mit ihm mithalten konnte.“

Spätestens seitdem es neben Schule mit den zusätzlichen Sportstunden und dem Kadertraining am Bezirksstützpunkt in Altdorf auch noch zwei Abende pro Woche ins 40 Minuten entfernte Kümmersbruck geht, bestimmt Konstantins Hobby den gesamten Familienkalender.

Voller Terminkalender

Der Stiefvater ist sein „Chauffeur“ zur Schule, zum Dojo, zu den Turnieren und Sichtungen an den Wochenenden. An jedem Schultag steht Konstantin um 6 Uhr auf, an zwei Tagen kommt er erst um 22 Uhr nach Hause. Dem nicht genug, stehen in den Ferien nicht selten auch noch Pflichtlehrgänge an. Viel Freizeit bleibt da nicht, sagt Martina Brunkhorst-Niedermeier. Die Mutter fährt selbst lieber nicht mit zu den Wettkämpfen ihres Sohnes: „Am Mattenrand würde ich ihn nur nervös machen. Ich begnüge mich dann eben mit den Berichten übers Handy.“

Zumindest beim letzten Mal, bei der Süddeutschen Meisterschaft hat sie etwas verpasst: „Da hat Konstantin sein Potenzial abgerufen“, sagt ihr Mann. Eigentlich hatte sich das junge Judotalent mit der Silbermedaille bei der Süddeutschen auch für die deutschen Einzelmeisterschaften in Neuhof (Hessen) qualifiziert.

Nur: Die Klasse bis 40 Kilogramm, in der er seit Jahresbeginn bei der U17 startet, gibt es bei der DM gar nicht. Dort geht es erst mit der Konkurrenz bis 43 Kilo los. „Nächstes Jahr dann, vielleicht“, murmelt der schmächtige Bub, der auf der Matte doch so kräftig zupacken kann.

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