Jura-Volksfest: OB Thumann fahndet nach den Verrätern

7.12.2018, 20:24 Uhr
Jura-Volksfest: OB Thumann fahndet nach den Verrätern

© Foto: Distler

Als einziges Neumarkter Medium hatten die NN in der vergangenen Woche über die nichtöffentliche Sitzung berichtet, bei der der Stadtrat per 19:17-Kampfabstimmung zugunsten des bisherigen Festwirtes Albert Zollbrecht votiert hatte. Sein Mitbewerber Marco Härteis unterlag, obwohl er sich mit einem günstigeren Bierpreis und einer um rund 25 000 Euro höheren Pacht pro Jahr beworben hatte. Dem knappen Votum war eine hitzige, zweistündige Debatte über die Bewertung der beiden Bewerbungen vorausgegangen.

OB Thumann möchte nun gegen die NN-Informanten im Stadtrat per Ordnungsgeld vorgehen. Das Stadtoberhaupt hat der Redaktion eine Frist bis zum 7. Dezember gesetzt und von ihr verlangt, ihm die Namen der Stadträte mitzuteilen. Mindestens drei Mandatsträger hätten "ungeniert und vorsätzlich ihre gesetzliche Verschwiegensheitspflicht missachtet", sich aber "aus Feigheit dann nicht namentlich zitieren lassen", schreibt der OB an die Neumarkter Nachrichten.

Geheimer Sitzungstermin

Der Rathauschef beruft sich auf Artikel 20 der Bayerischen Gemeindeordnung, wonach die Weitergabe von Inhalten aus nichtöffentlichen Sitzungen rechtswidrig sei. Die Redaktion der NN kommt dem Wunsch des OB nicht nach, weil "wir presserechtlich gehalten sind, unsererseits den Informantenschutz zu gewährleisten", heißt es im Antwortschreiben.

Das Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten ist moralisch-berufsethisch und rechtlich in Deutschland ein hohes Gut. Es leitet sich aus der Pressefreiheit nach dem Grundgesetz ab und ist unter anderem im Pressekodex und in der Strafprozessordnung verankert. Diesen umfassenden Informantenschutz räumen die NN auch den Quellen ein, die nun über eine nichtöffentliche Sitzung des beratenden Stadtrats-Festausschusses im Vorfeld der turbulenten Stadtratssitzung berichten. Schon die Umstände und der Ort dieser Sitzung sind pikant: Der Festausschuss hat am Montag, 19. November, praktisch unter konspirativen Bedingungen getagt.

Diese Sitzung gab es eigentlich nicht: Der Termin ist im Internet-Ratsinformationssystem der Stadt Neumarkt für Normalbürger unsichtbar; lediglich Stadträte mit Sonderzugang können den Termin zwar sehen, finden aber keinerlei verlinkte Sitzungsunterlagen zu den nichtöffentlichen Tagungspunkten. Dem Festausschuss gehören neben dem OB je drei Stadträte der UPW und der CSU sowie ein Mandatsträger der SPD an. Nach NN-Informationen hat OB Thumann in der Sitzung erkennen lassen, dass in Sachen Festwirt bereits alles gelaufen war: Einem — später im Stadtrat äußerst umstrittenen — Bewertungskatalog des Verwaltungssenats von 2010 zufolge habe Zollbrecht die höhere Punktzahl als Härteis, hat der OB laut NN-Informant erklärt.

"Man hat gesehen, woher die Punkte kommen, Albert Zollbrecht hat das Volksfest in 34 Jahren in einer guten Form entwickelt, er hat eine gute Arbeit geleistet. Was sollte man daran ändern?", erklärte ein Teilnehmer an der nichtöffentlichen Sitzung. Der Volksfestreferent im Stadtrat, Richard Graf (CSU), wollte sich auf NN–Anfrage allerdings nicht zu der Festausschusssitzung und der Vergabe mit dem Hinweis auf die Nichtöffentlichkeit äußern.

Pikant auch der Tagungsort: Der Festausschuss des Stadtrates kam ausgerechnet im Hotel "Schönblick" von Albert Zollbrecht in Höhenberg zusammen, wo das Gremium schon öfter getagt hat. Der alte und neue Festwirt hat nach NN-Informationen an der Festausschusssitzung nicht teilgenommen. Die Mitglieder waren aber von dem Gastronomen zu einem "sehr leckeren" und fünfgängigen "Jahresabschlussessen" eingeladen. Ein Teilnehmer fand das "unverfänglich": "Ich würde mich auch durch eine Einladung zum Essen nie korrumpieren lassen."

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