Freystadt: Ziegenwirtin ist "Unternehmerin des Jahres"

20.10.2019, 10:09 Uhr
Freystadt: Ziegenwirtin ist

© Foto: André De Geare

Jetzt, am Vormittag, geht es noch ruhig zu auf dem Hof, die Busse kommen meist erst am Nachmittag. Längst hat Maria Deß alles vorbereitet, in ihrer Profi-Küche die Kuchen gebacken – bis zu acht in der Stunde – und in ihrem Ziegenhof-Café die Tische eingedeckt. Rund 100 Gäste haben hier Platz, die sie in ein paar Stunden mit ihrer Steirischen und fröhlichen Gstanzln begrüßen wird. Ihr Mann Günter wird den Leuten erst den Betrieb zeigen und alles erklären, dann gibt es Kaffee und Kuchen und noch mehr Gesang.

Das kommt offenbar gut an, der Betrieb brummt. Zwischen März und Oktober ist die Hauptsaison, dann kommen die Busse – bis zu 14 pro Woche, das war Rekord, normal sind es fünf bis acht. Da kommt Maria Deß schon mal ins Schwitzen, "aber Organisation ist alles", sagt sie, da habe sie Talent – und Ausdauer: "Mir pressiert es immer, der Tag hat zu wenig Stunden." Der Ziegenhof wird auch gern für Familienfeiern – zum Beispiel Geburtstage oder Brautentführungen – gebucht. Auch Schulklassen kommen auf den Erlebnisbauernhof, der nach den Richtlinien von Biokreis wirtschaftet. "Damit die Kinder den Wert der Arbeit von Landwirten erkennen", sagt Maria Deß.

Das alles hat der geschäftstüchtigen, singenden Ziegenbäuerin eine große Popularität eingebracht. Sie war schon oft im Fernsehen und im Radio, sie braucht keine Werbung mehr. "Bei mir ist die Musik die Werbung", sagt sie lachend, "und die Gäste erzählen natürlich auch weiter, dass es ihnen bei mir gefallen hat." Denn der Funke springt sofort über, wenn Maria zur Steirischen greift und ihre selbst gedichteten Lieder über ihr Leben als Ziegenbäuerin singt, über den Hof, die Ziegen, ihr Hobby Schafkopfen, ganz authentisch und natürlich kommt die 47-Jährige dann rüber. Man merkt ihr an, dass sie großen Spaß an ihrer Arbeit hat. "Ich möchte nix anderes mehr machen", sagt sie voller Überzeugung.

Freystadt: Ziegenwirtin ist

© Foto: André De Geare

Maria Deß ist in Berngau-Mittelricht auf einem Bauernhof aufgewachsen. Schon als Kind hat sie viel mitgearbeitet. Landwirtin wollte sie aber nicht werden, hat Bürokauffrau gelernt und als Sekretärin gearbeitet. Dann hat sie aber in eine ganz klassische Landwirtschaft eingeheiratet, ihr Mann Günter Deß stammt aus Möning. "Wir hatten Kühe im Anbindestall, aber das hatte keine Zukunft. Also mussten wir uns entscheiden, ob wir die Landwirtschaft ganz aufgeben oder damit was Neues anfangen", erinnert sich Maria Deß.

So entwickelte sich bei beiden die Idee mit der Ziegenhaltung. Im Jahr 2006 siedelte das Ehepaar mit seinem Ziegenstall aus nach Richthof. Um aus der Ziegenhaltung ein eigenes Unternehmen aufzubauen, begann sich Maria Deß weiterzubilden. Das Ziegenhof-Café wurde 2013 mit Blick in den Ziegenstall gebaut und ist jeden ersten Sonntag im Monat und darüber hinaus für die Veranstaltungen und Feiern geöffnet. Im Café oder im Sommer im Biergarten bietet Maria Deß neben regionalen Produkten Ziegenkäse und Ziegenwurst aus eigener Produktion an, zu Feiern bewirtet sie die Gäste natürlich auch mit Rinder- oder Schweinebraten.

Während die Besucher essen und der Musik lauschen, können sie die Ziegen nebenan im Stall durch Fenster beobachten. "Unsere Ziegen sind ganz ruhige Tiere und sie lassen sich auch gern streicheln", sagt Maria Deß. Rund 200 Exemplare der Rasse Bunte Deutsche Edelziege, darunter fünf Böcke, stehen im Stall oder grasen auf der Wiese hinter der Scheune, bewacht von Hund Hector, der Maria Deß aufs Wort gehorcht. Namen haben die Ziegen nicht, Deß kann sie trotzdem auseinanderhalten. Nur eine Ziege sticht aus der Herde heraus, ihr Fell ist nicht braun, sondern cremefarben. "Schneewittchen" hat sie Deß deshalb getauft.

"Ziegen sind doch viel hübscher als Schafe", findet die Ziegenwirtin. Und hygienischer als Kühe seien sie auch. Deß schreibt den Ziegen sogar eine heilsame Wirkung zu. "Ich war noch nie krank, seit ich die Ziegen habe", sagt sie. So mancher schwöre auch auf das Ziegenfett als Mittel gegen Neurodermitis oder Schuppenflechte. Gefüttert werden die Tiere überwiegend mit Gras, Getreide und Heu, das von den eigenen Wiesen und Feldern – rund 20 Hektar – kommt. Die Kitze, die ab Januar zur Welt kommen, werden größtenteils nach Frankreich verkauft, "in Deutschland ist dafür noch kein Markt", sagt Maria Deß. Zu Ostern bietet sie auf Bestellung Ziegenfleisch an. Zum Hof gehören auch ein paar Hühner, Tauben, Enten und ein Pfau.

Sohn als Nachfolger

Das alles macht viel Arbeit. Neben Ehemann Günter, der auch noch an zwei Tagen am Bauhof in Freystadt arbeitet, und einer Küchenhilfe packen die drei Kinder, die 21, 18 und 15 Jahre alten Söhne Andreas, Michael und Thomas mit an. Der Jüngste, Thomas, wolle den Hof später einmal übernehmen, freut sich Maria Deß, die natürlich noch lange nicht ans Aufhören denkt. "Seit wir das Café haben, blühe ich richtig auf", sagt die 47-Jährige. Ihre Leidenschaft wirkt ansteckend. Da ist es kein Wunder, wenn die Gäste nach einem Ausflug auf den Ziegenhof begeistert sind und gerne wiederkommen.

InfoKontakt: Ziegenhof Deß, Richthof 5, 92342 Freystadt, = (0 91 79) 9 05 92, E-Mail: ziegenhof.dess@gmx.de

Mir pressiert es immer, der Tag hat zu wenig Stunden.

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