Max Bögls „Betonbahn“ fährt seit 25 Jahren

29.1.2017, 10:41 Uhr
Max Bögls „Betonbahn“ fährt seit 25 Jahren

© Foto: Christoph Meier/Bögl

Das heute als private Anschlussbahn betriebene Gleis vom Bahnhof Neumarkt zum Bögl-Werk ist das knapp fünf Kilometer lange Reststück der früheren Nebenbahn Neumarkt-Beilngries. Diese verzweigte sich einst weiter nach Dietfurt und Eichstätt, außerdem gab es eine Stichbahn von Greißelbach nach Freystadt („Lerzerbahn“).

Ende der Achtziger aber kam das Ende der Beilngrieser Nebenbahn. Auslöser war der Bau des RMD-Kanals, wofür der Bahnhof Beilngries weichen musste. Nach Einstellung des Personenzugverkehrs 1987 folgte 1989 auch das Ende des Güterverkehrs im Sulztal, anschließend wurden die Gleise demontiert. Jedoch wurde nicht, wie ursprünglich von der damaligen Bundesbahn verfolgt, die gesamte Strecke bis Neumarkt abgebaut, sondern die Bahnlinie blieb vorerst bis Greißelbach liegen und wurde im Güterverkehr weiter bedient.

Der Grund dafür war, dass die Firma Max Bögl sozusagen in letzter Minute den Antrag für einen Gleisanschluss an die am Werk in unmittelbarer Nähe verlaufende Bahnstrecke gestellt hatte. Der Wille zur Erlangung eines Gleisanschlusses wurde zudem dadurch bekräftigt, dass man ab Ende 1988 die Brückenträger für einige Bauvorhaben am Bahnhof Greißelbach auf die Bahn verlud.

DB wollte Gleis schließen

Nachdem der Anschluss genehmigt war, wurde das Gleis von Greißelbach her bis vor die damalige unfallträchtige „Fischerhäusl-Kurve“ zurückgebaut. Nachdem diese Kurve im Zuge der B 299 entschärft war, konnte mit dem Bau des Gleises ins Werk begonnen werden. Die Kosten für den Bau des Gleisanschlusses musste Max Bögl tragen. Es entstand in diesem Zuge damals die nördliche Werkseinfahrt (Tor 3), wofür auch der Ludwigskanal gequert wurde.

Seit dem 31. Januar 1992 werden hier nun Güter auf der Schiene transportiert. Neben fast täglich angelieferten Stahlprofilen und -blechen wickelte Bögl später auch weitere Fertigteil-Transporte auf der Bahn ab. Zuvor hatte man diese meist sperrigen Fertigteile am Bahnhof Greißelbach verladen, nun konnten sie direkt am Lagerplatz auf die bereitgestellten Wagen gehievt werden.

Zu Beginn des neuen Jahrtausends nagte der Zahn der Zeit am einstigen Nebenbahngleis, das letztmals Anfang der 1960er Jahre mit erneuert worden war. Die schweren Frachten taten das ihre dazu. Eine größere Investition in die damals noch bahneigene Trasse wollte die DB aber nicht tätigen, sondern die Bedienung einstellen. Bögl wurde vor die Wahl gestellt, entweder den erst vor ein paar Jahren erlangten Gleisanschluss wieder zu verlieren oder das Gleis ab Neumarkt zu übernehmen.

„Tübbings“ für Tunnel

Das Unternehmen entschied sich letztlich für die Übernahme der Bahnstrecke, die zum 1. Januar 2005 erfolgte. Am gleichen Tag wurde die Lkw-Maut in Deutschland eingeführt. Diese führte auch bei Max Bögl dazu, dass so mancher Transport nun wirtschaftlicher mit der Bahn zu transportieren war. In den folgenden Jahren wurde dann der Oberbau der Bahnstrecke, also Gleise und Schotter, abschnittsweise und bis heute fast gänzlich erneuert.

So gab es in den Jahren ab 2005 dann massiv gestiegene Frachtmengen zu verzeichnen. Ende 2005 wurde deshalb wieder eine Rangierlok in Neumarkt stationiert. Anfänglich wurde eine mit drei Achsen eingesetzt, die aber schon bald durch eine stärkere, vierachsige Lok ersetzt wurde.

Max Bögls „Betonbahn“ fährt seit 25 Jahren

© Foto: Christoph Meier/Firmengruppe Max Bögl

„Tübbings“ (Betonsegmente für den Tunnelbau), Feste Fahrbahn, Brückenträger, Schwellen, Parkhaus-Elemente und sogar der komplette Rohbau für Fabrikhallen transportierte Bögl bisher mit der Bahn ab. Neben Zielen in Deutschland liefen in Sengenthal beladene Züge auch schon in die Schweiz, nach Italien, Rumänien und Polen an. Da die abgehenden Frachten meist Betonfertigteilprodukte sind, trägt die Bahnstrecke unter Eisenbahnfans heute den Spitznamen „Betonbahn“.

Aber es gibt auch per Bahn ankommende Frachten. Zum einen alle Arten von Stahl, zum anderen der benötigte Zements; zum Einsatz kommt hierzu eine Vielzahl an gelb lackierten Silocontainern. Aufgrund des ständig steigenden Transportvolumens wurden die Gleisanlagen immer wieder erweitert, die ursprüngliche Umsetzanlage vor dem Werk mit zwei kurzen Gleisen besteht heute aus drei langen Gleisen. Im Werk wurden zudem weitere Weichen und viele Meter Gleis verlegt, um weitere Ladestellen an das Gleis anzubinden.

Auch war es mit der Zeit notwendig, sich eine eigene Rangierlok zuzulegen, zunächst die zuvor im Bögl-Werk Gera eingesetzte zweiachsigen Kleinlok vom Typ V22. 2011 wurde dann eine dreiachsige, ehemalige DB- Lok vom Typ V60 erworben, so dass heute zwei Rangierloks gemeinsam die alltäglichen Aufgaben meistern.

Die Bedienfahrten zwischen Neumarkt und Werk werden zum größten Teil von der in Neumarkt stationierten, roten Rangierlok von DB Cargo durchgeführt. Aber auch die gelbe Max Bögl-Lok Baureihe V60 kommt immer wieder bis hinauf in den Bahnhof Neumarkt. So kann man sie immer samstags auf der Strecke erleben, wenn mit ihr der Tchibo-Containerzug, der im Werk in Sengenthal umgeschlagen wird, sozusagen auf der „letzten Meile“ befördert wird.

Wasag-Lok von 1941

Neben den beiden firmeneigenen Werkloks sind auch noch zwei historische Loks bei Max Bögl eingestellt, es sind dies die frühere Rangierlok der ehemaligen Sprengstoffwerke Wasag (Baujahr 1941) und die ehemalige Lok 2 der Firma GAP Pfleiderer (Baujahr 1958). Sie befinden sich in Privatbesitz und werden von den Eisenbahnfreunden Sulztalbahn für gelegentliche Ausfahrten auf der Strecke genutzt.

Max Bögls „Betonbahn“ fährt seit 25 Jahren

© Foto: Christoph Meier/Bögl

Auf der als reine Güterzugstrecke genutzten „Betonbahn“ gab es in den Jahren 2010 und 2013 Dampfsonderfahrten. Der Höhepunkt war hierbei das von Max Bögl in Zusammenarbeit mit den Eisenbahnfreunden Sulztalbahn ausgerichtete Jubiläum „125 Jahre Sulztalbahn“ mit Bahnhofsfest in Greißelbach, zu dem auch das Freystädter Bockerl (Dampflok 98 507) aus Ingolstadt vom Denkmalsockel geholt worden war. Voraussichtlich wird es auch heuer wieder Personenzugfahrten auf der Max Bögl-Strecke geben.

„Wir sind uns bewusst, dass wir mit der Abwicklung unserer vielfältigen Bauprojekte unsere Umwelt beeinflussen“, sagt Konzernsprecher Jügren Kotzbauer. „Aus diesem Grund sind die Nachhaltigkeit und der Umweltschutz einer der Kennwerte in unserem Unternehmen. Eines unserer Kernziele daraus ist, dass wir so viele Transporte wie möglich von der Straße auf die nachhaltigen Transportmittel Zug und Schiff verlagern.“

Im Jahr 2016 haben hat Max Bögl rund 386 000 Tonnen per Bahn transportiert. Der größte Anteil aller Transport entfällt auf die Tübbing-Projekte für die Tunnel Rastatt und Fildertunnel.

Zu den laufenden Tunnelprojekten kommt ab dem Frühjahr 2017 ein weiterer Tübbing-Zransport für den Bözbergtunnel in der Schweiz hinzu. Aus diesem Grund wird sich das Transportvolumen 2017 noch erhöhen. Die Projekte in Rastatt und in der Schweiz werden aber beide in 2017 abgeschlossen sein und sich somit das Volumen im nächsten Jahr wieder auf das Niveau von 2016 abflachen wird.

Derzeit werden zwei Tübbing-Transporte parallel ausgeliefert, einer nach Plochingen für den Fildertunnel in Württemberg und einer für den Tunnel Rastatt in Baden. Daneben werden unzählige Zementsilos und Container befördert und ab dem Frühjahr wieder Bahnschwellen für die Deutsche Bahn. Mit mehreren Bedienfahrten pro Tag werden die Wagenzüge per Diesellok nach Neumarkt befördert, wo sie teils in Ganzzügen mit einer Bespannung mit oftmals zwei E-Loks auf die Reise gehen.

Bahnhof Neumarkt „überlastet“

Als Schwachpunkt für die Güterlogistik auf der Bahn gilt seit längerem der Bahnhof Neumarkt. Mit dem Ende der Beilngrieser Nebenbahn waren hier die Gleiskapazitäten Stück für Stück verringert worden und im Zuge der Ertüchtigung der Station für die S-Bahn waren sogar Gleislängen für den örtlichen Güterverkehr reduziert worden.

Der Bahnhof Neumarkt ist nun im Bundesverkehrswegeplan 2030 als überlastet deklariert, so dass die Rückbauten der vergangenen Jahrzehnte in den nächsten Jahren wieder kompensiert werden sollen. Neben dem Max Bögl-Standort in Sengenthal verfügen auch die Werke Hamminkeln (seit 2010) und Gera (Wiederinbetriebnahme 2014) über einen eignen Gleisanschluss.

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