Mit "Fred" über Drogen reden

3.8.2020, 15:00 Uhr
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Im vergangenen Jahr erhielten dort 260 "Klienten" Unterstützung, das sind sowohl Betroffene als auch ihre Angehörigen. Über die Hälfte der Hilfesuchenden haben Alkoholprobleme. An zweiter Stelle folgt Cannabis. Hinzu kommen von Heroin oder anderen schweren Drogen abhängige Menschen in Substitutionsprogrammen. Sie werden nicht in der Seelstraße beraten, sondern in der Arztpraxis, wo der Ersatzstoff Methadon ausgegeben wird.

Die meisten Klienten sind junge Erwachsene zwischen 30 und 35 Jahren. Doch es kommen zunehmend noch jüngere Menschen. Wenn auch nicht freiwillig. Sondern als Auflage des Gerichts, wenn sie beim Drogenkonsum erwischt worden sind.

Vor drei Jahren, 2017, startete die Suchtberatung der Diakonie gemeinsam mit der Familienberatung der Caritas das Programm Fred – Frühintervention für erstauffällige Drogenkonsumenten. "Darüber erreichen wir viele Jugendliche, die in den Polizeiberichten aufgetaucht sind", sagt Braun.

Die Teilnehmer sind zwischen 14 und 21 Jahre alt. In kleinen Gruppen reden sie über ihre Drogenerfahrungen – "unvoreingenommen und ohne erhobenen Zeigefinger", betont Psychologin Braun. Die Jugendlichen sollen ihren Konsum hinterfragen und für die entscheidende Frage sensibilisiert werden "Was tut mir gut und was schadet mir?"

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Denn bei den wenigsten der jungen Cannabis-Konsumenten besteht eine körperliche Abhängigkeit wie etwa bei Alkohol oder "harten Drogen". Doch langfristiges Denken ist bei Jugendlichen nicht ausgeprägt. Oft suchen sie bewusst das Risiko, um ihre Freunde zu beeindrucken. "Die Gruppe der Gleichaltrigen, der sogenannten Peergroup, wird immer wichtiger, das gehört zum erwachsen werden dazu", sagt Braun.

Damit einher geht auch, dass Jugendliche Grenzen austesten – etwa indem sie Rauschmittel probieren, auch illegale. Eine Reaktion werde geradezu eingefordert. Bleibt diese aus, wird weiter gegangen. "Deshalb muss eine Intervention früh anfangen, bevor es in ein problematisches Konsumverhalten mündet", sagt Braun.

Mehr THC als vor 20 Jahren

Hinzu kommt: Die Cannabis-Pflanzen sind hochgezüchtet worden. Sie enthalten wesentlich mehr von dem Wirkstoff THC als noch vor 20 Jahren. Dementsprechend stärker ist die Wirkung auf das jugendliche Gehirn, in dem sehr viele psychosoziale Entwicklungen stattfinden: Der Aufbau von Partnerschaften, die Lösung vom Elternhaus, der Schritt in den Beruf, die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit.

Doch worauf müssen Eltern achten? Und wie unterscheidet sich die gewöhnliche pubertäre Bockigkeit von echten Alarmsignalen? Erhöhte Aufmerksamkeit ist auf jeden Fall gefragt. Aufmerken muss man, wenn der Jugendliche für ihn bisher wichtige Bereiche wie Hobbys oder Freunde vernachlässigt und die Schulleistungen sinken.

Manchmal entwickeln sich regelrechte Teufelskreise. Jemand raucht einen Joint, um entspannter zu werden. Dadurch ist er weniger leistungsfähig in der Arbeit. Er bekommt Stress mit dem Chef. Dagegen hilft ein Joint, wodurch er Zuhause nur abhängt, was die Mutter nervt. Was kann man dagegen machen? Genau, erstmal einen Joint rauchen. Denkt sich vielleicht der Betroffene.

Viele Stellschrauben

Die Suchtberatung versucht andere Strategien zur Problembewältigung aufzuzeigen. Etwa durch die Frage: "Was willst Du in fünf Jahren erreichen und passt Dein Konsum dazu?" Vollständige Abstinenz kann eine Lösung sein. Aber sie passt nicht zu jedem, nicht jeder ist bereit dazu, nicht jeder möchte ganz auf die Wirkung, den Rausch verzichten.

"Es geht um eine Verbesserung im Leben, da kann man an vielen Stellschrauben drehen", sagt Braun. Was aber auch stimmt: "Wenn sich am Konsum etwas ändert hat dies positive Auswirkungen auf andere Bereiche wie Familie, Beruf, Geld und Gesundheit."

Andersrum gilt es auch: Stabile Familienverhältnisse, eine gute Partnerschaft und berufliche Zufriedenheit sind Faktoren, damit sich ein problematischer Konsum gar nicht erst entwickelt.

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