Nach Corona-Ausbruch in Berching spricht der Altenheim-Leiter: Nachbarn grüßen nicht mehr

4.11.2020, 06:30 Uhr
In dem Berchinger Caritas Seniorenheim kam es zu einem massiven  Corona-Ausbruch. 

© NNZ In dem Berchinger Caritas Seniorenheim kam es zu einem massiven  Corona-Ausbruch. 

Die Lage im Caritas-Seniorenheim St. Franziskus in Berching hat sich weiter zugespitzt. Wegen weiterer Corona-Infektionsfälle seien die Mitarbeiter am Limit und hätten zudem mit Stigmatisierung und Kritik von Nachbarn und Angehörigen zu kämpfen, sagt Heimleiter Gerhard Binder, der sich von der Politik allein gelassen fühlt.


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Nach einer zweiten Testung Ende vergangener Woche, deren Ergebnisse nun vorliegen, sind acht weitere Bewohner positiv getestet worden. Damit beläuft sich die Zahl der bislang infizierten Senioren auf 44. Davon befinden sich sechs im Krankenhaus, vier Betreute sind bisher verstorben.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Seniorenheims leisteten ein außergewöhnlich hohes Arbeitspensum, teilt Binder mit. 17 Kollegen seien infiziert, andere befänden sich im Krankenstand.

Er selbst sei in Quarantäne, weil seine Frau positiv getestet wurde, und arbeite von Zuhause aus. Das verbliebene pflegerische Personal bewältige in anstrengenden drei Schichten die 24-Stunden-Versorgung der Bewohner.

Nachbarn grüßen nicht mehr

"Und dafür müssen sich meine Mitarbeiter im Dorf schief anschauen lassen, weil sie in dem Altenheim arbeiten, in dem Corona ausgebrochen ist. Auch ich werde von den Nachbarn teilweise nicht mehr gegrüßt. Anstatt dass man uns Hilfe anbietet, wird dumm daher geredet", erzählt der Heimleiter aufgebracht.

 

Er fühlt sich von der Politik total allein gelassen. "Wir bekommen null Unterstützung und sind völlig auf uns allein gestellt. Es ist traurig, dass die Politik für solche Fälle keinen Personalpool eingerichtet hat." Stattdessen bekommt Binder fragwürdige Angebote von Pflegediensten aus der ganzen Republik, die ihre Mitarbeiter, wie er sagt, "zu horrenden Preisen" anbieten und aus der Notlage offenbar Kapital schlagen wollen.


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Tageweise helfen laut Caritas drei oder vier Kolleginnen aus anderen Caritas-Einrichtungen in dem Berchinger Seniorenheim aus. Binder hofft auf eine Entlastung der derzeit im Einsatz befindlichen Pflegekräfte, wenn Ende der Woche die zehntägige Quarantänezeit für einige Mitarbeitende ausläuft. Eine Gewinnung von Fachkräften aus dem Pflegepool Bayern sei bisher nicht erfolgreich gewesen.

 

 

Bislang haben man im Seniorenheim St. Franziskus keine konkrete Ursache für den Ausbruch ermitteln können. Es sei wahrscheinlich, dass ein Corona-Ausbruch in diesem Umfang nicht auf eine einzige Person oder einen einzigen Anlass zurückzuführen ist. Für eine dritte Testung gebe es noch keinen Termin.

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