Neumarkter Arzt im Einsatz im Jemen

30.3.2020, 09:38 Uhr
Neumarkter Arzt im Einsatz im Jemen

© Foto: Gerresheim

Im Jemen herrscht seit nun fünf Jahren ein blutiger Bürgerkrieg – leidtragend ist in erster Linie die zivile Bevölkerung.

Die Menschen leiden nicht nur an den Folgen der Kampfhandlungen, sondern auch an Hunger. Eine Blockade der See-, Land- und Luftwege hat die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Hilfsgütern erschwert.

Die humanitäre Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" leistet seit Beginn des Krieges ununterbrochen Nothilfe für die jemenitische Bevölkerung. Zurzeit arbeiten die Teams in zwölf Krankenhäusern im Land, mittlerweile ist der Einsatz im Jemen einer der größten für Ärzte ohne Grenzen weltweit. Der überwiegende Teil der Menschen hat keinen freien Zugang zu einer qualifizierten medizinischen Versorgung. Unter anderem betreibt die internationale Organisation in der Hafenstadt Aden, ganz im Süden des Landes, eine Klinik für Verletzte.

Der Anästhesist und Notfallmediziner Dr. Götz Gerresheim aus Neumarkt hat das internationale Team in Aden für vier Wochen unterstützt. Dr. Gerresheim ist regulär als Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin unter der Leitung von Prof. Dr. Ulrich Schwemmer tätig und beendete nun seinen sechsten Einsatz mit "Ärzte ohne Grenzen".

"Alle unsere Patienten waren Opfer von Gewalt", berichtet der 50-jährige Narkosearzt. "Die meisten der Patienten stammten direkt aus dem Großraum von Aden und hatten Schussverletzungen erlitten. Sicher 80 Prozent der Patienten, die ich zusammen mit den einheimischen Ärzten alltäglich in der Notaufnahme behandelt habe, wurden durch einen oder mehrere Schüsse verletzt. Dabei war aber nicht jede Schussverletzung gleich ein Notfall, manchmal galt es nur eine Fleischwunde zu versorgen, andere Male – gerade wenn große Blutgefäße verletzt wurden – musste es ganz schnell gehen und wir sind gleich in den Operationssaal gefahren", so der Mediziner weiter.

Die eigentliche Frontlinie der Kämpfe verläuft zurzeit gut 150 km weiter nördlich – dort sind weitere Teams von Ärzte ohne Grenzen vor Ort, die einige Patienten nach einer ersten Stabilisierung nach Aden verlegt haben. "Wir haben täglich zwei Patienten von den anderen Teams übernommen", schätzt Gerresheim, "die hatten dann meist komplexe Verletzungen durch Explosionen."

Ärzte ohne Grenzen konnte diese größere Klinik in Aden aufbauen, da die Sicherheitslage dort zurzeit recht stabil ist, und so konnten auch Patienten mit komplizierten Verletzungen behandelt werden. "Ich war wirklich von der medizinischen Behandlungsqualität vor Ort beeindruckt. Man merkte, dass alle gemeinsam das Beste erreichen wollten; medizinisch hatte ich viel mehr Möglichkeiten als in meinen anderen Projekten." So erweiterte die einfache Tatsache, dass kontinuierlich Strom zur Verfügung stand, die Möglichkeiten deutlich. "Wir haben zum Beispiel eine Intensivstation eingerichtet, auf der wir die besonders kritisch Verletzten nach großen Operationen für ein paar Tage künstlich beatmen konnten. Das war für mehrere Menschen in meiner Zeit ganz sicher rettend."

Ganz persönlich habe er sich während des Einsatzes immer sicher gefühlt", so der Mediziner. "Man hat oft die Schüsse in den Straßen gehört, deswegen durften wir das Krankenhaus auch nicht verlassen, es gab aber keinen Moment, in dem ich an unserer Sicherheit gezweifelt habe."

Inzwischen arbeitet Dr. Gerresheim wieder auf der Intensivstation des Klinikums in Neumarkt. "Hinter mir liegen vier sehr spannende Wochen, und nun bin ich dankbar, wieder in meinem tollen Team hier arbeiten zu dürfen."

Aus einer Krisenregion in die besondere Situation hier zurückzukehren, sieht Gerresheim so: "Ich glaube, dass in der Klinik in den kom-menden Wochen sehr große Herausforderungen auf uns zukommen werden und ich fürchte, dass wir uns noch gar nicht recht vorstellen können, was es zu bewältigen gibt." Er merke, wie sich alle im Haus ruhig und geplant vorbereiten. Er sei in erster Linie stolz auf die Gemeinschaft – vor allem auf das Team der Pflege: Das seien diejenigen, die die meiste Zeit mit infizierten Patienten verbringen. Gerresheim erlebt alle zuversichtlich und motiviert, er sehe, wie sie die Ärmel hochkrempeln. "Am Eingang der Intensivstation hängt ein Schild: Wir bleiben für Euch da – bleibt Ihr für uns daheim".

Alle Patienten waren Opfer von Schüssen und

Explosionen

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