Obdachlose bekommen Rat in Neumarkter Notunterkünften

8.8.2019, 09:40 Uhr
Obdachlose bekommen Rat in Neumarkter Notunterkünften

© Foto: Fritz-Wolfgang Etzold

Und die Diakonie, weil sie Sozialpädagogin Annika Hampel mit dieser Aufgabe betraut hat: Die Neumarkterin, die nach dem Studium aus Bamberg zurückgekehrt ist, hat nach nur drei Monaten schon eine solide Vertrauensbasis zu rund 20 Bewohnern aufgebaut.

Obdachlose bekommen Rat in Neumarkter Notunterkünften

© Foto: Nicolas Damm

Hampel begann ihre Tätigkeit im Mai mit einem Frühstück im Container-Quartier in der Goldschmidtstraße. Dort hat die Stadt in den letzten Jahren 20 Notunterkünfte errichtet, darin wohnen vor allem obdachlose Männer in den Dreißigern, auch zwei Frauen. "Ich habe zunächst an jeder Tür geklopft und die Leute eingeladen", erzählt die Sozialpädagogin.

Viele seien zum Frühstück gekommen. Es habe sich auch schnell gezeigt, wie wichtig es sei, dass dort – neben dem Hausmeister der Stadt für Reparaturen – "jemand vor Ort ist". Für Krisengespräche, für die Vermittlung zu Behörden, für ganz einfache Fragen der Lebensbewältigung.

Auch in den Wohncontainern am Blomenhof und in den Not-Wohnungen am Rainbügl – weitere Anlaufpunkte für die "Aufsuchende Arbeit" der Diakonie – machte Annika Hampel die Erfahrung: Die allermeisten Bewohner würden von sich aus nie eine Beratungsstelle aufsuchen. Oder höchstens einmal. "Sie leben den Tag vor sich hin, haben keinerlei Motivation."

Menschen mit vielen Problemen

Für so einen Job benötigt Hampel selbst eine hohe Motivation. Schön deshalb, wenn sich nach einem Vierteljahr schon ein erster Erfolg abzeichnet. "Ein starker Alkoholiker, Mitte 50, der zuvor noch nie in einer Beratung war, hat eine Entgiftung gemacht und ist jetzt auf Reha."

Wichtig sei, dass der Mann danach nicht mehr zurückkehrt in die Notunterkunft, sondern einen Platz im betreuten Wohnen oder ähnliches findet. Das mindert das Rückfallrisiko. Sonst wären alle Mühen umsonst gewesen: "Ich bin ein Fan von effizienter Arbeit."

Alkoholsucht, psychische Krankheiten, familiäre Krisen gelten als häufigste Auslöser von Obdachlosigkeit. Doch bei den Wohnungslosen in Neumarkt spielten auch illegale Drogen eine große Rolle, sagt Ralf Fristel von der Suchtberatung der Diakonie. Oft kommt das eine zum anderen: "Menschen in Multi-Problemlagen" nennt Oberbürgermeister Thomas Thumann die Personen, denen die Stadt ein Dach über den Kopf geben muss. Die "Aufsuchende Arbeit" sei hingegen ein freiwilliges Zusatzangebot, das in der Goldschmidtstraße zunächst die benachbarte CAH übernahm, dann aber nicht mehr leisten konnte.

Hier sprang das Diakonische Werk Altdorf-Hersbruck-Neumarkt ein. Es legte der Stadt ein Konzept vor, das der Verwaltungssenat im Dezember gerne annahm. Diakonie-Geschäftsführer Detlef Edelmann verweist in diesem Zusammenhang auf die gute Vernetzung seiner Mitarbeiterin mit anderen Diensten und Behörden. "Die ersten Erfahrungen sind positiv."

Bürgermeisterin Gertrud Heßlinger, auch Vorsitzende des Wohnungsausschusses, war die fachliche Betreuung der Einquartierten von Anfang an ein großes Anliegen. "Hier sind wir nun sogar in einer gewissen Vorreiterrolle." Die Vereinbarung mit der Diakonie läuft drei Jahre. Verlängerung nicht ausgeschlossen, denn auch das reiche Neumarkt, gibt OB Thumann zu, "ist nicht Insel der Glückseligkeit". Gut 50 aus der Bahn geworfenen Menschen gibt die Stadt derzeit ein Obdach – die Nachfrage ist aber weit höher.

Keine Kommentare