Ohne Jura-Volksfest leidet Boxen unter Phantomschmerzen

17.8.2020, 18:13 Uhr
Ohne Jura-Volksfest leidet Boxen unter Phantomschmerzen

Wenngleich nicht im besten Sinne, ging unter anderem ein Auftritt des späteren Szene-Stars René Weller 1980 in die Annalen ein. Der Pforzheimer in Diensten des damaligen Branchenprimus TSV Bayer Leverkusen wurde unter fragwürdigen Umständen zum Sieger gekürt. Weder das darauf folgende Pfeifkonzert noch der Umzug vom Bierzelt in die Jurahallen tat der Beliebtheit der Wettbewerbe einen Abbruch, die schließlich noch zu Beginn des neuen Jahrtausends eine Hochzeit erlebten und von der Strahlkraft eines Henry Maske abbekamen.

"Die Halle war immer gesteckt voll und die Zuschauer standen bedingungslos hinter dir", erinnert sich der einstige Publikumsliebling Wolfgang Seifriedsberger, der seine Kenntnisse heute als Übungsleiter bei der DJK Neumarkt eher unter dem Fitness- und Selbstverteidigungsaspekt an seine Schützlinge vermittelt. "Zu einem richtigen Duell in den Ring steigen will kaum noch einer", konstatiert der 45-Jährige wehmutsvoll.

Gefeierter Held Seifriedsberger

Zwar strebte er selbst, als er den Wechsel in eine renommierte Mannheimer Boxschule ablehnte und stattdessen eine Werkzeugmechaniker-Lehre in Nürnberg absolvierte, nicht nach einer Profi-Karriere. Doch brachte er es dank seines täglichen Trainingseifers im Amateurbereich mit der bayerischen Landesauswahl und dem Bundesligaklub aus Eichstätt zu beachtlichen Erfolgen. Allein die Auftritte zum Volksfest-Frühschoppen sind beim Neumarkter Lokalmatador mit ähnlich positiven Emotionen besetzt. Egal ob deutsches Spitzenteam oder osteuropäische Top-Kaliber, der Weltergewichtler Seifriedsberger nahm sich jedem Duell furchtlos an. "Ich bin nie K.o. gegangen und habe höchstens nach Punkten verloren", berichtet Seifriedsberger stolz.

Dereinst gestalteten seine DJK und der Nachbar vom ASV noch jeder für sich einen eigenen Kampfabend, bei dem man versuchte, trotz zusätzlicher hochkarätiger Gaststarter in den eigenen Reihen "unsere Identität zu bewahren". Über Gönner und Sponsoren konnten den auswärtigen Assen Fahrgeld und Antrittsprämien, den Eigengewächsen zumindest Gutscheine für Verzehr und Fahrgeschäfte angeboten werden.

Glanzvolle Namen und weibliche Akzente

Ab 2003 bündelten die beiden Neumarkter Vereine unter anderem mit dem auf den Trainerposten gewechselten Wolfgang Seifriedsberger ihre Kräfte, empfingen glanzvolle Namen wie Hertha BSC Berlin oder eine slowakische Auswahl aus Bratislava, ja bezogen das weibliche Geschlecht nicht nur für die Aufgabe der Nummernanzeige mit ein. "Den Personalschwund hat es leider nicht aufgehalten", kommentiert Seifriedsberger den Rückzug aus dem Wettkampfgeschäft 2007.

Vier Jahre danach verschwand auch die arg eingegangene ASV-Staffel vorläufig von der Volksfestbühne, kehrte erst 2019 – genau heute vor einem Jahr – dank einer Kooperation mit dem 1.FC Nürnberg vor prächtiger Kulisse mit 1800 Besuchern fulminant zurück. Dieser Tage hätten die zarten Früchte der fortgesetzten Bemühungen wieder öffentlich demonstriert werden sollen. Doch Corona funkt dazwischen. Passend zum 60. Geburtstag der Abteilung, hoffen die Organisatoren auf einen neuerlichen Paukenschlag 2021.

 

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