Postbauer-Heng: Gabriele Bayer ist eine Überzeugungstäterin

22.11.2020, 10:39 Uhr
Postbauer-Heng: Gabriele Bayer ist eine Überzeugungstäterin

© Foto: Günter Distler

Nach der Wahl, sagt Gabriele Bayer und schmunzelt, haben sich die Postbauer-Henger Grünen zusammengesetzt und sich die Ergebnisse angeschaut. "Ich hatte ein gutes Wahlergebnis", gesteht sie, "ich war überrascht, wie stark ich gewählt worden bin." Das schafft Selbstvertrauen und so warfen die Grünen den Hut in den Ring für den Posten des ersten Stellvertreters des Bürgermeisters. Das sollte eine Frau werden.

Eine Frau wurde es auch, die aber heißt Angelika Herrmann und ist bei der CSU. Dafür gibt es nun auf dem Posten des zweiten Stellvertreters noch eine Frau: eben Gabriele Bayer. Manch‘ Mann im Gemeinderat habe sich mit dieser Besetzung schwer getan oder tue es bis heute, sagt sie. Doch als "bekennende Feministin" findet sie es klasse, dass Postbauer-Heng nun als erste Kommune im Kreis nicht nur eine grüne Bürgermeisterin hat, sondern auch zwei Frauen auf den Stellvertreter-Posten.

Tschernobyl als Verstärker

Der Weg dorthin war weit: 1983 war Familie Bayer mit den Kindern aus Ochenbruck in die benachbarte Oberpfalz gezogen. Mitte der 90er Jahre ging Gabriele Bayer als passives Mitglied zu den Grünen. Vorher schon war sie für den Bund Naturschutz in Wackersdorf am Bauzaun gewesen, mit den Kindern. Aber als es "dort massiv geworden ist, da haben wir uns zurückgezogen".

Vom Bauzaun. Nicht aber von der Überzeugung, dass es Atomkraft nicht brauche. Bestärkt worden ist Gabriele Bayer durch das Reaktor-Unglück in Tschernobyl, als auch über der Oberpfalz radioaktiver Regen niederging. "Da habe ich endgültig entschieden, jetzt mische ich mich ein", sagt sie.

Warum die Postbauer-Henger Grünen im Kommunalwahlkampf so gut abschnitten? Keine Frage, sagt Gabriele Bayer, die auch Vorsitzende des Kreisverbandes ist: "Wir haben einen sachlichen, Themen bezogenen Wahlkampf gemacht." Schon zwei Jahre vorher, bei der Landtagswahl, war Gabriele Bayer im Wahlkampfteam der Grünen für Bayern. "Damals habe ich gesagt, wir führen einen positiven Wahlkampf." Schon das Wort Kampf schmeckt ihr dabei nicht: "Es geht um ein Konkurrieren der besten Ideen", sagt sie.

Den Wähler mitnehmen

Sie spricht deshalb nicht vom Gegner, sondern vom Mitbewerber. Sie will den Wähler mitnehmen, setzt auf Kommunikation. In Postbauer-Heng setzte sie zudem auf das, was die Grünen in den ablaufenden sechs Jahren der Kommunalwahl-Periode umgesetzt, mit angestoßen, angeschubst hatten. Bayer: "Wir haben eine Liste gemacht – das war viel." Zudem profitierten die Grünen auch vom bundespolitischen Höhenflug der Öko-Partei, unbenommen.

"Wir haben in Postbauer-Heng fünf Mitglieder im Ortsverband", sagt Gabriele Bayer, die auch Bezirksrätin ist. Drei von ihnen sitzen im Rat, sie ist zudem Bürgermeisterin: So eine Quote habe kein anderer Ortsverband in Bayern, scherzt sie, und macht Werbung: "Wir nehmen gerne neue Mitglieder auf."

Was diese erwartet? Oft keine einfache Positionierung in der Politik. Der Anspruch der Postbauer-Henger Grünen ist es, grüne Ziele umzusetzen. Und wenn das nicht geht, zumindest die in ihren Augen negativen Folgen zu mildern. Wie beispielsweise beim Ausbau des Kernwegenetzes. Da standen etliche Feldwege in der ersten Vorlage, die alle verbreitert, asphaltiert werden sollten.

Intern hatten die Grünen hier einen Konflikt auszutragen: Eigentlich sollte gar kein Weg ausgebaut werden. Letztlich hielt Gabriele Bayer im Gemeinderat ein Plädoyer für den Kompromiss, den die Verwaltung erarbeitet hatte. Sie plädierte für drei Trassen, stimmte auch dafür. Dass eine der drei Strecken trotzdem unter dem Tisch fiel, hatten die Grünen einer anderen politischen Gruppierung im Rat zu verdanken, die vehement dagegen opponierte und eine Mehrheit dafür zusammen brachte. Geweint hat deswegen keiner bei den Grünen.

Ein starkes Momentum hat für Gabriele Bayer auch die soziale Kommune. Da kämpfte sie für den Familienstützpunkt, für Familiengesundheit vor Ort, für Streetwork und Jugendarbeit. Alleine sind die Grünen damit nicht im Rat, auch die anderen ziehen da gerne mit. Vor allem die Einrichtung der Station Familiengesundheit vor Ort war Bayer eine Herzensangelegenheit: Es geht um beratende und aufsuchende Hilfe für die Gemeindebürger. Der Bezirk übernimmt die Personalkosten, die Kommune die Kosten der Ausstattung. Bayer: "Das wird eine Blaupause für Bayern."

Es geht ihr ums Quartiersmanagement, um eine seniorengerechte Gemeinde: "Wir brauchen da passgenaue Lösungen." Unter dem Motto "so viel wie nötig, so wenig wie möglich". Das soll an einem runden Tisch ausgehandelt werden, es gelte auszuloten, was können Kirchen, Nachbarschaftshilfe und andere übernehmen, wo muss nachgesteuert werden. Sie kann sich, wie in Berngau, eine Taschengeldbörse vorstellen, dass Jugendliche für Senioren einkaufen gehen oder im Garten helfen.

Losgelöst davon brauche es eine Begegnungsstätte für Vereine und Gruppen in der Gemeinde. Die aber nicht im Nebenzimmer eines Gasthauses, "das ist nicht immer der richtige Ort". Eine Tagespflege sei zudem ein großes Ziel. Weitere Punkte: Energieverbrauch, der steigende Pro-Kopf-Verbrauch an Wohnraum, eine Wohnraum-Anpassungsberatung, sozialer Wohnungsbau, Klima-Resilienz, also das Reagieren auf den Klimawandel, Baum-Verschenk-Aktionen, mehr Grün im Ort, ein umsichtiges Flächenmanagement.

"Gut aufgestellt"

Gabriele Bayer geht die Luft nicht aus beim Aufzählen, wo überall anzupacken sei. Wobei sie aber auch sagt: "Vieles haben wir bereits, vieles ist vorhanden, es wird nur nicht so wahrgenommen." Das habe sich bei den Sitzungen zur Vorbereitung der Gemeinwohl-Ökonomie gezeigt, ein anderes Herzensanliegen der Grünen, das sie mit dem Bürgerblock auf den Weg gebracht haben. Postbauer-Heng sei gut aufgestellt, habe sich da gezeigt, aber alles müsse noch mehr vernetzt, zusammengeführt werden. Und es gebe Punkte, die einfach noch fehlen.

Wobei es von Gabriele Bayer auch ein dickes Kompliment für CSU-Bürgermeister Horst Kratzer gibt: Der sei Neuem gegenüber stets aufgeschlossen und lasse sich auch darauf ein. Deswegen lasse sich vieles umsetzen. Deswegen schätze sie auch so die Arbeit im Kommunalparlament am eigenen Ort: Die Gemeinde habe einen großen Gestaltungsspielraum. Den will sie füllen. Als grüne Überzeugungstäterin.

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