Schwerer Unfall bei Deining: Biker und Sozia leiden bis heute an den Unfallfolgen

11.3.2020, 12:28 Uhr

Verständlich, dass die immer noch an den Folgen leidenden Opfer und ihre Angehörigen auf das subjektiv als milde empfundene Urteil mit Enttäuschung reagierten. Zu fünf Stunden Verkehrsunterricht und einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilte Jugendrichter Michael Müller den jungen Mann, der zu diesem Zeitpunkt gerade 18 Jahre alt war.

Es war in den Abendstunden, kurz nach 18 Uhr. Die B 8 zwischen Deining und Neumarkt war trocken, die Sonne stand tief, als der junge Mann mit seinem Wagen aus Richtung Deining kommend nach links nach Tauernfeld abbiegen wollte. Den Blinker hatte er vergessen zu setzen. Einen entgegen kommenden Motorradfahrer will er übersehen haben.

Der erlitt beim Zusammenstoß einen Oberschenkelsplitterbruch, eine schwere Handverletzung und innere Verletzungen. Drei Tage lag er auf der Intensivstation, vier Wochen insgesamt im Krankenhaus. Erst seit kurzem kann er wieder stundenweise arbeiten. Die Zehen am gebrochenen Bein sind taub geblieben, die Hand kann er nicht mehr zur Faust ballen. Ob es jemals besser wird, ist nach Aussage der Ärzte eher unwahrscheinlich.

Seine Sozia erlitt ebenfalls eine schwere und nicht reparable Handverletzung, diverse Brüche im Beckenbereich und Serienbrüche der Rippen. Sie musste vorübergehend ins künstliche Koma versetzt werden. Auch die junge Frau hat die Folgen seelisch und körperlich noch längst nicht verdaut. Bei ihrer Aussage kämpfte sie mit den Tränen.

Ziemlich mitgenommen hat laut seinen Eltern das Unglück auch den Unfallfahrer. Eine geraume Weile habe er sich nicht mehr in ein Auto getraut und die Erinnerung treibe ihm immer wieder die Tränen in die Augen.

In dem Dekra-Gutachten zum Unfallhergang hieß es, dass der Angeklagte den Zusammenstoß hätte vermeiden können, wenn er aufmerksam gefahren wäre. Das Motorrad hatte sich mit 70 bis 80 Stundenkilometern genähert, sei also keinesfalls zu schnell dran gewesen. Auf der anderen Seite sei eine Blendwirkung der Abendsonne nicht auszuschließen.

Richter Michael Müller interessierte das Verhalten des jungen Mannes nach dem Unfall. Er habe sich zunächst um seine leicht verletzte Schwester gekümmert, die mit im Auto gesessen hatte. Dann sei er zu der schwer verletzten jungen Frau gegangen und habe versucht, sie zu beruhigen, bis BRK und Notarzt eingetroffen waren. Die Sozia jedoch sprach gegenüber Bekannten davon, sich bedrängt gefühlt zu haben. Der Autofahrer habe dem Biker die Schuld zuweisen wollen. Richter Müller vertiefte das Thema nicht, wohl wissend, wie subjektiv das Gedächtnis in solchen Schocksituationen arbeitet.

Zu einer Entschuldigung seitens des Unfallfahrers ist es bislang noch nicht gekommen. Ein Polizist, sagte dessen Vater, habe ihm geraten, noch etwas abzuwarten mit der Kontaktaufnahme. Als dann die Mutter des 18-Jährigen bei den Eltern der Verletzten anrief, blockten die ab. Es sei zu spät.

Schmerzensgeld ist inzwischen geflossen. Der junge Mann bekam 20 000 Euro von der Versicherung, die junge Frau eine etwas geringere Summe. Das reiche aber noch nicht, erklärten beide vor Gericht. Zu heftig seien die psychischen und physischen Einschränkungen nach dem Unfall.

Petra Engster von der Jugendgerichtshilfe zeichnete ein durchweg positives Bild des Angeklagten, sah aber noch Reiferückstände und schlug ein Vorgehen nach dem Jugendstrafrecht vor.

Dem wollte Staatsanwalt Robin Pyka nicht folgen. Allerdings wertete er zu Gunsten des Angeklagten das freimütige Geständnis und die Schuldeinsicht und, dass er zumindest versucht hatte, sich zu entschuldigen. Pyka forderte eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 15 Euro und ein Fahrverbot von drei Monaten.

Richter Müller schlug einen anderen Weg ein. Er ahndete nach Jugendrecht, setzte die Geldstrafe in der Summe etwas rauf und beschränkte das Fahrverbot auf zwei Monate. Die Geldstrafe werde den Auszubildenden schmerzlich treffen, das Fahrverbot eher die Eltern, die ihn dann in die Arbeit fahren müssen.