Streit vor der Disko noch nicht geklärt

9.7.2020, 10:04 Uhr

Es war am ersten Weihnachtsfeiertag letzten Jahres in den frühen Morgenstunden, als sich zwei Gruppen junger Leute, die eine Disko in Neumarkt besuchten, auf der Tanzfläche in die Haare kamen. Es blieb aber nur beim Austausch von "Freundlichkeiten" und kleineren Schubsereien.

Vor der Diskothek trafen die Streithansel erneut aufeinander. Dabei wurden einer jungen Frau von einer Geschlechtsgenossin büschelweise Haare ausgerissen. Die Schmerzensschreie riefen ein befreundetes Pärchen auf den Plan. Vor dem soll sich ein junger Mann mit südländischem Aussehen aufgebaut, sich die Jacke vom Leib gerissen und zum Schlag ausgeholt haben. Offenbar wollte er den Kontrahenten treffen, verabreichte dabei aber dessen Freundin einen schmerzhaften Nasenstüber.

Mag passiert sein, erklärte der Heranwachsende auf der Anklagebank, "aber ich war das nicht". Die junge Frau war sich aber sicher. Eindeutig sei es der Angeklagte, der als einziger in der gegnerischen Gruppe ein Käppi getragen habe. In der Ermittlungsakte fand sich davon aber nichts.

Eigenartigerweise habe sein Mandant erst im März erfahren, dass ihm dieser Vorwurf gemacht werde, gab Rechtsanwalt Gunther Kellermann zu bedenken. Und dass er der einzige gewesen sein soll, der eine solche Baseball-Kappe aufgehabt habe, das halte er für unwahrscheinlich. Von seinem Mandanten sei übrigens eine Atemalkoholprobe genommen worden, wie von etlichen anderen Beteiligten auch. Er sei der einzige Nüchterne gewesen. Er trinke grundsätzlich keinen Alkohol, ergänzte der Angeklagte. Denn sein berufliches Traumziel sei Polizist. Das werde er sich doch nicht mit so einer Dummheit vermasseln.

Neben der Kopfbedeckung ging es auch um die Jacke, die der Täter angehabt hatte. Schwarz beziehungsweise von dunkler Farbe sei die gewesen, sagte das Opfer aus, die Freundin des Angeklagten sprach von einer grünen Weste. Sie sei den ganzen Abend an der Seite des Angeklagten gewesen und habe nichts von einem Faustschlag mitbekommen. Großen Wert maß Staatsanwältin Jennifer Falk ihre Aussage nicht bei.

Den Faustschlag hatte auch der Zeuge nicht gesehen, der sich um seine völlig verstörte Freundin gekümmert habe, die noch heute unter der Attacke auf ihre Haare leide. Er erinnerte sich noch an jargontypische Beleidigungen wie "Scheiß Deutsche" und "Nazis", aber auch daran, dass nahezu alle aus der gegnerischen Truppe Käppis aufgehabt hätten und dass auf Grund der Dunkelheit Gesichter nahezu nicht zu erkennen waren.

Der Freund der verletzten jungen Frau nahm an, der Schlag habe eigentlich ihm gegolten. Er habe sich mit dem Angreifer danach kurz unterhalten und ihm gesagt, dass es ungehörig sei, eine Frau zu schlagen. Der habe das auch eingesehen. Das Gespräch sei vom anderen in einem stark migrationsgefärbten Deutsch geführt worden. Das verwunderte auch das Gericht, weil der Angeklagte zwar Migrationswurzeln hat, aber gebürtiger Neumarkter ist und auch so spricht.

Es blieben also auch für Jugendrichter Michael Müller erhebliche Zweifel in beide Richtungen. Deshalb ein zweiter Verhandlungstag mit neuen Zeugen.

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