Tragischer Tod auf belgischer Rennstrecke

20.12.2008, 00:00 Uhr
Tragischer Tod auf belgischer Rennstrecke

© Karl Schleuter

Die kleine Johann-Attenberger-Straße, die nicht von ungefähr nahe der Wolfsteinstraße und damit unweit der kurvigen Ex-Rennstrecke hinauf nach Höhenberg liegt, passt zum Leben ihres Namenspatrons: Das Teerband steigt steil an, um nach rund 100 Metern abrupt in einem Wendehammer zu enden.

Genauso jäh endete Attenbergers Karriere als aufstrebender Stern am Rennsport-Himmel vor 40 Jahren. Im Frühsommer 1968 waren dem 32-Jährigen die Siegerkränze nur so zugeflogen: Im Mai, nur wenige Tage vor seinem Sieg beim Neumarkter Bergrennen, fuhr der Ebersberger mit seinem Kompagnon Josef Schillinger im Seitenwagen beim Mai-Pokal-Rennen in Hockenheim als Erster über die Ziellinie. Ende Juni gelang den beiden dasselbe Kunststück in Assen, beim Großen Preis der Niederlande.

Dann kam der 7. Juli 1968: Aussichtsreich platziert in der WM-Wertung ging das Gespann Attenberger-Schillinger an den Start beim Großen Preis von Belgien. Damals wurde in Spa-Francorchamps noch auf einem langen Straßenkurs gefahren, der auch durch Wohnsiedlungen führte. «Die Straßenverhältnisse waren katastrophal», erinnert sich Ludwig Barth vom Motorsportclub Neumarkt, der damals als Mechaniker eines anderen Fahrers das Rennen an der Strecke mitverfolgt hatte.

Die Fahrer waren schon in der letzten Runde, da passierte die Katastrophe: Fernab vom Start-Ziel-Bereich brach die Achse unter dem Seitenwagen, das Gespann stellte sich quer und schleuderte in einen Vorgarten. Weder Johann Attenberger noch Josef Schillinger überlebten den Sturz. Ludwig Barth: «Wir haben erst nach einiger Zeit bemerkt, dass die beiden fehlen.»

Tiefe Betroffenheit

Die Nachricht vom Tod löste tiefe Betroffenheit im Rennzirkus aus. Und auch in Attenbergers Heimat Ebersberg: «Ich hab’ es aus der Sportschau erfahren», weiß Fritz Bartl noch. Er wuchs nur drei Häuser entfernt von Attenbergers Anwesen auf, dieser war das Idol seiner Kindheit. «Nach jedem Rennen sind wir zu ihm gegangen, um uns den neuen Pokal anzusehen.»

Der «Hane» sei in der Rennsport-Szene sehr beliebt gewesen, immer lustig, meint der Neumarkter Ludwig Barth. Ein heiterer Junggeselle, der schon gern mal die Sau raus gelassen hat, ergänzt Heiner Vester. Der ehemalige Rennfahrer aus Neustadt/Weinstraße, ein weiterer Weggefährte Attenbergers, reiste 1968 zu dessen Beerdigung nach Bayern.

Das Pikante am Rande: «Er hat mich im Frühjahr 1968 noch angeschrieben, ob ich nicht mit ihm Rennen fahren will, weil der Schillinger eigentlich keine Lust mehr gehabt hat», erzählt Heiner Vester. «Ich hatte meine Karriere aber schon ein Jahr zuvor beendet, nachdem ein Freund tödlich verunglückt war.» Noch heute besitzt der Pfälzer Fotos von der Siegesfahrt in Assen.Auf eine Auffälligkeit kommen alle drei «Zeitzeugen» zu sprechen: Attenberger hatte seit einem Unfall in den Kindertagen ein steifes Bein. Das habe er beim Fahren notgedrungen heraushängen lassen, was sein Markenzeichen gewesen sei.

In Ebersberg ist die Erinnerung an die beiden berühmten Söhne noch lebendig. Dafür sorgt der «Freundeskreis Attenberger-Schillinger», den Fritz Bartl mit motorsportbegeisterten Freunde aus alten Zeiten gegründet hat. So trugen sie zum Beispiel Pokale, Siegeskränze und andere Erinnerungsstücke zusammen. «Die Sammlung wird im Stadtarchiv im Ebersberger Rathaus aufbewahrt», sagt Bartl, der heute im nahen Grafing lebt.

Im vergangenen Sommer, als sich der Todestag zum 40. Mal jährte, wurden die Exponate verteilt auf mehrere Ebersberger Geschäfte und auch in Grafing ausgestellt. Am 7. Juli 2008 wurden Johann Attenberger und Josef Schillinger erneut mit Kränzen geehrt: Der Freundeskreis hat sie an ihren Gräbern niedergelegt.