Versuchter Mord in Berching? Staatsanwalt fordert acht Jahre Haft

18.11.2020, 16:56 Uhr

Eine krankhafte Beziehung, ein jahrelanges Verhältnis voller Höhen und Tiefen – ein Strafprozess markiert nun das Ende dieses Verhältnisses. Am 23. Dezember 2019 soll ein Mann in Berching versucht haben, seine Ex-Freundin zu ermorden.

Der Vorwurf lässt ein hohes Strafmaß erwarten, daher bangen die Angehörigen des Angeklagten im Sitzungssaal des Landgerichts Nürnberg-Fürth. Was ist in dieser Nacht geschehen? In der Anklageschrift heißt es, dass der Mann wegen eines nicht angenommenen Weihnachtsgeschenks wütend wurde, seine Ex-Partnerin an den Haaren vom Sofa gezogen, zu Boden geworfen und gewürgt habe.

Als er von ihr abließ, rannte sie in den Garten und schrie um Hilfe. Er kam ihr hinterher und würgte sie erneut, als sie wieder auf dem Boden lag. Eine Nachbarin eilte herbei und half der Frau über den Zaun auf ihr Grundstück. "Ich hatte Todesangst", sagt Anne M. (Name geändert) heute über diese Nacht. "Ich wollte sie niemals umbringen", sagt der Angeklagte, als ihm das letzte Wort erteilt wird. In diesem Prozess wurden mehrere Polizisten, ein Psychiater und ein Rechtsmediziner gehört.

Doch zeigen die Beweise in keine eindeutige Richtung. Warum lag die Frau im Garten wieder auf dem Boden? "Ausgerutscht" heißt es seitens des Mannes. Er habe sie auch dort wieder gewaltsam "zu Boden gebracht", so Anne M.; eine umständliche Formulierung, weil sie sich nicht genau erinnert.

Unterschiedliche Aussagen

Woher hatte der Angeklagte Kratzspuren? Von einem Fahrradsturz, als er sich nach dem Vorfall vom Haus entfernt habe, behauptet er. Anne M. habe sich gegen die Gewalteinwirkung gewehrt, hält ihm ihr Anwalt entgegen. Warum wies sie am Hals nur geringe Würgemale auf? Es sei möglich, auch enorm stark gewürgt zu werden, ohne das Spuren davonblieben, erklärt der Rechtsmediziner.

Dem Polizisten, der kurz nach der Tat vor Ort war, seien die Male an ihrem Hals sofort aufgefallen. Gegensätze wie diese prägen diesen Fall. Der Staatsanwalt ist sicher: Der Mann hat versucht, seine Ex-Freundin in dieser Nacht zu töten.

Er war stark alkoholisiert und eifersüchtig auf einen Nebenbuhler – ein niederer Beweggrund. Der Täter habe auch versucht, die Tat herunterzuspielen. Wer jemanden am Hals würgt, "hat es nicht mehr in der Hand" was geschehen könnte. Auch sei auffällig, dass der Mann es primär auf die Hals- und Mundgegend der Frau abgesehen hatte.

Acht Jahre Haft wegen versuchten Mordes fordert die Staatsanwaltschaft. Es ist dieser Moment, in dem bei den Angehörigen des Mannes im Besucherraum des Gerichtssaals Tränen fließen. "Wir haben hier keinen versuchten Mord," so sieht es der Verteidiger des Angeklagten.


Alles, zwischen o und 100?

Die Tat sei der traurige Tiefpunkt einer Beziehung, aber kein Mordversuch. Gegen einen Tötungsvorsatz spricht für den Anwalt, dass die Frau den zeitlichen Rahmen und den Ablauf des Würgens nicht mehr exakt benennen konnte.

Der Mann hätte im Haus die Chance gehabt, die Frau zu töten, was nicht geschehen ist. Auch hätte er sich bei einer ernsthaften Todesabsicht nicht von den Nachbarn am Zaun abhalten lassen, so die Verteidigung. "Es gab einen Angriff auf den Hals, aber das kann zwischen 0 und 100 alles sein", so der Anwalt. Er fordert für seinen Mandaten zwei Jahre Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung.

Das letzte Wort hat der Angeklagte an diesem Prozesstag. Er schnellt sofort aus seinem Stuhl hoch: "Ich wollte sie nie umbringen." Der Richter berät nun über das Strafmaß und will das Urteil am Freitag in Nürnberg verkünden.