Was eine Kommune im innersten zusammenhält

14.2.2020, 14:47 Uhr
Für ihr Theaterstück haben die Schüler der Knabenrealschule und des Ostendorfer Gymnasiums in der Turnhalle der Realschule viel Applaus erhalten.

© Foto: Andre De Geare Für ihr Theaterstück haben die Schüler der Knabenrealschule und des Ostendorfer Gymnasiums in der Turnhalle der Realschule viel Applaus erhalten.

Doch zurück zu Sabine. So heißt zwar auch die Leiterin der Knabenrealschule Neumarkt, Sabine Söllner-Gsell, mit Vornamen, doch am Montag dieser Woche war es ein Sturmtief gleichen Vornamens, das den Schülern einen Tag Auszeit zuhause bescherte. Umso beachtlicher dann die Leistung, die in nur drei Tagen auf die Beine gestellt wurde. Denn die Projektverantwortlichen trafen sich am Montag nur mit den Interviewpartnern, es wurde intensiv diskutiert, doch ansonsten war es ein ruhiger Tag, an dem in Neumarkt ab und an Böen lauter pfiffen.

Dreiteiliges Projekt

Das Projekt war dreiteilig angelegt: In der gestrigen Ausgabe der Neumarkter Nachrichten gab es eine Sonderseite mit Ergebnissen der Arbeit. Am Donnerstag Abend war Premiere einer 90-minütigen Talkshow, gestaltet von den Schülern und ihren Interviewpartnern. Und am Sonntag Vormittag ist eine eigene Sondersendung auf der Frequenz von Charivari Regensburg und Charivari Nürnberg zu hören. Der Clou: Beide Blöcke sind unterschiedlich gestaltet, je nach dem Schwerpunkt der Redaktion. Außerdem finden sich beide Beiträge in den Podcasts der Sender im Internet.

 Doch zurück auf die Bühne: Das war echt stark. Theater-Pädagoge Jean-Francois Drozak zeigte vor minimalistischer Kulisse und mit noch minimalistischerer Requisite – sechs zerbeulte Blechkannen – was Theater kann. Die Zuschauer fesseln, gefangen nehmen, überzeugen. Was aber nur gelingen konnte, weil seine Darsteller schon viel Können zeigten. Die Talkshow war raffiniert aufgebaut: Der Talkgast hatte im Interview im Vorfeld aus seinem Leben, von seinen Erfahrungen erzählt. Die Schüler spielten gekonnt einzelne Szenen, auch gerne etwas überspitzt und karikierend, nach. Und Drozak interviewte anschließend sein Gegenüber, ging auch gerne mal etwas tiefer.

Gäste waren: Susanne Sippl vom gleichnamigen Sanitätshaus in Neumarkt und stark in der Flüchlingshilfe engagiert; Stefanie Haubner von Haubner Treppen in Neumarkt, Thomas Thumann, Leiter des Neumarkter Hauptamts im Rathaus und Adolf Schlierf, Stadtrat ehrenhalber, 41. Stadtrat der Kommune und seit 1979 in jeder Stadtratssitzung dabei – nur drei hat er seither verpasst.

Jeder der Talk-Partner brachte seine Sicht auf das Gemeinwesen ein. Stefanie Haubner als Jung-Unternehmerin, die mit ihrem Bruder in das Unternehmen der Eltern hineingewachsen ist. Über das Arbeiten früher und heute. Über den ständigen Aktualitätsdruck in einer digitalisierten Welt. Thomas Thumann, der Entscheidungen der Verwaltung erklärte. Es müssten für alle die gleichen, nachvollziehbaren Regeln gelten. Der aber auch nüchtern konstatierte: Das Vertrauen in das Handeln der Verwaltung sei im Laufe der Jahre gesunken, Einzel-Interessen würden oft überwiegen, inklusive dem Gang zum Rechtsanwalt.

Bedürfnis zu helfen

Oder Susanne Sippl. Die, als 2015 die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland wuchs, das Wort der Kanzlerin wörtlich nahm und es mit vielen anderen Neumarktern schaffte. Neben dem eigenen Unternehmen ehrenamtlich zu helfen, ohne doppelten Boden, weil es ihr ein Bedürfnis war. Und die heute sagt: Die Arbeit ist noch nicht zu Ende, es ist noch viel zu tun. Und es auch tut. So, wie Adolf Schlierf, der als bestens informierter Beobachter jede Stadtratssitzung besucht, der das Miteinander und das Gegeneinander verfolgt, den Stadträten zuhört und sich oft über Jahre sein Urteil bildet, ob er nun den einen oder anderen bei der nächsten Kommunalwahl noch einmal wählen würde. Der sagt, früher sind sie auch nach heftiger Debatte nachher noch zum Schafkopfen gegangen. Und der das heute vermisst. Weil der Umgang miteinander dadurch ein anderer, auch rauerer geworden ist.

Viel Lob am Ende des Abends für die engagierten Schüler; Sabine Söllner-Gsell und Ulrike Severa, die Direktorin des Ostendorfer Gymnasiums, verteilten eigens entworfene Urkunden an die Schüler, um sie in ihrem Tun zu belohnen. Jean-Francois Drozak stellte eindringlich den tieferen Sinn der Aktion, bei der die Neumarkter Nachrichten Kooperationspartner waren, in den Vordergrund. Er appellierte an Schüler wie Eltern und Gäste, Qualitäts-Journalismus und Presse nicht als ein beliebiges Ding, sondern als Gut zu sehen und zu schätzen. Ohne dieses Gut, sagte er, sei die Demokratie am Ende. Es müsse hochgehalten werden.

Wie viel Arbeit steckt in einer einzigen Zeitungsseite? Das hat eine Schülergruppe von Siebt- und Achtklässlern aus dem Ostendorfer und der Knabenrealschule im Rahmen des Theater- und Medienprojekts "Volo"  in der Redaktion der Neumarkter Nachrichten erlebt, begleitet von Redakteurin Ella Schindler (re.)

Wie viel Arbeit steckt in einer einzigen Zeitungsseite? Das hat eine Schülergruppe von Siebt- und Achtklässlern aus dem Ostendorfer und der Knabenrealschule im Rahmen des Theater- und Medienprojekts "Volo" in der Redaktion der Neumarkter Nachrichten erlebt, begleitet von Redakteurin Ella Schindler (re.) © Foto: Andre De Geare

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