Wieserstadel bringt Bürger auf die Barrikaden

10.1.2018, 06:55 Uhr
Wieserstadel bringt Bürger auf die Barrikaden

Zwölf Anlieger-Familien haben jetzt in einem Offenen Brief an Stadträte, den Bürgermeister, das Landratsamt und die Regierung ihre Argumente verbreitet, die gegen das Vorhaben sprechen. Sie verweisen auf das Pfarr- und Jugendheim und auf die Schulturnhalle als vorhandene Veranstaltungsorte. Der Wieserstadel werde bei geplanten 180 Sitzplätzen ein durchschnittliches Pkw-Aufkommen von 70 Fahrzeugen auslösen. Die Betroffenen erwarten, dass fehlende Stellplätze und der Suchverkehr das Stadtzentrum "völlig überlasten". Die Abgas- und Lärmbelästung werde erheblich sein.

Das denkmalgeschützte Objekt könne nicht ausreichend schallgeschützt werden und sei deshalb für Großveranstaltungen völlig ungeeignet, argumentieren die Anwohner. "Drei Millionen in eine solche ,achitektonische Totgeburt‘ zu investieren, erscheint in höchstem Maße unvernünftig." Die Nachbarn drohen offen damit, gegen Belästigungen während der Bauphase und beim Stadelbetrieb gerichtlich vorzugehen.

Kammermusik und Kindergarten

Gleichzeitig empfehlen die Anwohner eine Bibliotheks- und Museumsnutzung, Vorträge, Ausstellungen und andere "lärmreduzierte" Nutzungen des Wieserstadels. Genau diese Vorschläge hat Bürgermeister Kraus in einer Anwohnerversammlung am Montag im Rathaus aufgegriffen. Seine Liste möglicher Stadelnutzungen umfasst unter anderem Dichterlesungen, Fachtagungen, Volksmusik- und Kammermusik-Abende und Kindergarten-Veranstaltungen.

Der Rathauschef wollte aber die Frage "nicht abschließend beantworten", ob im Wieserstadel wieder wie gehabt private Feiern wie Hochzeiten stattfinden werden. Doch mit genau dieser Veranstaltungsart haben die Anwohner nach eigenen Angaben denkbar schlechte Erfahrungen gemacht. Von "Gaudi hoch drei bis drei Uhr in der Früh" berichtete der Sprecher der Projektgegner, Reinhard Koller. Im Umfeld des Stadels würden sich regelmäßig Gäste übergeben und Bierflaschen in Gärten werfen.

"Aus der Party haben wir gelernt", gab Bürgermeister Kraus den verärgerten Anwohnern Recht. Und er wolle sich künftig persönlich dafür verbürgen, dass zum Beispiel die gesetzlichen Lärmschutzauflagen tatsächlich eingehalten werden. Eine bestimmte Veranstaltungsgröße dürfe nicht mehr überschritten werden. Um 22 oder 23 Uhr müsse Schluss sein. 24 Uhr solle die "absolute Ausnahme" sein. Und Kraus versicherte, dass bei einer Sanierung "wirksame Lärmschutzmaßnahmen" ergriffen würden.

Eine Haus- und Nutzungsordnung werde auch vorsehen, notfalls Veranstaltungen einfach zu streichen. Die Stadt selbst wolle die Verantwortung für eine "nachbarschaftsverträgliche" Nutzung behalten und ausdrücklich nicht an einen Pächter abgeben. Kraus: "Und zusperren kann ich den Stadel immer noch." Der Bürgermeister wurde bei der Debatte mit den Betroffenen weiter mit massiven Bedenken konfrontiert. Beim Hinweis auf die ungelösten Parkprobleme räumte Kraus "Handlungsbedarf" ein. Reinhard Koller warnte: "Wir belasten die Innenstadt immer mehr." Die Angst vor dem unmittelbaren Lärm des Kulturzentrums ist ungebrochen. Koller forderte wiederholt ein Lärmschutzgutachten. Eine Zusage des Bürgermeisters gab es bei der Veranstaltung nicht.

Bernhard Kraus äußerte einerseits großes Verständnis für die Bedenken der Betroffenen, warb aber auch für seine "Sichtweise von Amts wegen". Das städtische "Gemeinwohl" lege es nahe, dass die Stadt Velburg "kulturell in die Offensive" geht und etwa 50 Prozent mehr Veranstaltungen anbietet. Nachbarkommunen wie Lauterhofen, Parsberg und Beratzhausen seien hier beispielgebend, erklärte der Bürgermeister. Die Kommune habe mit dem Erwerb des Anwesens aus dem 17. Jahrhundert die Verantwortung übernommen, das Denkmal durch geeignete Maßnahmen zu erhalten und auch zu nutzen. Ohnehin sei das Vorhaben nur realisierbar, wenn die Stadt dafür einen etwa 80-prozentigen Zuschuss des Staates bekomme. Werde die Förderung nur bei 50 oder 60 Prozent liegen, dann sei er persönlich dagegen.

Bürgermeister Kraus rechtfertigte sich gegen kritische Stimmen, warum eine Sondersitzung des Velburger Stadtrates am Mittwoch, 10. Januar, nichtöffentlich sein soll, obwohl sich einige Mandatsträger für eine öffentliche Tagung ausgesprochen hätten. Er sei für den internen Austausch mit dem Planer, ohne dass Stadträte dabei "auf die Öffentlichkeit schielen" müssten. Dies sei wie eine "gemeinsame Fraktionssitzung". Beschlossen werde ohnehin nichts.

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