Alles oder nichts

Gallmersgarten setzt auf Erweiterung des Gewerbegebiets

Bastian Lauer

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16.2.2022, 06:00 Uhr
Möglichst schnell soll das einstige VR-Bank-Haus in Steinach/Ens umgebaut werden. 2023 will Bürgermeister Michael Schlehlein dann sein neues Büro in dem Gebäude beziehen. 

© Bastian Lauer, NN Möglichst schnell soll das einstige VR-Bank-Haus in Steinach/Ens umgebaut werden. 2023 will Bürgermeister Michael Schlehlein dann sein neues Büro in dem Gebäude beziehen. 

Ein gutes Gespür vielleicht, sicher auch etwas Glück – die Gemeinde Gallmersgarten befindet sich aktuell in einer guten Lage, was die stets wichtigen Themenbereiche Wohnbau- und Gewerbegebiete betrifft. Doch im zweiten Jahr seiner ersten Amtszeit als Bürgermeister war für Michael Schlehlein natürlich auch nicht alles nur positiv. Weitere kritische – und teure – Themenkomplexe sind zu lösen.

Der eine wird schon offensichtlich, wenn man sich mit dem 37-Jährigen zum Gespräch treffen will: Der Bürgermeister müsste Gäste – die es in zwei Jahren Pandemie kaum gab – bei sich daheim empfangen. Das Amtshaus hat der Kindergarten mittlerweile komplett in Beschlag genommen, die Gemeinde steht ohne eigene Räume da. Möglichst schnell soll das einstige VR-Bank-Haus in Steinach/Ens umgebaut werden. Ein neuer Sitzungssaal, ein Büro für das Gemeindeoberhaupt. Die Landjugend hat einen Raum schon in Beschlag genommen, erzählt Schlehlein.

Spielen im früheren Sitzungssaal: Der Kindergarten Regenbogen nutzt aktuell neben seinen eigenen noch weitere Räume im Amtshaus von Gallmersgarten. 

Spielen im früheren Sitzungssaal: Der Kindergarten Regenbogen nutzt aktuell neben seinen eigenen noch weitere Räume im Amtshaus von Gallmersgarten.  © Anna Franck, NN

Ende 2023 will der Bürgermeister einziehen. Doch da geht es schon los: Bis 30. Juni 2022 muss der Kauf abgewickelt sein. Dafür sind Zuschüsse über die Leader-Förderung nötig. Die wiederum gebe es nur bei Bürgerbeteiligung, erläutert Schlehlein. Doch wegen Corona könne er keine Bürgerversammlung einberufen. „Hoffentlich geht’s jetzt nauswärts“, sagt er deshalb mit Bezug auf die Pandemie.

Denn er hätte weitere Themen für jedermann. Von einer ganz regulären Bürgerversammlung abgesehen, sollen die Leute auch beim anstehenden Kauf des evangelischen Gemeindehauses in Steinach/Ens beteiligt bleiben. Und was auf die Bürger nach Inbetriebnahme der Abwasser-Druckleitung von Mörlbach über Bergtshofen nach Hochbach zukommt, wolle er auch ausführlich kommunizieren.

Finanzieller Kraftakt

Etwa 700 000 Euro dürften auf die Besitzer von etwa 350 Grundstücken als Verbesserungsbeiträge umgelegt werden. Die Verbesserungsbeitragssatzung solle noch im Februar vom Gemeinderat beschlossen werden. Im „Frühsommer“ gehe die Druckleitung in Betrieb, einige Arbeiten müssen noch ausgeführt werden.

Neben diesem finanziellen Kraftakt – der noch gut bezuschusst wird – hat sich die Gemeinde einen weiteren auferlegt: Die Erschließung weiterer Teile des Gewerbegebietes „An der Wolben“ an der Bundesstraße 470. Erst vergangenes Jahr hatte man sich durchgerungen, Bauabschnitt drei zu erschließen, da die Anfragen von Firmen nicht aufhörten. Erst vor wenigen Tagen hatte der Gemeinderat die Bauarbeiten für 446 308 Euro vergeben. Wie Schlehlein verrät: Man ging in nicht öffentlichen Besprechungen noch weiter. Auch der vierte und damit letzte Bauabschnitt soll nun schnellstens erschlossen werden. Als Auslöser nannte Schlehlein eine weitere Anfrage einer Firma aus der Region, die bereits sogar ein Grundstück gekauft hat.

Das habe den Gemeinderat überzeugt, gleich alles oder nichts zu spielen. So könnten weitere 440 000 Euro an Kosten auf die Kommune zukommen. Baubeginn soll auch hier noch 2022 sein. Das sei es wert, findet der Bürgermeister, der Weitblick zeigt: In Burgbernheim sind die einst reichhaltigen Kapazitäten an Gewerbeflächen erschöpft, Bad Windsheim habe sowieso keine im Angebot. Standortvorteil Gallmersgarten, wie er findet.

Kaum Gewerbesteuerausfall

Das sollte man nutzen, zumal die Entwicklung der wirtschaftlichen Daten darauf hindeute, dass alles nicht so dramatisch kam und kommt mit der Corona-Pandemie. Die Gemeinde selbst hatte nur einen Ausfall von etwa 60 000 Euro an Gewerbesteuereinnahmen in 2021, und diese Summe werde vom Freistaat ersetzt.

Es habe sich beim Gewerbe eine ganz ähnlich „glückliche Lage“ für Gallmersgarten ergeben wie mit dem Wohnbaugebiet „Auf der Höhe II“, findet Schlehlein. Hier konnte man noch relativ niedrige Quadratmeterpreise anbieten, die andere Kommunen jetzt schon längst nicht mehr halten könnten. Die Nachfrage nach den Bauplätzen reiße entsprechend auch nicht ab.

Das erzeugte freilich auch kurzfristigen Druck, beispielsweise beim Thema Spielplätze. Dort biss man aber auf die Zähne und zog den lange anvisierten Neubau an der Flurstraße doch durch, obwohl kurzfristiger Sanierungsbedarf an allen bestehenden Spielplätzen eigentlich das Budget aufgefressen hatten. Auch eine gute Entscheidung, findet Schlehlein. „Da sind wir jetzt auf einem guten Stand, nach 2022 ist das Thema erstmal durch.“

Bleibt als letzter großer Brocken der weitere Investitionsbedarf beim Kindergarten. Hier werde ein Anbau nötig sein. Es bestehe nur eine vorübergehende Betriebserlaubnis für zwei weitere Jahre. Die Gemeinde wolle aber zumindest ein wenig „auf Zeit spielen“, sagt Schlehlein. Man sei – landkreisübergreifend – dabei, sich um einen Sonderfördertopf zu bemühen, um noch mehr als die wohl 60 Prozent Zuschuss erhalten zu können. Trotz guter aktueller Lage, wenn Michael Schlehlein diese drei Projekte zusammenzählt, muss er gestehen: „Von den Kosten her langt das locker.“ Wirtschaften am Limit.

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