Begründung liegt in Karlsruhe

Rechtsstreit um Behandlungsfehler an fränkischer Klinik: So geht es am Bundesgerichtshof weiter

Stefan Blank

Region/Bayern

E-Mail zur Autorenseite

4.8.2022, 11:49 Uhr
Die Kreiskliniken Neustadt/Aisch-Bad Windsheim sollen Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlen, nun ziehen sie vor den Bundesgerichtshof.

© Uli Deck, dpa Die Kreiskliniken Neustadt/Aisch-Bad Windsheim sollen Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlen, nun ziehen sie vor den Bundesgerichtshof.

Muss sich das Oberlandesgericht Nürnberg erneut mit der Schuldfrage in diesem Fall um einen Groben Behandlungsfehler beschäftigen oder geht es bald um die Höhe des Schmerzensgeldes und des Schadensersatzes? Diese Frage wird durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) beantwortet.

Im Februar 2022 hatten die Kliniken des Landkreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim sogenannte Nichtzulassungsbeschwerden in Karlsruhe eingereicht. Rund fünf Monate später liegt nun die Begründung für das Ansinnen dem Senat des Bundesgerichtshofes vor, wie die Stellvertretende Pressesprecherin des BGH, Dr. Louisa Bartel, auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigte.

Urteil 14 Jahre nach dem Vorfall

Aber, so Bartel weiter: "Derzeit ist nicht abzusehen, wann der Senat eine Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerden der Rechtsmittelführer treffen und darüber entscheiden wird, ob die Revisionen zugelassen werden oder nicht."

Doch was war passiert? Eine 59-jährige Frau wurde im April 2008 in einem Krankenhaus der Kreiskliniken Neustadt/Aisch-Bad Windsheim Opfer eines groben Behandlungsfehlers. Dieses Urteil hatte das Oberlandesgericht Nürnberg Mitte Januar 2022, knapp 14 Jahre nach dem Vorfall, gefällt.

Es geht um einen Streitwert von etwa 300.000 Euro an Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Klinik-Verantwortlichen und ihre Anwälte wollten das aber nicht hinnehmen. Wie die Pressestelle des BGH Mitte Januar auf Anfrage mitteilte, gingen die nötigen Unterlagen im Februar und damit innerhalb der Frist von einem Monat nach Zustellung des Urteils ein.

Klinik-Vorstand schweigt

Eigentlich war der Rechtsweg mit Landgericht und Oberlandesgericht in diesem Zivilverfahren bereits ausgeschöpft. Über die Nichtzulassungsbeschwerde kann aber erreicht werden, dass der Bundesgerichtshof die Revision erneut zulässt.

Der Vorstand des Kommunalunternehmens Kliniken des Kreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim, Stefan Schilling, wollte sich bisher nicht zu dem Fall äußern. Die Entscheidung, nach Karlsruhe zu ziehen, sei aber nach Abstimmung mit Anwälten und Verantwortlichen der Versicherung der Kliniken gefallen.

Urteil auf 27 Seiten

Bis der "Befunderhebungsfehler" und damit der grobe Behandlungsfehler festgestellt worden war, brauchte es einen knapp 14 Jahre langen Rechtsstreit. Die betroffene Frau konnte dies nicht mehr erleben, sie starb 2019. Ihr Ehemann Karl-Heinz Schlee führte den Prozess weiter.

Auf 27 Seiten hatte der 5. Senat unter Vorsitz von Richter Peter Dycke das Urteil am 17. Januar erklärt. Es ist ein sogenanntes Grundurteil, das Karl-Heinz Schlee, der für seine Frau klagt, grundsätzlich Recht gibt. Die Höhe von Schmerzensgeld und Schadensersatz stünde erst in einem nächsten Zivilprozess im Mittelpunkt.

MRT-Untersuchung wäre "zwingend nötig" gewesen

Die Richter hatten festgestellt, dass bei den vorliegenden Symptomen - Vorboten eines Schlaganfalls - zwingend eine MRT-Untersuchung (Magnetresonanztomographie) nötig gewesen wäre und nicht nur eine Computertomografie, kurz CT, wie der Pressesprecher des Oberlandesgerichts, Friedrich Weitner, erklärte.

Eine Frage, die sich die Richter stellten, war, ob der erste Schlaganfall vorhersehbar gewesen ist? Das Urteil ist eindeutig: "Der Schlaganfall hätte vermieden werden können", erklärte Weitner die Einschätzung des Gerichts.

Nun müssen die Richter am BGH klären, ob der Fall noch einmal grundsätzlich beim OLG auf den Tisch kommt oder es im nächsten Schritt um die Höhe von Schadensersatz und Schmerzensgeld geht. Mit dem Geld will Karl-Heinz Schlee nach eigenen Worten eine Stiftung gründen und Patienten helfen, die ein ähnliches Schicksal wie seine Frau erleiden mussten.

4 Kommentare