Trotz Einfahrtverbot in Altschauerberg: Drachenlord bleibt Pilgerstätte für "Hater"

22.9.2019, 13:06 Uhr
Trotz Einfahrtverbot in Altschauerberg: Drachenlord bleibt Pilgerstätte für

© Patrick Lauer (FLZ)

Mit einem Großaufgebot an Kräften rückte die Polizei auch an diesem Wochenende in dem Dorf an, um "Hasser" vom Grundstück des "Drachenlords" fernzuhalten. Das marode Haus in der Mitte des Dorfes ist von Bauzäunen und Absperrbändern umgeben. Trist sieht es aus, auf dem Hof rostet ein alter Pkw. In seinem Elternhaus, in dem er allein lebt, produziert Rainer Winkler seit Jahren seine Filmchen mit sexistischen und frauenfeindlichen Inhalten, die seine "Hasser" - sie nennen sich englisch "Hater" gegen ihn aufbringen.

Vor einem Jahr rückten plötzlich etwa 800 junge Leute in dem Dorf bei Emskirchen an, um den "Drachenlord" zu besuchen. Einige provozierten ihn. Verurteilt wurde er, weil er einen jungen Mann mit Pfefferspray attackiert hatte. Es soll nicht der einzige Übergriff gewesen sein.

Für die Polizei in Neustadt/Aisch war es wieder einmal ein besonderes Wochenende. Ein paar Dutzend Besucher sind an der "Pilgerstätte" an Wochenenden eigentlich normal. Aber jetzt sollen sich einige "Hater" bei der Kirchweih in Iphofen in Pensionen eingemietet, haben, um Rainer Winkler zu besuchen. Das ging zumindest aus Verabredungen in einschlägigen Foren hervor.

Nach Auskunft der Polizei hat es am Wochenende 15 Platzverweise gegeben. Die meisten "Hater" kamen erst spät in der Nacht zum Anwesen von Rainer Winkler, der gleich mehrfach die Polizei um Hilfe rief.


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Alleine kann es die örtliche Polizei längst nicht mehr schaffen, die Sicherheit in dem Dorf zu garantieren und hat sich deshalb Unterstützung aus Erlangen geholt. Ziel der Einsätze ist, Straftaten zu verhindern. So ist die Ortschaft längst mit einem Einfahrtverbot belegt.

Nur Anwohner und Lieferanten dürfen nach Altschauerberg. Die "Pilger" ziehen meist vom Feuerwehrhaus in Neuschauerberg die etwa 800 Meter bis zum Haus von Rainer Winkler und rütteln an den Gittern. Das lässt die Polizei nicht zu, weitere Übergriffe soll es nicht geben. Also bekommen die ungebetenen Besucher Platzverweise und müssen den Ort schnell verlassen. Nach Polizeiangaben ist das kein Problem. Die meisten Gäste geben sich einsichtig. Dennoch müssen die Beamten die Präsenz personell erst einmal stemmen.

Dazu gehören auch regelmäßige Kontrollen durch Streifen. Schon am Freitagabend waren erste Besucher nach Altschauerberg gekommen, sie versammelten sich später an einem Parkplatz an der Ortsausfahrt von Emskirchen. Im Haus des Drachenlords war schon um 22 Uhr kein Licht mehr zu sehen.


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Tags darauf postierte sich ein junger Mann aus dem Landkreis Fürth in Springerstiefeln am Feuerwehrhaus. Er wollte die rege Besuchsfrequenz dazu nutzen, seinen Hass auf die "vielen Italiener und Amis in der Gegend" kund zu tun. Doch sein Gefasel von einer "deutschen Kolonie" interessierte niemanden. Die Besucher - den Kennzeichen nach aus Frankfurt, Rosenheim und Zürich - wollten das Haus des "Drachenlords" sehen. Das Durchfahrtsverbot nötigte ihnen allerdings Respekt ab. Zwei machten sofort kehrt, sie gingen nicht einmal zu Fuß in den Ort. Am Nachmittag bezog die Polizei Stellung und konnte Besucher abwimmeln.

Trotz Einfahrtverbot in Altschauerberg: Drachenlord bleibt Pilgerstätte für

© Lorenz Bomhard

Der Ort zieht überwiegend junge Männer unter 30 Jahren an, die aus der Computerszene stammen und sich politisch nicht extrem äußern. In blanken Hass schlägt das Gespräch aber um, wenn vom "Drachenlord" die Rede ist. "Abschaum", "Volldepp" - das sind noch harmlose Bezeichnungen für den 30-Jährigen, der in seinen Filmen den "Hatern" auch regelmäßig Gewalt androht.

Wenngleich die Einsätze den Polizisten die Wochenenden rauben, so gehört das Vorgehen in Altschauerberg mittlerweile zur Routine. Auch während der Kirchweih in Emskirchen gab es Versuche von Auswärtigen, den Festtrubel zu Besuchen bei Rainer Winkler zu nutzen. Also riegelte die Polizei alle Zufahrtswege ab.

Trotz Einfahrtverbot in Altschauerberg: Drachenlord bleibt Pilgerstätte für

© ToMa/Eberlein

Das Ziel der "Hater" geben sie ganz offen zu: Sie wollen ihn provozieren, damit er bei der nächsten Verhandlung nicht mehr mit einer Bewährungsstrafe davonkommt und seine Internet-Aktivitäten ruhen. Doch bisher geht das Treiben munter weiter. Rainer Winkler, der nicht von Sozialhilfe lebt, verdient nach Schätzungen von Experten monatlich mehr als 3000 Euro mit den Erlösen aus dem Internet. Immerhin hat er einige Follower, was dann Werbeeinnahmen bedeutet. Unklar ist allerdings, ob das noch lange geht. Die Landesmedienzentrale hat ihm bereits ein Sendeverbot erteilt und will ein Zwangsgeld eintreiben. In letzter Konsequenz könnte dann seine Computer-Ausrüstung beschlagnahmt werden.

Der Artikel wurde am Sonntag um 13 Uhr aktualisiert.

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