Marleen Hornung war zehn Stunden im Becken

Verrücktes Musikvideo: Mit Klavier und Geige unter Wasser

Anna Franck

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5.2.2022, 05:57 Uhr
Für die Unterwasser-Szene wurde extra ein Klavier in ein Schwimmbadbecken getaucht, sechs Stunden verbrachte Marleen Hornung beim Dreh im Wasser.

© Kaspar Wetsch, NN Für die Unterwasser-Szene wurde extra ein Klavier in ein Schwimmbadbecken getaucht, sechs Stunden verbrachte Marleen Hornung beim Dreh im Wasser.

Ein Klavier in einem Hallenbad versenken, um ein Musikvideo zu drehen. Zehn Stunden im Becken, sechs davon unter Wasser verbringen. Vier Taucher und ein Film-Team engagieren, die alles begleiten. Sich der Dunkelheit stellen. Marleen Hornung hat all das umgesetzt. „Das war wohl die verrückteste Aktion, die ich in meinem Leben bisher unternommen habe“, sagt die Musikerin, „aber es hat sich sowas von gelohnt.“

Im Oktober 2021 hat die Berufsmusikerin, die aus Oberursel bei Frankfurt stammt, unter dem Namen „Marliina“ ihr erstes Solo-Album „From another world“ veröffentlicht. In Bad Windsheim ist Marleen Hornung unter anderem durch Auftritte mit ihrer Band „A Purple Sky“ bekannt, zu der auch der Kurstädter Sebastian Laue gehört. „Moody“, auf deutsch launisch, heißt der Song, zu dem das Musikvideo entstanden ist.

Idee in der eigenen Badewanne

Die Idee kam ihr mitten in der Nacht. Hornung konnte nicht schlafen, ließ sich ein Bad ein. Um den Kopf freizubekommen, hörte sie sich eigene Song-Demos an, die sie mit dem Handy aufgezeichnet hatte – unter anderem auch eine Skizze von Moody, die sie am selben Tag aufgenommen hatte.

Düster klang das, irgendwie launisch eben. Sie fand sich in einer Unterwasserwelt wieder, fern von der Realität. "Wie genial wäre es, ein Musikvideo unter Wasser zu drehen?", fragte sich Hornung damals. Der Songtext war noch nicht final fertig, in ihrer Vorstellung sah die Sängerin eine Person, die ihre vermeintlich große Liebe verlassen muss, weil sie sich als toxisch herausstellte. Ein Mix aus Zorn und Liebe.

Start des Projekts Marliina

Den Unterwasser-Traum im Hinterkopf besuchte Hornung im Februar 2020 mit ihrer Band das Filmteam der Lichtschreiber in Nürnberg, um einen Musikvideodreh für A Purple Sky zu planen. Ihre Moody-Gedanken teilte sie mit Dhana Sauernheimer, die die Produktionsfirma mit Lucas Fuchs betreibt – mit der Vermutung, ohnehin ein Nein zu bekommen. Aber Überraschung: „Ja klar können wir das machen“, hieß es.

Marleen Hornung (Zweite von rechts) mit ihrer Band A Purple Sky; von links: Dennis Winke, Katharina Marosz, und Sebastian Laue.

Marleen Hornung (Zweite von rechts) mit ihrer Band A Purple Sky; von links: Dennis Winke, Katharina Marosz, und Sebastian Laue. © Lukas Hornung, NN

Hornungs Gedanken rotierten, die Liste an Dingen, die es zu organisieren galt, wuchs. Und dann? Corona-Pandemie, Lockdown, Stillstand. Hornung nutzte die Zeit, verarbeitete Erfahrungen aus ihrem letzten Studienjahr in Songs, um damit endlich abzuschließen. Lieder entstanden, die neue Facetten – anders als das Band-Projekt – von ihr als Künstlerin zeigten. Das Projekt Marliina war geboren.

Kurz vor dem Schwimmbad-Abriss

Im Mai 2020 ging es ins Tonstudio, dort sang sie neben Moody, auch die anderen Songs ihres Albums ein. Der Traum vom Unterwasser-Video war derweil in weite Ferne gerückt, bis Dhana Sauernheimer wieder auf sie zukam und fragte, ob sie denn noch Lust darauf hätte.

Zahlreiche Schwimmbäder rief Marleen Hornung an. Fündig wurde sie in Bad Kreuznach: Dort sollte das Hallenbad ohnehin zwei Wochen später abgerissen werden. Die Lichtschreiber hatten Zeit und so galt es, im Eiltempo zu organisieren. Ein Outfit musste beispielsweise her, nicht zu schwer. Ein stahlgrauer Body, an den ein türkisfarbenes Tuch genäht wurde, sollten es werden.

Und dann kam ein bisschen Angst

In Moody sind neben Cello und Marimba auch ein Klavier und eine Geige zu hören. Warum also keine Geige mit unter Wasser nehmen? Sie beschaffte sich ein günstiges Exemplar, gravierte ihr Logo ein. Noch besser wäre natürlich ein Klavier. „Der Oberhammer“, sagt Marleen Hornung. Das Piano Haus Palme in Friedberg überließ ihr eines für relativ wenig Geld.

Dann war der 5. Juni gekommen. Drehtag. Eine zehn mal 16 Meter lange Teichfolie wurde mit Gewichten am Beckenrand befestigt – als Hintergrund, damit im Musikvideo niemand ein Hallenbad vermutet. Um das Licht richtig einzustellen, ging es für Hornung erstmals ins Wasser. Die Teichfolie erreicht, wurde alles dunkel, „die schluckte das Licht“. Angst überkam die Musikerin.

Taucher sorgen für Sauerstoff

Alles abbrechen? Auf keinen Fall, „alle waren ja nur wegen mir gekommen“. Also durchziehen, konzentrieren. Das Klavier durfte derweil nicht zu früh ins Becken gelassen werden, da sich die Tasten vollsaugen und dann nicht mehr nach unten drücken lassen, erklärt Hornung. Ein solches großes, schweres Instrument wird sich ja wohl schnell versenken lassen. Das dachte der Großteil des Teams, doch das Holz machte die Lage knifflig. Zwei Saugnäpfe, Seile und mehrere Gewichte hielten es schließlich am Becken-Boden.

Sängerin und Pianistin Marleen Hornung.

Sängerin und Pianistin Marleen Hornung. © Elmas Bagci, NN

Dann ging es los. Vier Taucher schwammen stets um Hornung herum, gaben Zeichen oder reichten das Mundstück zum Atmen. Etwa zehn Stunden waren die Beteiligten im Wasser, Hornung davon sechs Stunden unter Wasser. „Meine pinke Haarfarbe war komplett ausgewaschen.“

Bloß nicht singen

Richtig singen war beim Dreh übrigens nicht erlaubt, da sonst zu viele Blasen vor Hornungs Gesicht geschwommen hätten. Damit Hornung passend zur Audio-Aufnahme im richtigen Tempo ihre Finger und Lippen bewegte, musste sie den Song unter Wasser hören. Sebastian Laue klopfte dafür stundenlang in der Geschwindigkeit 133 bpm, also beats per minute (Schläge pro Minute) mit einer Eisenstange auf das Treppengeländer am Becken. Während unten nur die stählernen Schläge zu hören waren, genoss das restliche Team über Wasser Electro Swing.

Eine "besondere Erfahrung", bilanziert Hornung rückblickend. Die Ideen gehen ihr derweil nicht aus. Ihre neue Single „Good Evening“ erscheint am Freitag,4. Februar. Auf der Plattform „Patreon“ können Interessierte die Musikerin zudem finanziell unterstützen und kriegen dafür exklusive Einblicke in ihr Schaffen.

Das Musikvideo ist auf dem Youtube-Kanal „Marliina“ zu finden: www.youtube.com/watch?v=OxeyY9ei0sU

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