Nicht alle Landwirte Bayerns profitieren von der Dürrehilfe

20.11.2018, 05:56 Uhr
Mais und Gründland waren von der extremen Trockenheit besonders betroffen.

© Bernd Wüstneck Mais und Gründland waren von der extremen Trockenheit besonders betroffen.

Karlheinz Brand aus Gailroth, einem Ortsteil von Schnelldorf im Landkreis Ansbach, ist ziemlich angefressen. Die Getreideernte ist aufgrund der anhaltenden Hitze und des zu geringen Niederschlags in diesem Sommer sehr schlecht ausgefallen. Gerste und Mais für seine Schweinezucht und die Biogasanlage muss Brand nun zukaufen. Zwischen 200 und 300 Tonnen Gerste fehlen dem Landwirt noch, damit er über den Winter kommt. Doch der Markt sei gerade schwierig, erzählt der Landwirt. Gerste zu bekommen, sei schwer, weil die Trockenheit ja nicht nur in Bayern sondern in allen Bundesländern für Ernteausfälle sorgte. Das trieb die Preise nach oben.

Brand bewirtschaftet einen Schweinezucht- und Mastbetrieb mit rund 400 Muttersauen. Seine Borstentiere versorgt er normalerweise mit selbst angebautem Getreide wie Mais und Gerste. Doch dieses Jahr geht die Rechnung nicht auf. Weil der Preis für Schweinefleisch (1,36 Euro pro Kilo erhält der Erzeuger derzeit) noch immer am Boden ist, kann Brand seine Verluste beim Getreide (rund 30 Prozent bei Mais und Gerste) nicht kompensieren. Eigentlich ist er damit ein klassischer Fall für die Dürrehilfe, möchte man meinen, doch Brand geht leer aus. Er hat Schweine, also Allesfresser und damit keine Raufutterfresser, wie Rinder, Schafe, Ziegen oder Pferde im Stall. Deshalb ist Brand nicht berechtigt, die Bayerische Grundfuttermittelbeihilfe, so der offizielle Name, anzufordern.

Doch hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner den Bauern im Sommer nicht eine Not-Dürre-Hilfe von insgesamt 170 Millionen Euro versprochen? Brand lacht, doch es ist ein bitteres Lachen: „Ich kenne bislang keinen einzigen Kollegen, der die Bundeshilfe beantragt hat“, sagt er und fügt hinzu: „Das macht keiner, denn sie ist ja noch viel bürokratischer als die bayerische Dürrehilfe.“Um in den Genuss der Bundesdürrehilfe zu kommen, müssen die Bauern nicht nur akribisch jeden Rechnungsbeleg für Futtereinkäufe, Fahrten oder Transportkosten vorlegen, sie müssen auch ihre Einkommensverhältnisse über mehrere Jahre transparent machen. Brand ist nicht wohl bei diesem Gedanken. Vielen seiner Kollegen auch nicht.

Hilfen in Höhe von 340 Millionen Euro

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte den Bauern im August Hilfen in Höhe von 340 Millionen Euro (170 Millionen vom Bund, den Rest von den Ländern) zugesagt und die Dürreperiode als „Witterungsereignis nationalen Ausmaßes“ eingestuft. Die Bauern in Deutschland hatten die schlechteste Ernte seit Jahren eingefahren. Das Bundeslandwirtschaftsministerium war davon ausgegangen, dass rund 10000 Landwirte bundesweit in der Existenz bedroht seien. Die Hilfen sollten schnell und unbürokratisch fließen, hatte damals lautstark der Deutsche Bauernverband gefordert. Gehört worden ist er offenbar nicht. Denn die bayerische Dürrehilfe, und erst recht die Bundeshilfe gelten als echte Bürokratiemonster.

  Von knapp 106.000 Landwirten haben rund 2600 die Dürrehilfe beantragt. Davon 855 aus Franken und 791 aus der Oberpfalz. Martin Hecht, ein Sprecher des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums, findet die Zahl der Bewerbungen um die Dürrehilfe erfreulich. Agrarministerin Michaela Kaniber betont: „Die Resonanz entspricht unseren Erwartungen. Erfahrungsgemäß kommt der Großteil der Anträge erst in den letzten Tagen ans Amt zur Antragsstellung.“

Rückgang von 2,3 Prozent

In Bayern werden 51 Prozent der Betriebe im Nebenerwerb und 49 im Vollbetrieb bewirtschaftet. Immer mehr Betriebe geben auf. Im Vergleich zum Jahr 2015 gab es im Jahr 2016 einen Rückgang von 2,3 Prozent. Und der Strukturwandel in der Landwirtschaft schreitet voran, sagt Ottmar Braun, Vorsitzender des mittelfränkischen Bezirksbauernverbands. Trotzdem ist Braun davon überzeugt, dass die meisten Landwirte ein schlechtes Erntejahr wegstecken könnten. Einfach, weil sie auf Vorrat wirtschaften und vom guten vergangenen Erntejahr profitieren.

Doch der BBV-Funktionär gibt  zu bedenken, dass sich die ganzen Folgen der massiven Trockenheit im Jahr 2018 erst im Frühjahr 2019 abzeichnen werden. Dann, wenn die Vorräte klassischerweise zu Neige gehen. Besonders betroffen von der anhaltenden Trockenheit seien die Bezirke Ober- Unter- und Mittelfranken sowie große Teile der Oberpfalz gewesen, erläutert Braun. Doch selbst in diesen Gebieten habe es aufgrund der unterschiedlichen Böden große regionale Unterschiede in den Ernteausfällen gegeben. Am schlimmsten habe es die Landwirte im Nürnberger Land, im Landkreis Ansbach und Neustadt/ Aisch-Bad Windsheim erwischt.

Auch Braun bringt die Unzufriedenheit der Landwirte ins Gespräch: „Viele haben das Bauern-Bashing einfach satt, sie sind frustriert, weil man ihnen unterstellt, immer nur zu jammern.“ Dabei seien die Milchpreise und der Preis für Schweinefleisch nach wie vor im Keller. Der BBV-Funktionär hofft, dass sich die Trockenheit im nächsten Jahr nicht wiederholt. „Ein Jahr kann man kompensieren, ein zweites ist für viele dann nicht mehr zu schaffen.“ Der BBV versucht seinen Mitgliedern unter anderem mit einer Online-Futterbörse zu helfen.

 

1 Kommentar