Note "Mangelhaft": Lehrer stehen auf der Straße

6.2.2019, 06:00 Uhr
Lehrer in Bayern suchen nach einer geeigneten Stelle - nicht immer mit Erfolg.

© Felix Kästle/dpa Lehrer in Bayern suchen nach einer geeigneten Stelle - nicht immer mit Erfolg.

Michael Piazolo, Kultusminister der Freien Wähler (FW), ist gerade mal knapp hundert Tage im Amt, da nehmen ihn die Lehrerverbände schon in die Mangel. Im Interview mit den Nürnberger Nachrichten versprach Piazolo, wie berichtet, zeitnah, also noch 2019 rund 1000 Lehrkräfte für alle Schularten einzustellen - sofern der Bayerische Landtag mitspiele.

Die steigenden Schülerzahlen habe man wie die Digitalisierung und die Ausgestaltung des G9 im Blick, sagte der Kultusminister. Die bayerischen Lehrerverbände wollen das nur zu gerne glauben, hegen aber Zweifel an dieser Aussage. Denn im Februar beenden an den bayerischen Gymnasien rund 600 Referendare ihre Ausbildung. Für sie stehen momentan nur rund 180 Stellen an den 321 staatlichen Gymnasien zur Verfügung. 200 angehende Gymnasiallehrer werden zusätzlich an Grund- und Mittelschulen gebraucht Spätestens 2025 wird es am Gymnasium aber wegen des G9 einen enormen Mehrbedarf an Lehrkräften geben.

"Es droht ein personeller Engpass und es sind nur drei Doppelhaushalte, in denen vorausschauend eingestellt werden kann", warnt Michael Schwägerl, Vorsitzender der Bayerischen Philologen. Der Verband fordert einen breiteren Einstellungskorridor, um bereits jetzt die besten Absolventen an die Schulen zu bringen. Gleichzeitig könnten so Klassen verkleinert und integrierte und mobile Reserve erweitert werden, um Unterrichtsausfälle wirklich zu 100 Prozent abdecken zu können, schlägt Schwägerl vor: "Wer den jungen und hoch motivierten Leuten jetzt einen Korb gibt, braucht sich nicht wundern, wenn sie in sechs Jahren nicht mehr zur Verfügung stehen, weil sie in anderen Bundesländern oder Schularten unterrichten".

Auch Jürgen Böhm, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Lehrerverbände (abl) sowie Vorsitzender des Bayerischen Realschullehrerverbands (brlv) fordert: "Wenn Bayern bildungspolitisch zukunftssicher aufgestellt sein soll, muss jetzt gehandelt werden." Im Koalitionsvertrag seien die Stärkung der hervorragenden Ausbildung der Lehrkräfte sowie die Deckung des Lehrerbedarfs ohne Seiteneinsteiger festgehalten worden, erinnert Böhm. Darauf berufe man sich. Simone Fleischmann vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) mahnt angesichts der tristen Zukunftsperspektiven der angehenden Gymnasiallehrer: "Das schwächt die Gymnasien und gefährdet die Qualität der Schulen, die angesichts G9 vor großen Herausforderungen stehen." Gleichwohl werden an Grund- und Mittelschulen, Förder- und Berufsschulen händeringend Lehrkräfte gesucht. "Korrekturen in der Lehrerausbildung sind überfällig", sagte Fleischmann. Die Angebote zur Zweitqualifikation - Interessierte können sich damit zu Mittel- oder Grundschullehrkräften nachqualifizieren, schafften nur eine kurzfristige Linderung der sehr angespannten Situation.

Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat einen 10-Punkte-Plan zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels an allen Schulen vorgelegt. Auch sie drängt auf eine Anpassung der Lehrerausbildung.

 

 

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