30. September 1967: Der Kauf ist perfekt

30.9.2017, 07:00 Uhr
30. September 1967: Der Kauf ist perfekt

© Kammler

Im Hause der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät an der Findelgasse unterzeichneten Finanzminister Dr. Konrad Pöhner und die Direktoren Dr. Eugen Schilling und Heinz Tschech von der Brau-AG die Urkunde, die das Land Bayern zur Eigentümerin des Geländes der früheren Tucher-Brauerei an der Langen Gasse macht. In den Grundstückspreis von 5,1 Millionen DM teilen der Staat und die Stadt Nürnberg.

Das jahrelange Tauziehen um den Standort der Fakultät – vom Wöhrder Tal über den Wetzendorfer Espan und zur Scharrerstraße – ist damit zu Ende. Die Professoren und 2.500 Studenten können hoffen, daß sie in absehbarer Zeit der räumlichen Enge entrinnen.

30. September 1967: Der Kauf ist perfekt

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"Das ham mer geschafft. Jetzt kann es weitergehen", frohlockte Prodekan Professor Dr. Karl G. Specht, der sich wie mancher Politiker um die Einigung verdient gemacht hat. "Der Tag ist ein Markstein für die Fakultät", meinte der Dekan, Professor Dr. Eugen Sieber, bei der Begrüßung und schilderte Gründe, die Erweiterungsbauten notwendig machen: der höhere Platzbedarf für jeden Studenten beispielsweise oder die wichtige Aufgabe eines Industrielandes, fähige Köpfe für seine Wirtschaft und Gesellschaft auszubilden.

Das Tucher-Gelände garantiere – so meinte der Dekan – bei überlegter Nutzung eine angemessene Entwicklung der 6. Fakultät. Es liege in der Nähe des bisherigen Platzes und zudem mitten in der Altstadt mit ihren kulturellen Einrichtungen. So blieb dem Dekan nur ein Wunsch: die Planung zügig voranzutreiben, ein Anliegen, das auch der Rektor der Universität Erlangen-Nürnberg, Professor Dr. Johannes Herrmann, vortrug.

Noch vor der Unterzeichnungszeremonie gab es die erste Erfrischung, natürlich ein kühles Helles von Tucher-Siechen. Der stilgerechte Trunk animierte zum Gespräch und half die Zeit überbrücken, weil Notar Dr. Fritz Grimm die Partner ins "Champre séparée" gebeten hatte. Er wiederholte den Vertragstext, in dem unter anderem ausgemacht wurde, daß auf dem 23.000 Quadratmeter großen Gelände keine Brauerei oder Bierwirtschaft mehr betrieben werden darf. Erst dann hatte die notarielle Formel "vorgelesen, genehmigt und unterschrieben" ihre Gültigkeit. Finanzminister und Brauerei-Direktoren durften ihre Autogramme geben.

Dr. Konrad Pöhner erhob sich als erster zum Lob. Bei Verhandlungen in Nürnberg sei noch immer eine gute Synthese der Interessen herausgekommen, betonte er. Aber er sagte auch klipp und klar, daß die Zeit, die durch die Standortsuche verlorengegangen ist, nicht mehr eingebracht werden kann.

Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter bezog sich auf die wirtschaftlichen Überlegungen, die zum Zusammenschluß von Brauhaus Nürnberg und Tucher-Brauerei zur Brau-AG geführt und es ermöglicht haben, ein geeignetes Grundstück für die Fakultät zu finden. "Staat und Stadt werden als Partner den weiteren Weg der Universität begleiten. Wenn Nürnberg dabei einmal die Kräfte versagen, wünschen wir uns vom Land einen 'goldenen Stock'", erklärte das Stadtoberhaupt und bekam prompt die diplomatische Antwort: "Wir sprechen alle miteinander fränkisch. Wir werden uns sicherlich gut verstehen."

Viel Verständnis ist sicherlich nötig, wenn eines Tages ein anderes Problem angepackt wird. Denn die ungeteilte Freunde über den glücklichen Standortfund täuscht nicht darüber hinweg, daß Nürnberg als einzige bayerische Stadt zur Finanzierung der staatlichen Institution Universität alljährlich tief ins Portemonnaie langt und lieber gestern als morgen von dieser Last befreit sein möchte. Da gibt es noch eine harte Nuß zu knacken.

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