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10. Juli 1971: Rotes Licht für grünen Rasen

10.7.2021, 07:00 Uhr
10. Juli 1971: Rotes Licht für grünen Rasen

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Und das, obwohl der Chef der Mehrheitsfraktion im Nürnberger Stadtrat, Willy Prölß, vor fast genau einem Jahr verkündet hatte, daß er sich mit seiner Partei rückhaltlos für die Zugänglichkeit der öffentlichen Grünanlagen einsetzen werde, „selbst wenn damit Nachteile verbunden sein sollten“. (Siehe unsere Zeitung vom 5. Juni 1970: „Grünes Licht für Spiel auf grünen Wiesen“).

Bis heute ist nichts geschehen. Eine neue entsprechende Satzung blieb in den Fängen der Juristen in der Stadtverwaltung hängen. Der Stadtrat hat die Satzungsänderungen noch nicht einmal zu Gesicht bekommen.

Beratung nach der Sommerpause

Voraussichtlich wird der Stadtrat erst nach der Sommerpause die neue Satzung beraten. Und die Bürger können sich vermutlich auf die Wiesen legen, wenn der erste Schnee gefallen ist. Denn Bürokratie braucht seine Zeit.

Jetzt nach einem Jahr, ist die neue Satzung im Entwurf fertig. Das Werk muß der Regierung von Mittelfranken als Aufsichtsbehörde vorgelegt werden. Erst danach kann sich der Stadtrat damit befassen. Und zum Schluß muß wieder die Regierung in Ansbach die Satzung in Kraft setzen. Vermutlich sind dann die letzten warmen Sonnenstrahlen dahin.

Aber bis dahin müssen Polizeibeamte noch hinter Mensch und Hund herlaufen und sie vom Rasen vertreiben. Besonders im Stadtpark. Der Grund: beim Gartenbauamt sind „massive Beschwerden“ (so Gartenbaudirektor Theo Friedrich) von Bürgern eingegangen, die sich darüber ärgern, daß Bürger mit hartem Schuhwerk auf zartem Rasen lustwandeln. Direktor Friedrich: „Im Bewußtsein der Öffentlichkeit ist der Stadtpark so eine Art Schatzkästchen.“ Den Beschwerden entsprechend, wies das Gartenbauamt die Polizei darauf hin, daß nach den geltenden Bestimmungen das Betreten der Wiesen noch immer verboten ist. Eine verstärkte Überwachung könne nicht schaden.

Aber Direktor Friedrich glaubt auch nicht, daß sich im Stadtpark wesentliches ändern wird, wenn der Stadtrat die öffentlichen Wiesen freigibt. Sicher werde der Stadtpark eine Ausnahme bilden. Der Druck der Öffentlichkeit werde dazu führen, vermutet der Gartenbaudirektor, Es käme auf einen Versuch an. Denn sicher sind so viele Beschwerden nun doch nicht eingegangen, als daß man von einem klaren Volksentscheid sprechen könnte.

Gartenbaudirektor Friedrich hält das Liegen auf den Wiesen keineswegs für verwerflich. Man habe durchaus Verständnis für das Bedürfnis der Bürger, sich auf den Grünflächen zu erholen und zu entspannen. Der Volkspark Dutzendteich, die Wöhrder Wiese, ein Teil der Grünzüge in Langwasser und der Volkspark Marienberg stehen als Beweis dafür.

Aber all das reicht keineswegs aus. Und das hat Willy Prölß klar erkannt und er hofft jetzt, daß die Verwaltung „in Kürze eine Satzung vorlegt, die den Wünschen der Bevölkerung Rechnung trägt“.

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