11. November 1968: Auf einem Weg in die Zukunft

11.11.2018, 07:00 Uhr
11. November 1968: Auf einem Weg in die Zukunft

© Kammler

Damit ist bis 1975 festgelegt, daß Nürnberg seine Straßenbahnen und Omnibusse wie eh und je nach Fürth schickt, die Nachbarstadt sich dafür aber erstmals auch an den hohen Verlusten der Verkehrsbetriebe beteiligt.

Als ein gutes Beispiel für „regionales Denken“ und „ein Miteinander statt einem Nebeneinander“ feierten die Stadtoberhäupter das Ereignis, das ihren Bürgern weiterhin gemeinsame Schienenwege sichert.

11. November 1968: Auf einem Weg in die Zukunft

© Ulrich

Lorbeerbäume, rote Nelken und freundliche Worte ließen bei der Feier an der Stadtgrenze vergessen, daß die Fürther während des zehnjährigen Tauziehens um einen neuen Vertrag schon fast entschlossen waren, der Nürnberger Straßenbahn die Freundschaft aufzukündigen und ein eigenes Omnibusnetz aufzubauen. Die Kommunalpolitiker im Rathaus nach Florentiner Muster hatten zwar immer schon gut fahren, aber nicht auch am Defizit (in diesem Jahr stattliche 20 Millionen Mark) beteiligt sein wollen. Der alte Vertrag von 1927 mit „vagen Kündigungsklauseln und keinen finanziellen Absprachen“ (so Dr. Urschlechter) machte es ihnen leicht, taube Ohren zu zeigen, als die Nürnberger Geld zu fordern begannen.

Die Pioniertaten ihrer Altvorderen – vor mehr als 130 Jahren schufen sie die erste deutsche Eisenbahnstrecke, vor 41 Jahren den Straßenbahnvertrag als Novum zwischen zwei Städten – mag beide Seiten schließlich doch bewogen haben, ein bißchen zurückzustecken. Fürth fand sich bereit, 7,5 Prozent des „bereinigten Defizits“ bis 1971 (in diesem Jahr immerhin eine runde Million Mark), danach sogar zehn Prozent mitzutragen. „Die U-Bahn wird 1975 zu neuen Überlegungen zwingen“, meinte Oberbürgermeister Scherzer, der auf die nahen Bauwerke für dieses „Nahverkehrsmittel der Zukunft“ deutete und die feierliche Unterzeichnung des Dokuments nur als einen Markstein, nicht aber als das Ende gemeinsamen Handelns verstanden wissen wollte.

Eine freundliche Lösung

Sein Nürnberger Kollege Dr. Urschlechter betonte auch, daß entscheidender als die finanzielle Abmachung die nachbarschaftlich freundschaftliche Lösung gewesen sei. Er dankte den Fürthern für ihr „regionales Denken“, das die beiden Städte erneut enger zusammengeführt und zu einem großen Werk geführt hat. Seinen Namenszug unter den Vertrag wertete Kurt Scherzer als einen Ausdruck des Strebens nach einem Miteinander, „das unsere Bürger schon vor 130 Jahren vorgemacht haben und nach dem unsere Zeitgenossen handeln, wenn sie ihre Probleme gemeinsam anpacken“.

„Weiterhin gute, erfolgreiche Fahrt“, wünschten die Oberbürgermeister der Bevölkerung beider Städte. Aus ihren Worten war herauszuhören, daß sie auch künftig an einem Strang ziehen wollen, so wie beim Theater, in der Gasversorgung, beim Kanal- und Schnellstraßenbau. Als sichtbarer Beweis für solche Anstrengungen grüßte von ferne die Kurgartenbrücke zum Denkmal mit dem Bildnis des Fürth 1965 eine Brücke von hüben nach drüben vom alten „Adler“ herüber. An diesem naßkalten, trüben Novembertag sah im Festesglanz einer gemeinsamen Tat fast alles so aus, als sei das Kriegsbeil zwischen den Nachbarn ein für allemal begraben. Vielleicht wenigstens bis zur nächsten Vertragsverhandlung…

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