12. Dezember 1969: Lichterzug der Volksschüler

12.12.2019, 08:00 Uhr
Diese vielzackigen beleuchteten „Leitsterne" führten die „Glühwürmchenprozession“ der Nürnberger Volksschüler zur Kaiserburg an.

© Kögler Diese vielzackigen beleuchteten „Leitsterne" führten die „Glühwürmchenprozession“ der Nürnberger Volksschüler zur Kaiserburg an.

„Mamma, ich siech nix! Ich siech a nix, wenn i mi dou nieber stell'n dou. I meecht etzala endli di Laterna seg'n.“ Diese Sorgen teilten mit einem kleinen Nürnberger Dreikäkäsehoch gestern abend Tausende von Nürnbergern, eigens „Zuagroasten“ und Ausländern, die sich alle zwischen Fleischbrücke und Kaiserburg eingefunden hatten, um mit der Glühwürmchenprozession einen der Höhepunkte des vorweihnachtlichen Nürnberger Veranstaltungskalenders mitzuerleben. Beseelt meist von dem Wunsch, der Lichterzug der Schüler möge die Erinnerung an vergangene nicht trüben und der Hoffnung, Beine und Hände mögen nicht zu sehr von der Kälte geplagt werden, hatten sich viele Zuschauer schon eine halbe Stunde vor Beginn einen Platz mit „guter Sicht“ gesichert, wobei den kleineren zugute kam, daß der steil ansteigende Berg jedem eine gute Chance bot. Mit elektronisch verstärkter Orgelmusik und Fanfarenstößen im Rücken verfolgten sie die unruhigen Bewegungen der ersten Lichtpünktchen, denen ein wahres Wetterleuchten alter Elektronenblitze den Weg wies.

Allmählich wurde – für den Betrachter vom Burgberg – das Würmchen zum Wurm, wurde er eine Kette bunter warmer Lichter, die ich durch das Dunkel der Zuschauer in leichten Bögen wand. Während die Amateurfotografen in der Dunkelheit noch mit den Objektiven ihrer Kameras rangen, ließ sich die Mehrzahl von dem stimmungsvollen Bild begeistern, ohne es für kommende Generationen im Bild festhalten zu wollen. Streicher und Holzbläser empfingen die näherkommenden großen Leitsterne am Ölberg, zu dessen Fuß sich die lange Prozession teilte und sich die kleinen Lichtleinträger mit den aus den Straßen rund um die Burg kommenden vereinigten.

"Lebende Bilder"

Die großen Sterne zogen über die Köpfe der Menge hinauf an den Fuß der Burgmauer, während sich die nachfolgenden verschieden geformten Laternen in weitem Kreis um den Ölberg drängten. Unter den bunten Lampions standen mehr als 1000 Schüler Nürnberger Volksschulen und der amerikanischen Schule aus Fürth, von ihrer Mission sichtlich erfüllt. Die im Unterricht selbst gefertigten beleuchteten Papiergebilde zeugten von den verschiedenartigen Begabungen ihrer Hersteller. Da war alles vertreten, von den einfachen Buntpapierspielereien bis zu künstlerisch gestalteten Werken, die die gesamte Weihnachtsgeschichte widerspiegelten.

Als sich das Rund unter der verdunkelten Burg geschlossen hatte, traten kleine Laternenträger auch an die Mauer der Burgfreiung und an die Aussichtsfenster des Sinwellturmes. Die Kulisse für die Weihnachtsgeschichte in lebenden Bildern war vollkommen. Sie fand nicht nur den Beifall lokalpatriotischer Nürnberger, sondern auch den der ausländischen Gäste, unter ihnen recht kritische Journalisten. Fanfaren bliesen über die Lautsprecher das Krippenspiel ein, das Schüler der Volksschule Sperberstraße gestalteten. In einzelnen „lebenden Bildern" wurden die Engel, die Heilige Familie, die Ankunft der Hirten und später die der heiligen drei Könige gezeigt. Beeindruckend wurden die Szenen jeweils von Scheinwerfern aus dem Dunkel herausgeleuchtet. 

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