12. November 1968: Stadt mit "offenen Türen"

12.11.2018, 07:00 Uhr
12. November 1968: Stadt mit

© Ulrich

Damit wurde der Besucherrekord des Jahres 1965 mit 49.018 um über 20.000 Gäste übertroffen. Besonders neu hinzu gekommene Attraktionen zum reichhaltigen Angebot der Stadt beim „Tag der offene Tür“ lockten die Bürger an. Bei der funkelnagelneuen Müllverbrennungsanlage war während des ganzen Tages kein Parkplatz zu finden. Sie schlug sogar das Polizeipräsidium, das die Jahre zuvor regelmäßig einsam an der Spitze lag. 7.150 Nürnberger wollten sehen, wie sich der Unrat der Stadt in Dampf auflöste.

12. November 1968: Stadt mit

© Ulrich

An zweiter Stelle rangierte die Polizei, die sich an diesem Tag für 7.139 Besucher im Präsidium wirklich als Freund und Helfer entpuppte, denn freundlich beantworteten die Beamten alle neugierigen Fragen, lotsen große und kleine Gäste durch Schießkino, Fahrzeugpark, durch Labor und zu den Hundevorführungen im Hof. Schöner als jedes Schaukelpferd waren für die Buben die Motorräder und Polizeiautos, auf denen sie herumkrabbeln durften, als stünden sie zu Hause im Kinderzimmer.

Auf den Feuerwachen bot sich das gleiche Bild wie bei der Polizei. Es gab nur einen Unterschied, die Autos waren rot statt grün. Aber auch hier hatten Knirpse – die Beinchen viel zu kurz, um allein die hohen Stufen zum Führerhaus zu erklimmen – Besitz von den riesigen Tanklöschfahrzeugen ergriffen und spielten Feuerwehrhauptmann. Darüber vergaßen sie Ort und Zeit, so daß manche Mama Mühe hatte, ihre Sprößlinge wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzubringen.

Die seltene Gelegenheit, sich auf einer Großbaustelle umzugucken, nutzten 900 Besucher in Langwasser, denn ausnahmsweise hieß es einmal „Betreten ausdrücklich erlaubt“. Väter und Söhne studierten Pläne für den U-Bahn-Bau, turnten über Sandhaufen und Stahlstangen, bis sie vor dem großen dunklen Maul in der Erde standen. „Aus dem Loch kommt dann die Trambahn?“ wollte ein Steppke von kaum sechs Jahren zweifelnd wissen. Bei der Bestätigung verschlug es ihm zunächst die Sprache, dann meinte er überlegen: „Na, da bin ich aber mal gespannt.“ Die städtischen Beamten, die erklärten, zeigten und führten, sagten alle halbe Stunde zueinander: „Da kommt wieder einer!“ – nicht etwa ein Besucher, sondern ein Bus, der die Gäste reihenweise „ausspuckte“.

In allen Ecken und Enden in Nürnberg war es diesmal dasselbe: die Bürger zeigten soviel Interesse wie nie zuvor, das Rathaus, die Sternwarte – hier stritten sich gestern abend die Gäste um die 12 Fernrohre –, die kulturellen Einrichtungen waren überfüllt. Geduldig warteten die Nürnberger in Schlangen, bis sie an die Reihe kamen.

Zum Abschluß besuchten sie dann die Handwerkskammer, und wer noch keine Weihnachtsüberraschung für seine Lieben wußte, kam um vieles schlauer nach Hause. In der großen Export-Schau gab es vielfältige Anregungen dazu.

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