Erschreckende TÜV-Bilanz für 1971

13. Oktober 1971: Viele Autos mit ernsten Mängeln

13.10.2021, 07:41 Uhr
13. Oktober 1971: Viele Autos mit ernsten Mängeln

© Rudolf Contino

Denn von den 55.213 Personenwagen, die von Ingenieuren des Technischen Überwachungsvereins in Nürnberg im ersten Halbjahr 1971 unter die Lupe genommen wurden, wiesen 23 787 (43,1 Prozent) erhebliche Mängel auf. Bei den Lastwagen sieht es noch schlimmer aus. 46,7 Prozent mit erheblichen Mängeln, lautet die TÜV-Bilanz, die eine rapide Zunahme der Beanstandungen gegenüber 1966 erkennen läßt.

Damals waren im ersten Halbjahr von den über 44.800 Personenautos auf den Prüfständen 25,3 Prozent und von den 6976 Lastwagen 31,2 Prozent wegen größerer Schäden aufgefallen. Für den Bereich des TÜV Nürnberg, der bei den Kraftfahrzeuguntersuchungen für ganz Mittelfranken zuständig ist, hat der Computer ausgerechnet, daß am häufigsten die Bremsen beanstandet werden. Bei den Personenwagen (in Klammern die Vergleichszahl 1966) bekamen deswegen 45 Prozent (23), bei den Lastwagen 46 Prozent (29) und bei den Omnibussen 43 Prozent (29) auf Anhieb keine neue Plakette an das Kennzeichen.

Oft kommt es vor, daß die Beleuchtung nicht in Ordnung ist: bei 35 Prozent der Personenwagen (1966: 17 Prozent), bei 40 Prozent der Omnibusse (26 Prozent) und bei 35 Prozent der Lastwagen (20 Prozent). Die Ingenieure kreuzten das dafür auf dem Prüfbogen freigehaltene Kästchen vor allem deshalb an, weil Scheinwerferspiegel schadhaft waren, oder die Nebelschlußleuchte zu nahe am Schlußlicht saß. Sogar ein so wichtiger Bestandteil wie die Lenkung funktioniert nicht immer so, wie es die Prüfer gerne sähen. Bei über einem Fünftel der vorgefahrenen Personenwagen (1966: 13 Prozent) und Lastwagen (elf Prozent) wurden solche Mängel entdeckt.

Dazu häufen sich die Schäden am Fahrgestell und am Antrieb (Rahmen, Federung, Räder, Achsen). 24 Prozent der Personenwagen (1966: acht Prozent), knapp ein Drittel der Omnibusse (13 Prozent) und gar 39 Prozent der Lastwagen (23 Prozent) fielen dabei auf. Oberingenieur Theo Egger (München), der stellvertretende Leiter der Kraftfahrzeug-Prüfstelle in Bayern, führt die Zunahme in erster Linie auf die Korrosionsschäden durch das Streusalz im Winter und auf den dichten Verkehr zurück, der die Fahrzeuge mehr beansprucht.

Ab und zu eine Wäsche

"Die kleinste blanke Stelle am Wagen und Salz dazu: das gibt die schönsten Rostnester", wissen die Ingenieure des TÜV. Sie raten deshalb, den Wagen noch vor dem ersten Schneefall in einer geeigneten Werkstätte konservieren zu lassen und im Winter dem Auto auch einmal eine Wäsche zu gönnen, um die Salzbrühe abzuspülen. Die Zunahme der Beanstandungen seit 1966 lasten sie freilich nicht allein dem Streusalz an.

Es gibt dafür mehrere Gründe. Zunächst übernehmen immer mehr Autofahrer die Methode, erst einmal zur Untersuchung und dann mit der Mängelkarte in die Werkstatt zu fahren, anstatt vorher die Hilfe der Automechaniker in Anspruch zu nehmen. Außerdem sind die Prüfsysteme in der letzten Zeit ausgebaut worden. Seit 1. Juli gehört dazu auch die Messung des Kohlenmonoxyd-Gehalts am Auspuff. Zahlen darüber liegen noch nicht vor, wohl aber hat der TÜV schon erste Erfahrungen gesammelt: "Da sieht‘s nicht schön aus. Auch bei den neuen Wagen nicht!"

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