15. April 1967: Umjubelte Sportler des Jahres

15.4.2017, 07:00 Uhr
15. April 1967: Umjubelte Sportler des Jahres

© Kammler

Den Ruhm der Fußball-Hochburg rettete Maxl Morlock, der damit drei Jahre nach dem Ende seiner glanzvollen Laufbahn als populärster Spieler im berühmten weinroten Dreß des „Club“ einen neuen Triumph feiern konnte.

Bei einem Ehrenabend in der ausverkauften Messehalle durften die Sieger im Wettbewerb der „NN“ unter dem Jubel ihrer Anhänger die Zeichen ihrer Würde entgegennehmen. „NN“-Mitherausgeber und Verleger Heinrich G. Merkel überreichte ihnen gestern abend silberne Pokale, bunte Blumen und schlichte Urkunden. Da rückten mit einem Schlag bescheidene Sportler in das grelle Rampenlicht, die es gewohnt sind, einsam ihre Runden zu drehen und oft vor dünnen Zuschauerkulissen ihre Wettkämpfe auszutragen.

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Bei der feierlichen Proklamation der Sieger klang aber auch Beifall für jene Männer und Frauen auf, für die es bei dieser Wahl nur zu ehrenvollen Plätzen gereicht hatte. Das Leichtathletiktalent Ute Heyn aus Zirndorf (1.205 Stimmen) und die bewährte Handballspielerin Lydia Bauer vom 1. FC Nürnberg (1.022) folgten der deutschen Eiskunstlaufmeisterin Angelica Wagner (2.549) auf den Fersen.

Noch knapper war das Ergebnis bei den Männern ausgefallen, denn dicht hinter Horst Haßlinger (1.832) konnten sich der Trial-Europameister Gustav Franke aus Stadeln (1.672), der Fürther Langstreckenläufer Manfred Wehner (1.101) und Club-Mittelstürmer Heinz Strehl (1.038) platzieren. Das Eislaufpaar Sonja Pfersdorf/Günter Matzdorf (1.405) und die Fußballmannschaft der Spielvereinigung (1.118) erwiesen sich als schärfste Konkurrenten der Staffelläufer vom TV Fürth 1860 (2.305).

15. April 1967: Umjubelte Sportler des Jahres

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Auf einsamer Höhe aber steht als Publikumsliebling Maxl Morlock, der als „Altsportler“ 2.776 von 3.135 Leserstimmen erhielt. Karl-Friedrich Haas, der Silbermedaillen-Gewinner von Melbourne, kam dagegen nicht einmal auf 200 Stimmen, aber doch auf den zweiten Rang. Bescheiden wie eh und je und im unverfälschten Nürnberger Dialekt sagte Maxl Morlock: „Das ist für mich eine Überraschung.“

Die Siegerehrung lag eingerahmt in eine Internationale Sportschau, wie sie Nürnberg nicht alle Tage zu sehen bekommt. Als charmanter und humorvoller Conferencier konnte Eberhard Stanjek vom Bayerischen Rundfunk dem pp. Publikum und den vielen Ehrengästen, darunter die Oberbürgermeister und Bürgermeister von Nürnberg und Fürth, ein buntes Programm mit den Stars von gestern und heute ankündigen. Vom „größten Musiker Bayerns“, Ernst Troelltsch mit seinen 1,92 m an der Hammondorgel über die fünfmaligen Radball-Weltmeister Buchholz und die fliegenden Menschen am Trampolin bis zu den Rennfahrern Karl Kittsteiner, Georg Umbenhauer und Georg Voggenreiter reichte die Skala großer Namen.

Mit Pauken und Trompeten sorgte die 30. US-Armee-Kapelle von A bis Z für einen zündenden musikalischen Hintergrund und die rechte Stimmung im Saale. Als Karl und Oskar Buchholz ihren Schweizer Gegnern Georges Lienhard und Erwin Fink aus Zürich acht Radbälle ins Netz setzten, da murmelten die Zuschauer: „Su an Sturm brauchert der Club . . .“ Manche von ihnen hätten am liebsten „Fußball-Rastelli“ Rainer Potschak, der minutenlang den Ball mit dem Kopf oder Fuß jonglierte, vom Fleck weg für die Bundesliga-Elf engagiert.

Bei den Schleuderbrett-Attraktionen der Rondos aus Backnang, den mehrfachen Deutschen Meistern im Kunstkraftsport, ging es im wahrsten Sinne des Wortes drunter und drüber. Sie schossen sich gegenseitig in Sessel oder Motorradsitze auf einer langen Stange, daß den Zuschauern die Gänsehaut nur so über den Rücken lief. Die Vizeweltmeisterin Maria Jarosch wirbelte mit Europameister Klaus Foerster, der sich als Clown getarnt hatte, vom Trampolin in die Lüfte und schlug dabei einen Salto nach dem anderen. Karate-Bundestrainer Toyama zertrümmerte mit seinen Kollegen Susukki, Hisatake und Ute Schmidt mit der bloßen Hand Dachziegel wie unsereins bestenfalls hauchdünnes Papier. Es wird nicht empfohlen, sich diesen Herrschaften unziemlich zu nähern.

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Was die Karate-Kämpfer in den Händen, hatten die alten Kempen großer deutscher Rennsportzeiten in den Füßen. Bei einer Wettfahrt auf Mini-Plastik-Dreirädern trampelten – in der Reihenfolge ihrer Zielankunft – Karl Kittsteiner, Georg Voggenreiter, Angelica Wagner (als maskierter Mister X) und Georg Umbenhauer um Geldpreise für Kinder- und Jugendheime in Nürnberg und Fürth. War ihr Auftreten ein Heiterkeitserfolg, so setzte die ganze Meistermannschaft des TSV Heusenstamm mit den Spitzenkönnern Philipp Fürst und Willi Jaschek, das Publikum beim Bodenturnen ins Staunen. Was man mit einem Fahrrad alles anfangen und wie man sich auf ihm bewegen kann, zeigte der Würzburger Heinz Stapf in Vollendung.

Der letzte Schlager des Abends: das Lokalderby zwischen den früheren Meistermannschaften vom Club und Fürth. Wie in den besten Regionalliga-Zeiten kämpften Max Morlock, Alfred Mirsberger, Gustl Schober, Kurt Ucko, Helmuth Herbolsheimer und Ersatztorwart Franz Schäfer gegen Peter Niemann, Max Appis, Hans Bauer, Herbert Ehrhardt, Richard Gottinger und „Ossi“ Schmidt: Musikdirektor Dr. Max Loy blies als Schiedsrichter das Horn statt der Pfeife dazu. Die Nürnberger Zuschauer fühlten sich beinahe ins Stadion versetzt, denn ihre Mannschaft verlor 1:0, wobei Max Loy noch einen Elfmeter für den „Club“ verhängte und selber verschoß.

Das versöhnliche Ende freilich setzten Eberhard Stanjek und Herbert Lehnert mit einem Quodlibet, in dem die Bundesliga-Mannschaft des 1. FCN auf die Schippe genommen wurde, die Schlußzeilen – nach der Melodie „Solang noch unter Linden . . .“ – aber lauten:

„Was nützen uns in Nürnberg, die Burg der Noris Zier? / Was nützen uns die Bratwürscht, was nützt uns das beste Bier? / Was nützt der Schöne Brunnen? Der helle Pegnitzstrand? / Wenn nicht der Club im Stadion kämpft für das Frankenland. / Der Club stürmt vor – und aufwärts, die Fähnlein wehen im Wind. – Wenn 22 Beine, am runden Leder sind. / Da schallt es von den Rängen ob Greis ob Mann ob Bub: / Wir lassen ihn nicht hängen – der Club bleibt unser Club!“

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