18. Januar 1971: Kein Winterschlaf im Tiergarten

18.1.2021, 07:00 Uhr
18. Januar 1971: Kein Winterschlaf im Tiergarten

© Ulrich

Doch obwohl der Tiergarten nicht in einen allgemeinen Winterschlaf verfällt und sich viele Tiere ganztägig im Freien tummeln, klagt Direktor Manfred Kraus über das Ausbleiben der Nürnberger: auf den sieben Kilometer geräumten Fußwegen haben seit Beginn des Jahres erst 800 Besucher ihren Rundgang gemacht.

18. Januar 1971: Kein Winterschlaf im Tiergarten

© Ulrich

Wenn sich alle Bewohner des Nürnberger Tiergartens so verhielten wie die Murmeltiere, brauchte sich Dr. Kraus keine Sorgen um Heizung und Fütterung zu machen. Bereits im August rupfen sie Gras und legen es zum Trocknen aus, um damit ihre Wohnhöhle zu polstern. Dann begeben sie sich familienweise in den Winterschlaf und lassen sich von Oktober bis April nicht mehr blicken.

Dennoch belaufen sich die Kosten für das Heizöl auf etwa 35.000 bis 38.000 Mark jährlich, davon entfallen zwei Drittel auf den Winter. Alle Räume sind mit Öl- oder Elektroheizung ausgestattet und können auf 10 bis 15 Grad aufgeheizt werden. Die Körperwärme besonders der größeren Tiere spart Heizungskosten ein, da die mit Heu bedeckten Dächer und die mit Stroh belegten Betonfußböden gut isolieren.

Erhöhte Futterkosten

Die Kosten erhöhen sich außerdem durch die Fütterung. Infolge der Kälte besteht mehr Bedarf an Kalorien. Da kein Gras gemäht werden kann, verfüttert man Runkelrüben. Außerdem gibt es eine Sonderzuteilung in Form von Mineralstoffen und Spurenelementen. Affen, die gegen Erkältungskrankheiten ebenso wenig gefeit sind wie Menschen und einen ordentlichen Schnupfen erwischen können, schlucken dreimal am Tag Vitamine. Im Affenhaus stehen Kartons mit Vitamintabletten, von denen sich auch Dr. Kraus einige einsteckt: „Warum soll mir nicht helfen, was den Affen bekommt.“

Die Rhesusaffen auf den Felsen sitzen dicht beisammen und wärmen sich gegenseitig unter lautem Geschnatter. Da die Wassergräben zugefroren sind, wurden Käfige an den Höhleneingängen angebracht, um die Tiere an einem Spaziergang im Park zu hindern. Einige Tiergarteninsassen müssen den ganzen Winter hinter Glas verbringen. Das gilt besonders für tropische Vögel.

Elefanten haben zwar an dem weißen kühlen Etwas, das da plötzlich vom Himmel kam, viel Spaß. Sie türmen den Schnee auf, werfen ihn mit dem Rüssel hoch und wälzen sieh darin. Von ihrem großen Gehege können sie allerdings wenig Gebrauch machen. Der Hohlweg vom Elefantenhaus dort hinauf verwandelt sich nämlich in eine Rutschbahn, „und wenn so ein Elefant einmal liegt, rührt er sich nicht mehr. Dann können wir schauen, wie wir ihn heil zurückbugsieren“, meint der Wärter.

Den Besuchern bleiben jedoch genügend Tiere, die den ganzen Tag im Freien verbringen: Kamele, Bisons, Hirsche, Steinböcke und natürlich Eisbären, Pinguine und Robben läßt der Schnee kalt.

Aber den Nürnbergern scheint es wie den Zoobewohnern zu gehen: die meisten von ihnen ziehen es vor, im Warmen zu bleiben. „Wenn wir erst einmal das Tropenhaus haben, in dem man sich stundenlang aufhalten, kann, ohne kalte Füße zu bekommen, wird der Besucherengpaß zu überwinden sein“, hofft Doktor Kraus.

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