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18. September 1971: Die Luft ist gut, aber Zweifel am Wasser

18.9.2021, 07:00 Uhr
18. September 1971: Die Luft ist gut, aber Zweifel am Wasser

© Kammler

Doch diese Gutachten sind so widersprüchlich, wie es schon die Standpunkte der Verfechter und der Gegner des Projektes waren:

1. Während das von der Regierung befragte Autobahnbauamt Nürnberg eine negative Auskunft erteilte, weil es die durch die Autobahn für das Erholungsgebiet entstehende Lärmbelästigung und andererseits auch die Ablenkungsgefahr für Autobahnbenützer für zu groß hält, sagen exakte Messungen des Nürnberger Gesundheitsamtes genau das Gegenteil aus: mit 45 Dezibel erreicht der Lärmpegel einen Durchschnittswert, der auch für Krankenhäuser und Kurorte gilt.

2. Im Gegensatz zu dem bisherigen Hauptgegenargument, die durch die nahegelegene Autobahn bedingte Luftverschmutzung sei zu stark, hat die chemische Untersuchungsanstalt der Stadt Nürnberg durch Messungen an elf verschiedenen Stellen rund um den Birkensee festgestellt: der Schwefeldioxydgehalt der Luft ist im Bereich des geplanten Erholungsgebietes niedriger als beispielsweise im Westbad und liegt weit unter dem zulässigen Langzeitwert. Mit dem Kohlenmonoxydgehalt verhält es sich ähnlich. Hier wurde im Westbad sogar die doppelte Menge gemessen. Ein Dauerbelastungswert ist gesetzlich nicht festgelegt, doch rechnet man hier bezogen auf die Birkensee-Messung mit einem 50fachen Kohlenmonoxydgehalt.

3. Dennoch: das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg äußert sich der Regierung gegenüber in einem Zwischenbescheid negativ zum Birkensee und auch das Gesundheitsamt des Landkreises Nürnberg hält das Vorhaben für nicht durchführbar. Dabei verficht Dr. Wilhelm Bingold, Chef des Gesundheitsamtes, einen Gesichtspunkt, der bislang nicht im Gespräch war: der in der Sandgrube am Birkensee gelagerte Müll habe das Grundwasser beeinträchtigt. Weitere gesundheitliche Gefahren könnten den Badenden noch dadurch entstehen, daß dem den See speisenden Bach Abwässer zugeleitet würden.

4. Davon, so Oberforstmeister Dr. Dr. Eisenhut, Leiter des Forstamtes Nürnberg-Ost, in dessen Bereich das Birkenseegelände liegt, könne keine Rede sein. Bevor der Bach in den See gelangt, müsse selbstverständlich eine Klärstufe vorgeschaltet werden. Aber er glaube, den Bach zur Speisung des Sees gar nicht zu benötigen, weil auch während der diesjährigen Trockenzeit der Grundwasserspiegel in dem bereits ausgebaggerten Teil überraschend stark gestiegen sei. Das lasse darauf schließen, daß der See in sich abdichtenden Bodenschichten liege, so daß ein Zufluß nicht mehr erforderlich ist.

Bleibt die Frage, ob durch die Müllhalde Giftstoffe in das Grundwasser gelangt sind. Analysen sollen auch hier schlüssige Antworten geben. Damit glaubt die Regierung von Mittelfranken einstweilen genug getan zu haben.

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